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US-Student stirbt nach Kims Folter-Knast: Greift Trump jetzt Nordkorea an?

FILE - In this March 16, 2016, file photo, American student Otto Warmbier, center, is escorted at the Supreme Court in Pyongyang, North Korea. Warmbier, an American college student who was released by ...
US-Student Otto Warmbier. Bild: KEYSTONE

US-Student stirbt nach Kims Folter-Knast: Greift Trump jetzt Nordkorea an?

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Er bezahlte einen Weekend-Trip mit seinem Leben. Otto Warmbier ist wenige Tage nach seiner Rückkehr in die USA gestorben. Die wichtigsten Fragen und Antworten. 
20.06.2017, 04:4420.06.2017, 14:54

Was haben die Nordkoreaner nur mit dem US-Studenten Otto Warmbier gemacht? Der 22-jährige verstarb am Montagabend in den Armen seiner Familie. Er lag laut Angaben der Ärzte seit 15 Monaten mit schweren Hirnschäden im Koma. Ein nordkoreanisches Gericht hatte ihn zu 15 Jahren Straflager verurteilt, weil er angeblich in einem Hotel in Pjöngjang ein Propaganda-Plakat geklaut hatte. 

Wie reagiert nun Trump? 

US-Präsident Donald Trump ist bekannt für seine impulsiven Entscheidungen. Die grosse Frage ist nun, wie die USA auf den Tod von Warmbier reagieren. 

Video: streamable

«Es sind viele schlimme Sachen in Nordkorea geschehen. Aber zumindest ist es uns gelungen, ihn nach Hause zu seinen Eltern zu bringen», sagte der US-Präsident in einem Statement. «Die Vereinigten Staaten verurteilen aufs Neue die Brutalität des nordkoreanischen Regimes.»

US-Aussenminister Rex Tillerson machte direkt Nordkorea für die unzureichenden Zustände in der Gefangenschaft und damit den Tod von Warmbier verantwortlich. Er verlangte zudem, die drei weiteren in Nordkorea festgehaltenen Amerikaner sofort freizulassen. 

Der republikanische Senator John McCain sass während des Vietnamkriegs einst in einem Folterknast in Vietnam. Dementsprechend harsch fällt seine Reaktion aus: «Die USA dürfen es nicht tolerieren, dass unsere Bürger von feindlichen Kräften getötet werden.»

Was sagt die Familie? 

«Es ist unsere traurige Pflicht mitzuteilen, dass unser Sohn, Otto Warmbier, seine Reise nach Hause beendet hat», hiess es in der Erklärung der Familie. «Die schreckliche, qualvolle Misshandlung, die unser Sohn in den Händen der Nordkoreaner erfahren hat, machte keinen anderen Ausgang möglich.»

Unmittelbar nach der Heimkehr des Sohnes dankte der Vater US-Präsident Trump für seinen Einsatz. «Wir hatten 15 Monate keinen Kontakt zu Otto, nichts von ihm gehört. Nun wissen wir, sie haben ihn wie einen Kriegsgefangenen behandelt, wie eine Geisel, sie haben ihn terrorisiert», sagte er in einer emotionalen Rede, bei der er das Jacket seines Sohnes trug. Trump hatte ihn persönlich über die Freilassung informiert. 

Der Vater kritisierte indirekt auch Barack Obama. Die vorherige Regierung habe nicht genug gemacht, um seinen Sohn früher freizubekommen. Sie hätten der Familie bloss geraten, «unter dem Radar zu bleiben». Nach Trumps Amtsantritt hatte Warmbier genug und ging an die Öffentlichkeit. 

Was ist Warmbier wirklich zugestossen? 

