Digital
Schweiz

Sunrise kauft UPC – für die Kunden könnte es teuer werden

Teaserbild Pacman: Sunrise frisst UPC
bild: watson

Sunrise frisst UPC – für die Kunden könnte es teuer werden

Paukenschlag im Schweizer Telekommarkt: Sunrise übernimmt UPC, um Swisscom unter Druck zu setzen. Doch was bedeutet das für die Kunden? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
28.02.2019, 12:2501.03.2019, 07:40
Mehr «Digital»

Die Nummer zwei der Schweizer Telekombranche übernimmt den mit Abstand grössten Kabelnetzbetreiber. Stolze 6,3 Milliarden Franken ist Sunrise der Deal wert. Gemeinsam sei man eine schlagkräftige, sich gut ergänzende Einheit gegen Marktführer Swisscom. Ob der neue Konzern Swisscom wirklich ernsthaft herausfordern kann, steht aber auf einem anderen Blatt.

Herr Swantee, Sunrise übernimmt UPC. Was haben die Kunden davon?

Video: srf/SDA SRF

Warum übernimmt Sunrise Rivalin UPC (ehemals Cablecom)?

Alleine sind weder Sunrise noch UPC ernsthafte Konkurrenten für Swisscom. Sunrise ist im Mobilfunkbereich stark, spielt dafür im TV-Geschäft fast keine Rolle. UPC hingegen ist die Nummer zwei im TV-Markt, spielt indes im Mobilfunkbereich nur eine untergeordnete Rolle und besitzt auch kein eigenes Mobilfunknetz. Die beiden bisherigen Rivalen ergänzen sich also gut und zusammen können sie den Kunden ein attraktives TV-, Internet- sowie Mobil- und Festnetz-Angebot aus einer Hand offerieren. Dies dürfte der Hauptgrund sein, warum Sunrise viel Geld für UPC in die Hand nimmt.

Sunrise erhält mit dem Deal ein umfassendes Kabelnetz – und reduziert so ihre Abhängigkeit von Swisscom (Sunrise muss bislang den Zugang zum schnellen Glasfasernetz für Breitband-Internet bei Swisscom mieten). Sunrise ist aber nicht nur am Kabelnetz der UPC, sondern auch am grossen, allerdings seit Jahren schwindenden, TV- und Internet-Kundenstamm von UPC interessiert. Kommt hinzu: UPCs TV-Sender Mysports, der die exklusiven Fernsehrechte am Schweizer Eishockey hält, ist bei der anstehenden Übernahme eine attraktive Mitgift. Sunrise merzt also ihre bisherigen Schwächen aus und könnte Swisscom künftig stärker unter Druck setzen.

Wie heisst die neue Firma?

Laut Sunrise soll die Übernahme noch dieses Jahr vollzogen werden. Bereits klar ist: Der neue Konzern würde Sunrise heissen, die Marke UPC würde in der Schweiz verschwinden.

Kann der Deal noch platzen?

Ja. Der Deal ist noch nicht unter Dach und Fach. Branchenexperten rechnen jedoch damit, dass die Wettbewerbskommission (Weko) zustimmen wird. Sunrise und UPC hätten nach der Fusion keine dominante Marktstellung inne und blieben im Vergleich zu Swisscom weiterhin ein Zwerg. Der «blaue Riese» kommt auf etwa 60 Prozent des Marktanteils.

Das Problem für Sunrise: Die Weko wird sich auch die gemeinsame Marktmacht von Swisscom und der neuen Sunrise anschauen. 2010 hatten die Wettbewerbshüter die geplante Fusion der beiden Mobilfunkfirmen Orange (heute Salt) mit Sunrise noch blockiert. Der Zusammenschluss eines Mobilfunkanbieters und eines Kabelnetzbetreibers dürfte laut Sunrise-Chef bessere Chancen haben, da sich Sunrise und UPC ergänzten (was bei Orange und Sunrise nicht der Fall war).

Wie sieht der neue Sunrise-Konzern aus?

