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Marketingagentur fälscht Instagram-Account und täuscht zahlreiche Werbekunden

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Stars wie Kendall Jenner erreichen mit ihren Instagram-Posts mehrere Millionen Followers. Für Werbekunden ein gefundenes Fressen.  Bild: EPA/EPA

So einfach wirst du zum Social-Media-Influencer und vielleicht sogar reich

10.08.2017, 11:2328.08.2017, 12:00
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Eine Milliarde US-Dollar – so viel zahlt die Werbeindustrie mittlerweile an sogenannte «Social-Media-Influencer». Bis 2019 soll sich die Zahl verdoppeln. Wer auf Kanälen wie Instagram oder YouTube eine grosse Anzahl an Fans hat, kann damit eine gute Stange Geld verdienen. Denn der Werbekunde zahlt viel, damit die Social-Media-Stars ein gewisses Produkt auf ihrem Feed abbilden – und damit mehrere Tausend Personen erreichen. 

Dass es sich dabei aber nicht immer um mühsam aufgebaute Accounts und eine treue Community handelt, zeigt das Experiment einer amerikanischen Marketingagentur. Mediakix, so heisst die Agentur, die zwei Instagram-Stars sozusagen über Nacht kreierte.

Alles Fake: calibeachgirl310.
Alles Fake: calibeachgirl310.bild:instagram/screenshot

Schritt eins: Fake die Bilder

«Calibeachgirl310» und «wanderingggirl»: So heissen die beiden Fake-Persönlichkeiten. Erstere eine Lifestyle- und Fashion-Bloggerin und letztere ein reisebegeistertes Instagram-Sternchen. Auf den ersten Blick unterscheiden sie sich kaum von all den zahlreichen anderen Influencern. 

Kein Bild wurde selbst fotografiert.
Kein Bild wurde selbst fotografiert.bild: instagram/wanderingggirl

Doch Mediakix klärt auf: Alles Fake und zwar von A bis Z. Für den Lifestyle-Account von «calibeachgirl310» wurde ein lokales Model engagiert, alle Bilder des Accounts entstanden an einem eintägigen Fotoshooting. Der Account von «wanderingggirl» besteht ausschliesslich aus Stockbildern.

Schritt zwei: Kaufe die Follower

Doch schöne Bilder allein locken noch keine Werbekunden an. Denn diese wollen ihre Produkte ja an möglichst viele Personen präsentiert sehen. Also musste noch eine gehörige Anzahl Follower her – laut Mediakix kein Problem. 

Pro Tag wurden rund 15'000 Followers eingekauft. Kostenpunkt: Zwischen drei bis acht US-Dollar pro Tausend Follower. Innerhalb von zwei Monaten hatten beide Accounts zusammen mehr als 80'000. 

Von den zahlreichen anderen Mode-Bloggerinnen kaum zu unterscheiden: calibeachgirl310. 

Schritt drei: Kaufe die Herzchen 

Fehlen nur die begeisterten User, die mit Herzchen und Kommentaren nur so um sich schmeissen. Auch das kein Problem: 1000 Likes kosteten Mediakix vier bis neun US-Dollar, einen Kommentar kriegt man für läppische 12 Cent. 

Schritt vier: Angle dir die Werbekunden

Nach den zwei Monaten Account-Aufbau machte sich Mediakix auf die Suche nach zahlwilligen Werbekunden – und sie wurden fündig. Für den Fashion-Account erklärten sich ein Bikini-Hersteller sowie eine Food-Firma für die Zusammenarbeit bereit. Für den Account «wandergggirl» meldeten sich die gleiche Food-Firma sowie eine Alkohol-Marke an. Alle Firmen waren bereit, die Produkte kostenlos zur Verfügung zu stellen sowie für die einzelnen Instagram-Posts zu bezahlen. 

Kein Bild ist wahr, kein Kommentar ernst gemeint.

Nachdem die Firmen die Kooperationen mit den Fake-Accounts bestätigten, veröffentlichte Mediakix die Story. Die Agentur kritisiert damit die undurchsichtige Influencer-Branche. Es sei jedem jederzeit möglich, Fake-Followers, Likes und Kommentare einzukaufen, heisst es. Dadurch lassen sich zahlreiche Werbekunden hinters Licht führen und pumpen mehrere Millionen Dollar ins Leere. (ohe)

So funktioniert Social Networking in der Realität

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4 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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giandalf the grey
10.08.2017 13:36registriert August 2015
Unbedingt zu erwähnen: Undurchsichtigkeit ist eines, aber in diesem Fall ist das auch (gemäss UWG Art. 3) rechtswidrig!
Gehen die geschädigten Firmen vor Gericht muss man den Gewinn rausrücken und ggfs. einen Schadenersatz zahlen.
Daher: Macht das bitte nicht nach!
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