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Extremeres Wetter in der Schweiz – 10 Punkte aus dem Klimabericht

Ausgetrocknete Felder bei Zollikofen BE im Sommer 2018. (Archivbild)
Ausgetrocknete Felder bei Zollikofen BE im Sommer 2018. Wetterextreme wie Hitzewellen, Dürren und Starkregen dürften in der Schweiz zunehmen. Bild: sda

Mehr Hitzewellen, Starkregen und Dürren in der Schweiz – 10 Punkte aus dem Klimabericht

09.08.2021, 19:0710.08.2021, 14:47
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Der Weltklimarat IPCC hat am Montag neue, grundlegende wissenschaftliche Bewertungen des Klimawandels veröffentlicht. Der erste Teil des neuen IPCC-Sachstandsberichts zeigt eindeutig, dass die globale Erwärmung schneller voranschreitet als befürchtet – und dass der Mensch diese Entwicklung massgeblich zu verantworten hat. Allerdings gibt der IPCC keine Ratschläge oder Handlungsanweisungen, sondern dokumentiert lediglich den wissenschaftlichen Stand der Dinge. Ein Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse:

Schnellerer Temperatur-Anstieg ...

Jedes einzelne der vier vergangenen Jahrzehnte war wärmer als das vorangehende. Verantwortlich dafür ist die von der Menschheit in die Atmosphäre eingebrachte Menge von Treibhausgasen, besonders CO2. Dagegen gibt es keine natürlichen Einflüsse, die zu dieser Erwärmung beigetragen haben könnten. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist derzeit höher als je zuvor in den letzten zwei Millionen Jahren.

Die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Erde ist seit den 70er-Jahren schneller angestiegen als jemals zuvor in den vergangenen 2000 Jahren. Und sie wird weiter zunehmen: Der Anstieg beträgt in allen von den Experten durchgespielten fünf Szenarien bereits um das Jahr 2030 rund 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter. Das ist ein ganzes Jahrzehnt früher als bislang angenommen.

5 Szenarien für die CO2-Emissionen in der Luft bis 2100
(Gigatonnen pro Jahr)​

IPCC-Szenarien für die globale Temperaturentwicklung bis 2100
Beim ungünstigsten Szenario (oberste Kurve) nehmen die CO2-Emissionen nahezu ungebremst zu und sorgen für einen globalen Temperaturanstieg von 3,3° C bis 5,7° C. In einem mittleren Szenario (gelbe Kurve) beträgt der durch die Emissionen bedingte Anstieg 2,1° C bis 3,5° C. Nur im günstigsten Szenario bleibt der Temperaturanstieg mit 1,0° C bis 1,8° C unter 2° C.Grafik: IPCC

Bis Mitte des Jahrhunderts wird die im Klimaabkommen von Paris formulierte 1,5-Grad-Grenze demnach überall überschritten werden.

... aber auch Grund zur Hoffnung

Einen Hoffnungsschimmer gibt es in weiter Ferne: Im optimistischsten IPCC-Szenario sinkt die Durchschnittstemperatur nach einem Anstieg über 1,5 Grad bis 2100 wieder auf 1,4 Grad über vorindustriellem Niveau. Dafür dürften allerdings nur noch 500 Milliarden Tonnen Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen. Dieses Limit wäre bei derzeitigem Ausstoss schon in 13 Jahren erreicht.

Naturkatastrophen als direkte Folge

Katastrophen sind laut IPCC direkt auf die Klimaerwärmung zurückzuführen. Die erhöhten Wahrscheinlichkeiten bestimmter extremer Wetterereignisse können demnach mittlerweile deutlich präziser berechnet werden. Wissenschaftler stellten beispielsweise fest, dass die Rekordhitze an Nordamerikas Westküste im Juni ohne den Einfluss des Klimawandels «praktisch unmöglich» gewesen wäre.

