Vor Kurzem thematisierten wir eine der grössten Krisen der Neuzeit: Die «stiere Autofarben»-Krise. Sieh' dich mal in einer Tiefgarage um – Schwarz, Anthrazit-Grau, Schwarz, Anthrazit-grau, Anthrazit-grau ... und ab und zu als Farbtupfer noch Silber oder – huch! – Weiss.
Der weltweit führende Hersteller von Autolacken, der Chemiekonzern BASF, veröffentlicht jedes Jahr einen Bericht zur Beliebtheit von Autofarben. Seit Jahrzehnten ist die grosse Mehrheit aller Autofarben weltweit – für 2019 etwa 78 Prozent – eigentlich gar keine Farbe: Schwarz, Grautöne, Silber, Weiss. Was man im Fachjargon «unbunt» nennt; «achromatics».
Bunte Autos gibt es zwar weiterhin; sie fristen aber ein Nischendasein. High-End-Sportwagen passen vielleicht zu kräftigen Rottönen mit Motorsport-Assoziationen. Und am unteren Ende des Preissegments darf man mit verspielteren Farbtönen experimentieren: Fiat 500, VW Lupo und Co. gibt es in bunt. In der Mittel- und oberen Mittelklasse setzt man auf Seriosität.
Umso erstaunlicher, dass es gewisse Autofarben gibt, die statistisch gesehen selten sind, dennoch aber weltbekannt. Vielleicht kennt man die technisch korrekte Bezeichnung nicht, aber jenes Subaru-Dunkelblau, zum Beispiel ... kännsch, oder? Lassen wir also einige der ikonischsten Autofarben der Geschichte Revue passieren:
Woher du es kennst: Diverse britische Sport- und Rennwagen
Fangen wir mit einer der bekanntesten und zugleich ‹problematischsten› Autofarben an. Denn die Farbe des obigen «Blower» Bentleys aus dem Jahr 1930 gilt als British Racing Green.
Das hier aber auch:
Und das hier eben auch:
Und man stellt fest: Das sind drei doch ziemlich verschiedene Grüntöne, nicht? Und eigentlich sollte man es Irish Racing Green nennen, denn die Tradition geht auf den 1903 in Irland gehaltenen Gordon Bennet Cup zurück, als die britischen Teilnehmer ihre Autos in Shamrock Green kleideten, um dem Gastgeberland Respekt zu zollen. Und Shamrock Green ist freilich einiges heller als jenes tiefe Flaschengrün, das man von den Jaguar D-Type Rennwagen der Fünfzigerjahre kennt; was wiederum anders als RAL 6005 Moss Green ist, das heute gemeinhin als British Racing Green gilt. Somit ist dies wohl die einzige Farbe, deren Bezeichnung bekannter als der eigentliche Farbton ist. Und nichtsdestotrotz ikonisch.
Ähnlich verhält es sich mit dem Mercedes-Silber, das wir zu kennen meinen, sich aber seit den Dreissigerjahren immer wieder veränderte. Glücklicherweise gibt es aber etliche berühmte Autofarben, die aber genau definiert sind. Etwa:
BMW M3
Woher dieser Name? Nun, Dr. Google zeigt dir schnell einmal Bilder vom malerischen Küstenstädchen Estoril in Portugal, und die sehen in etwa so aus:
Jedenfalls ist Estoril Blue spätestens seit den 3er-BMWs der Neunzigerjahre ein Farbklassiker. Ein ganz anderes Blau aber als ...
Subaru Impreza
Zwei Worte: Colin McRae. Dem ‹fliegenden Schotten› ist es zu verdanken, dass man bis heute seinen Subaru Impreza vorzugsweise in Mica Blue will.
Honda Civic Type R
Auf jedem anderen Auto wäre dieser Farbton langweilig. Doch die Assoziation mit hochtourigen VTEC-Motoren und hervorragenden Fahreigenschaften haben diese Farbe in die Ikonografie der Auto-Geschichte gehievt.
