Beim Fleischverarbeiter der Migros Micarna mag man Abkürzungen. «Mazubi» heisst die mehrfach ausgezeichnete Lehrlingsausbildung, die den jungen Menschen erlaubt, während ihrer Lehre ein virtuelles Unternehmen aufzubauen. Und das Projekt für die Integration und Ausbildung von Flüchtlingen heisst «Maflü».
Dieses gestern angekündigte Angebot entspricht einem steigendem Bedürfnis. Angesichts des Flüchtlingsstroms, der derzeit in Europa und in geringerem Mass auch in der Schweiz die Zahl der Asylgesuche hochschnellen lässt, wird der Ruf nach einer raschen Integration in den ersten Arbeitsmarkt laut. Es gibt einige Unternehmen, die zwar Flüchtlinge anstellen möchten. Ein Hindernis ist neben der mangelnden Sprachkenntnisse der Neuankömmlinge auch die fehlende berufliche Qualifikation.
Mit der neu konzipierten Anlehre soll sich dies ändern: «Bei Micarna arbeiten schon heute Menschen aus 70 Ländern. Sie sprechen 10 Sprachen. Das Unternehmen ist gross genug und hat Erfahrung im Umgang mit verschiedenen Kulturen», sagt der Leiter der M-Industrie, Walter Huber, im Gespräch. Das Ziel sei es, an den beiden Standorten Courtepin FR und Bazenheid SG je 10 Flüchtlinge anzulernen. Starten will man zunächst in Courtepin. Die entsprechenden Unterlagen liegen bei den Behörden zur Genehmigung.
Hinter der Initiative steht mit der M-Industrie eine der grössten industriellen Arbeitgeberinnen der Schweiz. «Wir sehen den Bedarf an solchen Programmen. Und das Flüchtlingsproblem ist wie der starke Franken kein temporäres Phänomen, sondern es wird uns längerfristig beschäftigen. Das heisst, wir müssen entsprechende gesellschaftliche Konzepte bereitstellen», so Huber.
Angesprochen werden sollen nicht nur angehende Metzger, das wäre aus kulturellen und religiösen Gründen auch nicht ganz einfach. «Der Produktionsprozess der Fleischverarbeitung hat viele Schritte. Alleine bei Micarna arbeiten Menschen in 18 verschiedenen Berufen», sagt dazu Huber. Man habe deshalb für jede Kultur und jede Religion Arbeitsplätze anzubieten, ist er überzeugt. In der Ausbildung geht es zunächst darum, die Sprache zu erlernen. Danach folgt laut einer Micarna-Präsentation von gestern ein Integrationsprogramm durch den Kanton und schliesslich das Ausbildungsprogramm durch die Micarna selber. Ziel ist eine Rekrutierung von Angelernten für eine Festanstellung. Das Projekt der Micarna wird auf der Stufe des Unternehmens geführt, die Migros-Gruppe selber ist laut Auskunft einer Sprecherin nur am Rande involviert.
Vier von fünf regionalen Genossenschaften in der Deutschschweiz beschäftigen jedoch schon heute Mitarbeiter mit dem Status F. Es handelt sich pro Genossenschaft um zwischen 1 und 10 Mitarbeitenden, es sind einige Lernende dabei.
Ausserdem bietet die Klubschule Migros ein in Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat für Migration entwickeltes Rahmenkonzept für den Sprachunterricht von Migrantinnen und Migranten an. Seit Januar 2015 läuft die zweijährige Pilotphase.