Moderna gab im Rahmen ihrer Dreivierteljahreszahlen eine «Empfehlung» ab. Man solle sich «vor dem Winter» mit einer dritten Dosis vor dem Virus schützen. Drei Gründe wurden dafür angegeben:
>> Coronavirus: Alle News im Liveticker
Der Verdacht liegt nahe, dass der Konzern die Situation «vor dem Winter» ausnützen will, um noch mehr Impfstoff absetzen zu können. Und auch Pfizer hat eingeräumt, dass die Wirksamkeit ihres Impfstoffs nachgelassen habe.
Andererseits sind die Gründe nicht von der Hand zu weisen (auch das «Winter»-Argument nicht). Weil die Impfaktionen im Frühling begonnen haben, dürfte auch die Zahl jener, welche die Impfung schon sechs Monate hinter sich haben, gewachsen sein.
Im Moment prüft Moderna drei Kampagnen-Varianten jeweils mit Dosen von 50 und 100 Mikrogramm (die bisherige Dosierung war 100 Mikrogramm Impfstoff):
Die Impfstoffe, die auf mRNA-Technologie setzen, haben sich als effizienter herausgestellt als die Vektorimpfstoffe und konventionellen Impfstoffe. Die Financial Times meldete, dass die Produzenten Pfizer/BioNTech und Moderna gegenüber der EU eine Preiserhöhung ausgehandelt hätten. Für eine Dosis des Impfstoffs von Pfizer/BioNTech bezahlt die EU jetzt 19.50 Euro (statt 15.50 Euro). Eine Dosis des Moderna-Impfstoffs soll neu 21.50 Euro kosten (statt 19 Euro). Wie viel die Schweiz bezahlt, ist nicht bekannt. Eine Dosis des Impfstoffs von Johnson&Johnson soll 8.50 Dollar kosten, eine Dosis von AstraZeneca 2.50 Euro.
Bisher ging das BAG von einer Schutzdauer der Impfungen von 12 Monaten aus. Man nehme die Empfehlung von Moderna «zur Kenntnis», hiess es am Donnerstag. Beim gegenwärtigen Informationsstand seien keine Auffrischungskampagnen für den Herbst vorgesehen. Impf-Chef Christoph Berger hält die Datenlage für noch zu unsicher; Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle beim BAG, räumte ein, man wäre bereit für eine dritte Impfung, wenn es nötig wäre. Bisher sei das aber nicht der Fall.
Israel hat schon mit der Kampagne begonnen und will alle Über-60-Jährigen ein drittes Mal impfen. Die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain haben bisher Sinopharm verimpft, bieten jetzt ihrer Bevölkerung einen dritten Shot eines mRNA-Impfstoffs an. Deutschland und Grossbritannien wollen im September anfangen, ihre Risikogruppen (Menschen in Heimen und Ältere) zum dritten Mal zu impfen. Dabei soll nur mRNA-Impfstoff verwendet werden. In der Schweiz werden Menschen, welche keine wirksame Antikörperkonzentration aufbauen konnten (besonders nach Operationen Immunsupprimierte), bereits jetzt eine dritte Dosis erhalten.
Swissmedic teilt auf Anfrage mit: Eine dritte Impfung würde als eine Änderung einer bereits bestehenden Impfstoffzulassung behandelt. Diese muss zugelassen werden, wobei die entsprechenden Unterlagen einzureichen sind. Als vergleichbares Beispiel kann man die Erweiterung der bestehenden Zulassung für Kinder ab 12 Jahre ansehen.
Ein veränderter Booster-Impfstoff muss nicht das ganze Zulassungsprozedere durchlaufen. Wenn keine Änderungen bei der Herstellung des Produkts und der Qualität des Produktes gemacht wurden, müssen solche Unterlagen nicht eingereicht werden.
Dagegen werden klinischen Daten nötig, welche die Sicherheit sowie die Wirksamkeit dieser Anwendung belegen können. Eine spezielle Phase-III-Studie wird nicht notwendig, es werden jedoch Daten erwartet zum Beispiel für die Immunogenität, das heisst, die Art und Weise, wie der Impfstoff das Immunsystem zu einer Reaktion provoziert.
Bisher sei nichts aufgetaucht, was gegenüber der bisherigen Impfpraxis neu wäre, teilen die Pharmafirmen mit.
In Deutschland wurden bereits Tausende abgelaufener Dosen vernichtet. Überzählige, noch verwendbare Dosis können an den Bund zurückgegeben werden. Und der gibt sie an die Covax-Initiative weiter. Das betrifft vor allem AstraZeneca-Impfstoff. Die Schweiz hat den auch bestellt, er ist aber hier noch nicht zugelassen. Impfstoff würde keiner vernichtet, wird mitgeteilt. Via Covax könnte er an Länder weitergegeben werden, wo er zugelassen ist.
Die WHO rät sowieso, von Kampagnen für Drittimpfungen abzusehen, bevor nicht der Impfrückstand in allen Ländern aufgeholt sei. Die Unterschiede sind gross: Auf 87 Spritzen auf 100 Leute in Europa kommen in Afrika 5 auf 100 Leute.