Rasch steigende Pegelstände

Die Pegel der Weltmeere sind seit 1900 um etwa 20 Zentimeter angestiegen und allein im vergangenen Jahrzehnt hat sich die Geschwindigkeit des Anstiegs nahezu verdreifacht. Von 2006 bis 2018 betrug der Anstieg jährlich 3,7 Millimeter; das ist schneller als je zuvor in den vergangenen 3000 Jahren. Massgeblich verantwortlich dafür ist – neben der wärmebedingten Ausdehnung des Wassers – nicht mehr das Abschmelzen der Gletscher, sondern es sind die schwindenden Eisschilde der Pole und das abschmelzende Gletschereis im Hochgebirge.

Wenn der globale Temperaturanstieg auf zwei Grad begrenzt wird, wird der Anstieg des Meeresspiegels im Laufe dieses Jahrhunderts einen halben Meter betragen und bis 2300 sogar fast zwei Meter. Im ungünstigsten Szenario wird der Anstieg um zwei Meter sogar bereits um das Jahr 2100 erreicht.

Meeresspiegel-Anstieg
(in Metern, im Vergleich zu 1900)

Anstieg des Meeresspiegels bis zum Jahr 2100 gemäss den 5 IPCC-Szenarien
Die Kurven stehen für die 5 Szenarien des IPCC zu den CO2-Emissionen. Die gestrichelte Linie zeigt das unwahrscheinliche, aber folgenreiche Szenario einer Eisschild-Instabilität.Grafik: IPCC

Der Meeresspiegelanstieg ist grundsätzlich unaufhaltsam, wie ein Blick in die weit entfernte Vergangenheit zeigt: Als die Erdatmosphäre das letzte Mal so warm war wie heute, vor etwa 125'000 Jahren, lag der Meeresspiegel fünf bis zehn Meter höher. Aber auf einen langsameren Anstieg kann in Küstennähe besser reagiert werden.

Golfstrom schwächelt

Die Atlantische Umwälzzirkulation, auf die auch der Golfstrom zurückzuführen ist, schwächt sich ab und dieser Trend wird sich «sehr wahrscheinlich» im Laufe des 21. Jahrhunderts fortsetzen. Die Wissenschaftler schliessen nicht aus, dass die Meeresströmungen, die den globalen Wärmetransfer von den Tropen in die nördliche Hemisphäre regeln, gänzlich zum Erliegen kommen. Dadurch würden die Winter in Europa bedeutend kälter werden.

Natürliche CO2-Senken kommen an ihre Grenzen

Seit etwa 1960 haben Wälder, Böden und Ozeane 56 Prozent der stark gestiegenen, vom Menschen verursachten CO2-Emissionen absorbiert. Aber die natürlichen CO2-Senken kommen den IPCC-Experten zufolge an ihre Grenzen. Der von ihnen aufgenommene Anteil der ausgestossenen Treibhausgase wird im Laufe des Jahrhunderts voraussichtlich spürbar abnehmen.

Anteil der CO2-Emissionen, die von Meer und Land aufgenommen werden

CO2-Senken
Der Anteil der von Meer und Land aufgenommenen kumulierten CO2-Emissionen ist je nach Szenario unterschiedlich, nimmt aber mit höheren kumulierten CO2-Mengen ab. Grafik: IPCC

Fokus auf Methanausstoss

Methan ist nach CO2 das zweitwichtigste Treibhausgas. Der Mensch setzt zum einen beim Abbau fossiler Brennstoffe in der Erde gespeichertes Methan frei. Zweite grosse Quelle ist die Viehhaltung. Die Experten warnen, dass bei anhaltend hohem Methanausstoss die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens nicht erreichbar sind.

Regionale Unterschiede

Einige Gebiete erwärmen sich schneller als andere. In der Arktis zum Beispiel wird die Durchschnittstemperatur an den kältesten Tagen voraussichtlich dreimal so schnell ansteigen wie die globale Erwärmung. Auch die Meeresspiegel steigen überall, an manchen Küsten wird dies den IPCC-Experten zufolge aber deutlich stärker zu spüren sein als an anderen.