Nach der UPC-Übernahme würde Sunrise via Kabelnetz über 2,3 Millionen Haushalte erreichen. Das wären ungefähr 60 Prozent der Schweizer Haushalte. Konkret sehen die Zahlen für den fusionierten Konzern so aus:

  • 1,8 Millionen Mobile-Kunden (etwa 24 Prozent Marktanteil)
  • 1,2 Millionen Breitband-Kunden (etwa 30 Prozent Marktanteil)
  • 1,4 Millionen TV-Kunden (etwa 31 Prozent Marktanteil).

Was ändert sich nun für die Kunden?

Da der Zusammenschluss frühestens in der zweiten Jahreshälfte abgeschlossen werden kann, sofern die Wettbewerbskommission grünes Licht gibt, ändert sich für die Kunden vorerst nichts. Auch danach dürften die meisten Abos in einer ersten Phase wie bisher bestehen bleiben.

Welches TV-Angebot Sunrise künftig verwenden will, ist noch nicht klar. Zur Auswahl stehen das bisherige Sunrise-TV und UPCs neue Horizon Box, die im Oktober 2018 auf den Markt kam. So oder so können sich bestehende Sunrise-Kunden auf die Spiele der Schweizer Eishockeymeisterschaft freuen, deren Rechte bisher UPC inne hatte.

In Regionen ohne Glasfaserabdeckung dürften Sunrise-Kunden vom Kabelnetz der UPC profitieren, sprich sie können mit schnellerem Internet rechnen. Mit dem Kabelnetz von UPC erreicht Sunrise rund 60 Prozent der Haushalte mit einer Maximalgeschwindigkeit von aktuell bis zu 600 Megabit pro Sekunde (Mbit/s). Künftig soll gar 1 Gigabit pro Sekunde möglich sein.

Sinken nun die Preise?

Die Hoffnung aus Kundensicht ist, dass eine grössere Sunrise Marktführerin Swisscom stärker unter Druck setzen kann. Da neu nur noch drei statt vier grosse Telekomfirmen (Swisscom, Sunrise/UPC und Salt) auf dem Markt sind, könnte der Wettbewerb auch abnehmen, was steigende Preise erwarten lässt. «Es besteht die Gefahr, dass ein Duopol aus Swisscom und Sunrise entsteht, das die Preise hochhält», schreibt die Stiftung für Konsumentenschutz.

Sunrise und UPC argumentieren, dass der Zusammenschluss nach einigen Jahren Synergien bei den Kosten und Investitionen freisetze. Dass die Konsumenten davon in Form tieferer Preise profitieren, ist ungewiss. Schweizer Konsumenten reagieren sehr träge auf Preissenkungen. Sunrise hat daher wenig Grund, die Tarife zu senken. Viel eher dürfte die Firma versucht sein, ihr künftig attraktiveres Angebot teurer zu verkaufen.

Wer ist der Gewinner des Deals?

Vermutlich Liberty Global, die bisherige Besitzerin von UPC Schweiz. Die britische Liberty Global zieht sich aus dem umkämpften Schweizer Telekom-Markt zurück und erhält 2,7 Milliarden Franken in bar. In einigen Jahren hätte es deutlich weniger sein können, da UPC Schweiz seit vielen Jahren stetig Kunden verliert.

Ob sich der Kraftakt für Sunrise auszahlt, wird erst in einigen Jahren beurteilt werden können.

Wer sind die Verlierer?

Im Moment die Sunrise-Aktionäre. Angesichts der geplanten Kapitalerhöhung, die für die Übernahme notwendig würde, geriet die Aktie unter erheblichen Verkaufsdruck. Sunrise will 4,1 Milliarden Franken an Kapital aufnehmen – das ist mehr, als das Unternehmen am Mittwochabend an der Börse wert war. Sunrise-Grossaktionär Freenet beteiligt sich nicht an der Kapitalerhöhung und bezeichnete die bei der Übernahme vorgesehene Transaktionsstruktur als «herausfordernd».