Das weiss derzeit wohl nur die nordkoreanische Führung selbst. Fakt ist: Otto Warmbier reiste als gesunder junger Mann von China nach Pyönjang. Während einer viertägigen, geführten Reise wollte er das abgeschottete Land besuchen. Ein Mitreisender erzählte, dass sich Warmbier während der Reise immer ruhig und zuvorkommend verhalten habe. An den Abenden hätten sie sich jeweils ins Hotel zurückgezogen und zusammen Bier getrunken. 

epa06026112 (FILE) - A file handout photo provided by the official Korean Central News Agency (KCNA)shows Otto Frederick Warmbier, a University of Virginia student who has been detained in North Korea ...
Unter Tränen sagte Warmbier beim Schauprozess aus. Bild: EPA/YNA/KCNA

Bei der Passkontrolle schnappten sich die Nordkoreaner dann Warmbier. Bei einem Schauprozess zwei Monate später sagte der US-Student unter Tränen aus, er habe ein Propagandaplakat niedergerissen. Dann erlitt er angeblich eine Lebensmittelvergiftung, nahm eine Schlaftablette und fiel ins Koma. 

Wie schlimm sind Kims Straflager wirklich? 

120'000 Gefangene sitzen in Kims Folter-Knästen. Ein grosser Teil der Häftlinge soll nicht einmal selbst Verbrechen begangen haben, sondern sich in Sippenhaft befinden, weil das Regime ihre Familienmitglieder als Gefahr wahrnimmt.Die Zustände sind fürchterlich. 2014 schilderte ein geflohener Wärter die schrecklichen Bedingungen in den Gulags. Der Wärter namens Lee erzählt von grausamen Hinrichtungsmethoden: Gefangene werden gezwungen, in einem Feld ein Loch zu graben. Dann müssen sie sich an den Rand stellen, bevor ihnen mit einem Hammer der Schädel eingeschlagen wird.

Menschen werden an den Armen aufgehängt: Szenen aus Kims Foltergefängnissen. 
Menschen werden an den Armen aufgehängt: Szenen aus Kims Foltergefängnissen. 

Die Gefangenen, die ohnehin von Hunger geschwächt sind, müssen im Winter oft bei minus 25 Grad meilenweit zur Arbeit laufen, viele schuften sich zu Tode. Aus Verzweiflung essen sie Gras, Schlangen und Ratten, um zu überleben. Alle Aufseher würden einer Gehirnwäsche unterzogen. «Folter ist in den Gefängnissen weit verbreitet», bilanzierte auch die UNO 2014 in einem Bericht. 

Ein Film dokumentiert das Grauen 

Welche Amerikaner schmoren noch in nordkoreanischer Haft? 

Drei US-Bürger sitzen noch in den Straflagern von Kim: 

Tony Kim und Kim Dong-chul (rechts).
Tony Kim und Kim Dong-chul (rechts).
  • Der in Südkorea geborene Geschäftsmann Kim Dong-chul ist amerikanischer Staatsbürger, kommt aus Fairfax (Virginia) und wurde im Oktober 2015 in Nordkorea verhaftet. Er wurde zu zehn Jahren Arbeitslager verurteilt, Pjöngjang wirft ihm Spionage vor.
  • Auch der Akademiker Tony Kim, Amerikaner mit koranischen Wurzeln, lebte vor seiner Verhaftung in der Grenzstadt Yanji. Am 22. April 2017 wurde er kurz vor dem Boarding am Flughafen von Pjöngjang verhaftet, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete.
  • Über den dritten Gefangenen ist noch wenig bekannt.

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63 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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thoubiable
20.06.2017 08:29registriert Dezember 2016
Natürlich ist tragisch was passiert ist.
Aber es ist doch ziemlich heuchlerisch von den USA das Foltern und die schlechte Behandlung der Gefangenen so zu verurteilen...
19443
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azoui
20.06.2017 07:55registriert Oktober 2015
«Die USA dürfen es nicht tolerieren, dass unsere Bürger von feindlichen Kräften getötet werden.»
Wer selber im Glashaus sitzt...........
12016
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Bits_and_More
20.06.2017 10:08registriert Oktober 2016
Zur Frage, warum Menschen nach Nordkorea reisen:
Bei christlichen Fundamentalisten (z.B. diverse Freikirchen) ist Nordkorea ein beliebtes Ziel um Missionieren zu gehen.
Aber auch bei nicht religiös motivierten Reisenden, Nordkorea ist wohl eines der wenigen Länder, welches einen ganz anderen Blick auf die Menschheit wirft. Praktisch vollständig Abschottung, Kims Machtapparat, etc. das löst sicher bei einigen Menschen ein grosses Interesse / Neugierde aus.
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