Generell erwarten die Autoren einen Trend zu mehr Extremen bei Niederschlag und Dürre, wobei jedoch die Vorhersage für einzelne Regionen schwierig sei. Der Monsunregen dürfte sich beispielsweise verstärken, vornehmlich in Süd- und Südostasien, in Ost- und Westafrika und in der westlichen Sahelzone.

Monsun in Indien
Monsunregen in Indien. Bild: Shutterstock

Mehr Wetterextreme in der Schweiz und im westlichen Mitteleuropa

Verstärkt mit Wetterextremen muss laut Sonia Seneviratne von der ETH Zürich, einer der Leitautorinnen des Berichts, auch die Region Westzentral-Europa rechnen – und damit die Schweiz. Demnach haben diese Extreme – Hitzewellen, Starkniederschläge sowie Trockenheiten – in dieser Region bereits zugenommen und werden sich mit zunehmender globaler Erwärmung weiterhin intensivieren. Kältephasen hingegen werden milder und seltener. Gletscher werden sich deutlich zurückziehen.

Zunahme von Hitzewellen nach Regionen

Wetterextreme nach Regionen; Hitzewellen
Grafik: IPCC

Zunahme von Stark-Niederschlägen nach Regionen

Wetterextreme nach Regionen, Niederschläge
Grafik: IPCC

Zunahme von Dürren nach Regionen

Wetterextreme nach Regionen, Trockenheit
Die Region WCE (Western-Central-Europe) mit der Schweiz ist von einer Zunahme bei allen drei Wetterextremen betroffen. Grafik: IPCC

GAU nicht ausgeschlossen

Der IPCC warnt vor «unwahrscheinlichen, aber folgenschweren» Veränderungen im Klimasystem, sogenannten Kipppunkten: Das komplette Abschmelzen eines ganzen Eisschildes könnte den Meeresspiegel dutzende Meter steigen lassen. Sibirische Permafrostböden könnten Milliarden Tonnen Treibhausgas freigeben. Der Amazonas-Regenwald könnte zur Savanne werden.

A man rides a motorbike pulling a cart along a paved dirt road in an area scorched by wildfires near Labrea, Amazonas state, Brazil, Friday, Aug. 7, 2020. Labrea has a historically high rate of fires  ...
Feuerrodungen im Amazonas-Gebiet gefährden den Regenwald.Bild: keystone

«Abrupte Reaktionen und Kipppunkte des Klimasystems (...) können nicht ausgeschlossen werden», heisst es in dem Bericht. Die Folgen wären weitgehend unabsehbar, aber definitiv katastrophal. (dhr/sda/afp)

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105 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Töfflifahrer
09.08.2021 19:43registriert August 2015
Dieser Bericht ist lediglich eine Bestätigung von dem was man seit Jahren weiss. Aber egal was wir oder Teile der Politik tun wollen, so lange die Mehrheit findet, dass wir zu klein sind um etwas zu unternehmen und somit einfach nichts tun oder Vorlagen wie das CO2 Gesetz ablehnen, weil das Fliegen dann evtl. teuerer wird, so lange wird genau nichts geschehen.
Alle die nach der Politik schreien, die Stimmbürger haben genau das in der Hand.
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Flexon
09.08.2021 19:29registriert Februar 2014
Der Klimawandel wird kaum mit demokratischen Mitteln gestoppt werden können. Wenn jeder bis zuletzt ein Rindssteak oder ein Flug nach Kreta als Menschenrecht betrachtet, und das ist heute der Fall, ist die grosse Katastrophe vorprogrammiert.
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Yolo
09.08.2021 19:45registriert Mai 2015
Das es wärmer wird ist das Eine, die Folgen daraus sind eine andere Liga. Wenn es mehr Wetterextreme gibt, wird es zunehmend schwieriger Landwirtschaft zu betreiben und folglich die gesamte Menschheit zu ernähren. Die Folgen wären katastrophal. Mir ist noch nicht klar wie diese Herausforderung gelöst werden soll.
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