Mittwoch, 15. März. Roger Federer steht nach dem Sieg gegen Steve Johnson in den Achtelfinals von Indian Wells. Unmittelbar nach der Partie bringt ihn der Fahrdienst in die Garderobe. Federer nutzt die Zeit und schiesst eine Serie von Selfies. Eines davon teilt er auf Instagram mit seiner riesigen Fangemeinde.
Das Selfie löst über 300'000 Interaktionen (Likes & Kommentare) aus. Ob des Eintrags reibt sich im 1700 Kilometer nördlich gelegenen Beaverton, Oregon, Nike die Hände. Denn links auf Federers Brust prangt der «Swoosh», das Markenlogo des Sportartikelherstellers. Seit 2008 steht der Schweizer dort unter Vertrag. Er soll dafür jährlich 13 Millionen Dollar kassieren, wie das Wirtschaftsmagazin «Forbes» vorrechnet.
Der Deal ist für beide Seiten ein lohnendes Geschäft. Spätestens seit Roger Federer seine anfängliche Skepsis gegenüber den sozialen Medien abgelegt hat, generiert er für Nike dort mit minimalem Aufwand maximale Wirkung.
In Zahlen ausgedrückt: Im letzten Jahr erreichte Federer mit seinen Einträgen 75 Millionen Menschen, wie der Marktforscher «Hookit» vorrechnet. 34 der 287 Einträge können als werbeinduziert betrachtet werden, weil das Logo von Nike zu erkennen ist.
Federer erreichte alleine mit diesen Beiträgen 5,9 Millionen Menschen auf der ganzen Welt. Das entspricht, umgerechnet auf den Werbewert, 5 Millionen Dollar. Alleine das Selfie nach dem Johnson-Spiel hat für Nike einen Wert von 400'000 Dollar.
In jedem vierten Beitrag Federers in den sozialen Medien ist eine explizite oder implizite Werbebotschaft enthalten. Den letzten Eintrag ziert eine Flasche «Moët & Chandon», wie Rolex, Mercedes oder Credit Suisse Teil von Federers Sponsoren-Portfolio, das ihm im Jahr geschätzte 50 Millionen Dollar einbringt. Scott Tilton, «Hookit»-Co-Gründer, sagt: «Mit seiner Reichweite gehört Federer zu den wertvollsten Sportlermarken der Gegenwart.»
Auf Anfrage der «Schweiz am Wochenende» sagt ein Nike-Sprecher, den Werbewert, den Federer über die sozialen Medien generiere, betrachte man als «netten Nebeneffekt». Viel entscheidender sei der Absatz der beworbenen Sportartikel, die Bescheidenheit, die Bodenständigkeit, der Fleiss, die Ehrlichkeit und der Erfolg, für den Federer stehe.
«Du musst die sozialen Medien so nutzen, dass es für dich stimmt – oder gar nicht», sagte Federer jüngst in der «SonntagsZeitung». Lange stand er den neuen Medien äusserst skeptisch gegenüber. Erst vor drei Jahren schloss er sich Instagram an. Heute vereint er auf Facebook, Twitter und Instagram 25 Millionen Anhänger.
Damit ist Federer im Vergleich mit dem Krösus Cristiano Ronaldo immer noch ein Zwerg. Der vierfache Weltfussballer kommt in den sozialen Medien auf eine Fangemeinde von 262 Millionen Menschen. Auch deswegen hat ihn Nike Ende 2016 als dritten Athleten nach Michael Jordan und LeBron James mit einem lebenslänglichen Vertrag ausgestattet, der ihm eine Milliarde Dollar einbringen soll.
Grotesk: Bei näherer Betrachtung ist das für Ronaldo ein schlechtes Geschäft. Im letzten Jahr generierte er alleine über seine Aktivitäten in den sozialen Medien eine halbe Milliarde Dollar. Den wertvollsten Beitrag steuerte er nach Portugals Sieg bei der Fussball-EM bei: eine Montage aus dem Eiffelturm und seinem Oberkörper, versehen mit dem Nike-Logo und dem Werbeslogan «Just Do It». Auf Instagram erntete er damit 1,7 Millionen «Gefällt mir»-Angaben. Der Werbewert für Nike: 5,8 Millionen Dollar.
Zwar steht Ronaldo bei Nike unter Vertrag, sein Verein Real Madrid aber ist Adidas-Kunde. So kommt es, dass Ronaldos zweitwertvollster Beitrag, ein Video aus dem Training und in Adidas-Kluft, für den Konkurrenten bare Münze ist. Und das, ohne einen einzigen Cent aufgeworfen zu haben.