Mittelfristig die sicheren Verlierer sind die Mitarbeiter von Sunrise und UPC. Sunrise verspricht sich vom Deal Synergien von jährlich 190 Millionen Franken ab dem dritten Jahr. Was die Synergien für die Mitarbeiter bedeuten, mochte Sunrise-Chef Olaf Swantee noch nicht sagen. «Dafür ist es zu früh.» Er gehe jedoch davon aus, dass die Auswirkungen für die eigentlichen Dienstleistungsabteilungen und bei den Verkaufsteams moderat sein würden. Ein Abbau sei hingegen im Management und in der Administration zu erwarten.

Was bedeutet die Übernahme für die Konkurrenz?

Kurzfristig könnten Swisscom und Salt profitieren, da die Integration von UPC in Sunrise den neuen Konzern mehrere Jahre mit sich selbst beschäftigen könnte. Während der geschätzt dreijährigen Integrationsphase erwarten Branchenkenner eine höhere Wechselbereitschaft der Kunden. Langfristig hingegen erwächst Swisscom erstmals ein schlagkräftiger Rivale.

Dies ändert jedoch nichts daran, dass Sunrise auch nach dem Zusammenschluss mit UPC im Vergleich zu Swisscom vorerst ein kleiner Fisch bleibt. Das kombinierte Unternehmen Sunrise/UPC wäre im Geschäftsjahr 2018 auf einen Umsatz von 3,17 Milliarden Franken gekommen. Branchenprimus Swisscom erwirtschaftete im letzten Jahr knapp 11,7 Milliarden Franken Umsatz.

Mittel- und langfristig würde ein Duopol aus Swisscom und Sunrise wohl auch alle kleinen Anbieter weiter unter Druck setzen, die nicht alle Dienste (TV, Internet, Mobil- und Festnetz) aus einer Hand anbieten können.

So würde es aussehen, wenn wir am Telefon ehrlich wären

Video: watson/Knackeboul, Lya Saxer

13 absolut schräge Smartphone-Hüllen

1 / 16
13 absolut schräge Smartphone-Hüllen
Die Steinhülle ist für Menschen mit grossen Händen oder solche, die jemandem eins überziehen wollen.
quelle: hercampus / hercampus
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
44 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Chriguchris
28.02.2019 14:40registriert November 2018
und das nächste Fast-Duopol welches dann schön die Preise diktieren wird....
572
Melden
Zum Kommentar
avatar
Statler
28.02.2019 15:22registriert März 2014
Wurde der Telekom-Markt nicht mal liberalisiert, damit mehr Konkurrenz entsteht?
Das scheint irgendwie nicht so hinzuhauen, wie's geplant war. Die Konkurrenz schrumpft zusehends. Und ob ich jetzt bei einem Monopol meine Anschlüsse habe, oder bei einem Duopol macht den Kohl auch keinen grossen Unterschied.

Aber wenigstens haben sich ein paar Manager die Rente vergolden können. Da haben wir ja alle was davon.
352
Melden
Zum Kommentar
avatar
patnuk
28.02.2019 15:34registriert August 2015
Das Salt davon davon profitieren könnte, ist doch ein bisschen zweifelhaft. Sunrise spielt jetzt auf 4 Platformen, Fiber, Kupfer, Koaxial und Wireless. in 3 Jahren ist auch gut möglich dass es dann definitiv nur noch 2 Telcos geben wird, und Salt sich zurückzieht oder an Swisscom verkauft. Mit 2 Monopolisten sehe ich schwarz für einen dritten Telco im Bunde.
221
Melden
Zum Kommentar
44
Störung während Sechseläuten – so wollen die SBB ein Chaos am Stadelhofen verhindern
Wegen eines Gleisschadens zwischen den Zürcher Bahnhöfen Stettbach und Stadelhofen kommt es ausgerechnet am Sechseläuten zu Einschränkungen im öffentlichen Verkehr. Hier erfährst du das Wichtigste.

Dieser Artikel wird laufend und bei neuen Informationen upgedatet.

Zur Story