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Alarmstufe Rot in der Resega: Was, wenn SCB Meister wird?

Meisterpokal als Schutzschild: ZSC-Verteidiger Andreas Zehnder flüchtet 2001 vor dem wütenden Lugano-Mob in die Garderobe.
Meisterpokal als Schutzschild: ZSC-Verteidiger Andreas Zehnder flüchtet 2001 vor dem wütenden Lugano-Mob in die Garderobe.Bild: KEYSTONE

Alarmstufe Rot in der Resega: Was passiert, wenn der SCB heute in Lugano Meister wird?

Mit einem weiteren Sieg kann der SC Bern in Lugano heute Abend Meister werden. Nach der hitzigen Finalserie wird befürchtet, dass die Tifosi ähnlich reagieren könnten wie 2001, als der ZSC in der Resega den Titel holte.
12.04.2016, 09:3312.04.2016, 09:33
marcel kuchta / Aargauer Zeitung
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Beim HC Lugano kocht die Volksseele. Die Nerven liegen blank, die Emotionen nahmen in den letzten Tagen in einem beängstigenden Mass überhand. Im dritten Finalspiel am vergangenen Donnerstag in Lugano musste die Partie mehrfach unterbrochen werden, da die erbosten Anhänger der Bianconeri laufend Gegenstände aufs Eis warfen.

Am letzten Samstag nahmen die «Fans» der Luganesi nach der Niederlage in Bern den Gästesektor auseinander und verursachten Sachschäden in fünfstelliger Höhe. Unter anderem wurden die Toiletten komplett zerstört, dazu versuchten einige Unverbesserliche, den Trennzaun auf der Stehrampe mithilfe von herausgerissenen Metallteilen abzumontieren. Später kam es vor dem Stadion noch zu weiteren Ausschreitungen zwischen den beiden Fanlagern – Verletzte inklusive.

Trotz der hitzigen Atmosphäre: Auf dem Eis wurden die Zweikämpfe meist fair geführt. 
Trotz der hitzigen Atmosphäre: Auf dem Eis wurden die Zweikämpfe meist fair geführt. Bild: KEYSTONE/TI-PRESS

All diese Vorkommnisse machen im Hinblick auf das Spiel vom heutigen Abend Sorgen. Was passiert, wenn der SCB in der Resega den Meistertitel gewinnt? Dazu vielleicht noch nach einem weiteren umstrittenen Schiedsrichterentscheid zu Ungunsten des HC Lugano? Nimmt man die Vorkommnisse nach und während der letzten beiden Finalpartien als Massstab, dann sind die Sorgen und Sicherheitsbedenken berechtigt.

Die Berner Delegation wird die Reise nach Lugano gemäss offizieller Lesart «mit stark erhöhter Aufmerksamkeit» antreten. Was das im Detail bedeutet, will von den Berner Verantwortlichen aus taktischen Gründen niemand verraten. Ähnlich tönt es vonseiten des Eishockeyverbands, dessen Sicherheitsabteilung mit den beiden Klubs Kontakt aufgenommen und eine Erhöhung der Sicherheitsmassnahmen veranlasst hat – wobei die Begegnungen zwischen Lugano und Bern schon vorher generell als «Risikospiele» eingestuft wurden.

Der Appell der Präsidentin

In der Verantwortung steht heute Abend aber in allererster Linie Gastgeber Lugano, der dafür sorgen muss, dass dieses Finalspiel, wie auch immer es ausgeht, in einem geordneten Rahmen über die Bühne gehen wird. Präsidentin Vicky Mantegazza richtete sich gestern in einem öffentlichen Aufruf an die Tifosi und appellierte dabei an deren Vernunft: 

«Wir brauchen eine elektrisierende Stimmung in der Resega, aber in einer positiven Art und Weise, ohne Aufregung und Stress. Jedes Mal, wenn die Fans Gegenstände auf das Eis werfen, unterbrechen sie das Spiel und schaffen Unannehmlichkeiten für unser Team. Ich bin sicher, dass wir einen schönen Abend erleben werden. Dieses Team verdient ein grosses Publikum auf seiner Seite – und nicht eines gegen die Schiedsrichter oder den Gegner.»
Vicky Mantegazza fordert die Lugano-Fans zur Vernunft auf.
Vicky Mantegazza fordert die Lugano-Fans zur Vernunft auf.
Bild: KEYSTONE/TI-PRESS

Erinnerungen an den 7. April 2001

Klar ist, dass der HC Lugano heute Abend unter scharfer Beobachtung stehen wird. Auch wenn es schon 15 Jahre her ist, so sind die Bilder vom 7. April 2001 immer noch präsent. Damals waren die ZSC Lions im siebten und letzten Finalspiel dank eines Tors von Morgan Samuelsson in der Verlängerung Meister geworden.

Nachdem die Pokalübergabe in der Resega mit Müh und Not über die Bühne gebracht werden konnte, mussten sich die Zürcher schliesslich vor dem aufgebrachten Lugano-Mob in Sicherheit bringen und in die Garderobe flüchten. Immerhin: Drei Jahre später durfte der SC Bern seinen Meistertitel, den er in Lugano unter ebenso dramatischen Umständen schaffte, ohne grössere Zwischenfälle zelebrieren.

Kurz nach der Pokalübergabe brechen in Lugano alle Dämme.
Kurz nach der Pokalübergabe brechen in Lugano alle Dämme.
Bild: KEYSTONE

Für Vicky Mantegazza ist klar, dass man die unrühmlichen Vorfälle nicht einfach so unter den Tisch kehren wird: «Das Unternehmen arbeitet bereits jetzt hart hinter den Kulissen. Ich verspreche, dass, sobald die Finalserie beendet ist, wir dem, was passiert ist, auf den Grund gehen und mit den Fäusten auf den Tisch hauen werden.»

Bleibt zu hoffen, dass der ganzen Geschichte nicht ein weiteres, noch unrühmlicheres Kapitel hinzugefügt werden muss.

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7 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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chrisdea
12.04.2016 11:43registriert November 2014
Frau Mantegazza hat das mit den Fäusten auf den Tisch hauen aber nicht auf die Vorkommnisse neben dem Eis bezogen, sondern auf die Schiedsrichterleistungen...
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René Gruber
12.04.2016 13:23registriert April 2016
Bin gespannt wie das ganze heute läuft. Bereits im Viertelfinal gegen konnten gewisse Luganesi (auch Offizielle) im Südsektor und auf den Sitzplätzen ganze Spiele provozieren (verbal, mit Transparenten, Gesten und Gegenstandswürfen) bis die Stimmung auch im Gastsektor gekippt ist.
Ein wirkungsvoller Sicherheitsdienst in der Zone zwischen den Sektoren wurde anscheinend nicht für nötig gehalten.
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StB
12.04.2016 12:16registriert April 2015
Wenn der SCB heute gewinnt, dann lässt den Gotthard geschlossen. Da bleiden die Kravalmacher wenigschtens im Tessin und ich kann in Ruhe schlafen 😄😄
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