Fords der Sechzigerjahre und Tochterunternehmen
Weiss ist eben nicht gleich Weiss. Einer der schönsten Weisstöne ist dieser hier:
Das Winterfell des Hermelins – und die Farbe etlicher Fords und Lincolns der Sechzigerjahre.
Lotus
Lotus, legendärer Konstrukteur leichtgewichtiger Sportwagen und Erfinder zahlloser Innovationen der Automobilgeschichte, ist auf einem ehemaligen Flugfeld der Royal Air Force nahe der ostenglischen Stadt Norwich beheimatet. Und welches andere ikonische Produkt stammt ebenfalls aus Norwich? Hmm .... ja genau:
Und schaut man sich den Farbton dieses hervorragenden Senfs mal an ... ja, macht Sinn.
Ferrari, dänk.
Die vielleicht ikonischste Autofarbe der Welt gehört der ikonischsten Automarke: Enzo Ferrari soll mal gesagt haben: «Sag' einem Kind, es soll ein Auto zeichnen, und es wird es sicher rot zeichnen.» Bis heute ist jenes Renn-Rot die beliebteste Farbe der Ferrari-Kundschaft. Dabei ist Rosso Corsa bei Weitem nicht der einzige Rotton, den Ferrari anbietet. Da wären noch Rosso Dino, Rosso Portofino, Rosso Monza, Rosso Fuoco und und und. Doch Rosso Corsa ... naja, man denkt dabei eben an Fangios Formel-1-Wagen der Fünfzigerjahre oder an die 330er der Sechzigerjahre und dergleichen.
Porsche aus den Achtzigerjahren.
Etwas leuchtender und mit mehr Orange als Rosso Corsa ist Guards Red die ultimative Farbe für einen 911er Turbo aus den Achtzigerjahren. Schulterpolster, Filofax und Gelfrisur sind fakultativ, aber empfehlenswert.
Aston Martin DB5
Bond, James Bond. Derart stilbildend, dass das Auto selbst in den neusten 007-Filmen immer wieder gefeatured wird.
Audi und Tochterunternehmen
Die Assoziation mit Kriegsschiffen und Militäranlagen ist mitnichten von ungefähr. Seit geraumer Zeit wird unsere Welt als unsicherer und instabiler wahrgenommen. Bunte Farben gehören in eine optimistischere Ära. Die Zeit des Rumspielens ist vorbei. Hightech gepaart mit Tarnung und Kraft sollen Sicherheit vermitteln.
Fiat 500 Vintage 57
Ein wohliges Antidoton zum grimmigen Nardo Grey und zum machoiden Guards Red. Dieses Pastell-Blau ist ein optimistischer Lichtblick im tristen Grau-Schwarz-Silber des Alltagsverkehrs.
VW Scirocco
Bei der Lancierung des VW Sciroccos anno 1975 war dieses Métalisée-Giftgrün eine der Farboptionen. Derart beliebt ist sie bei einer eingeschworenen Fangemeinde, dass VW sie für alle Scirocco-Generationen anbot.
Womit wir wieder bei den überlauten Farben angelangt wären! Und keine Autokategorie hatte je eine sensationellere Farbgebung als die Muscle Cars der späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahre:
Chevrolet Camaro
Übersehen kann man so was nicht (wohl auch, weil man es schon von einem Kilometer weg her hört).
Ford Mustang
Chevy hatte Orange, Ford konterte mit diesem leuchtenden Blau.
Der dritte ‹Grosse› aus Detroit liess dies freilich nicht auf sich sitzen und hielt entgegen mit:
Dodge und Plymouth Muscle Cars
Die wohl exzentrischsten Autofarben der Geschichte gab es für die Plymouth Roadrunners, Dodge Chargers und Dodge Challengers der frühen Siebziger im Angebot. Sub Lime (oben) gefällig? Nicht für jedermann, gewiss. Aber ikonisch zweifelsohne. Genauso wie Panther Pink, ...
... nach der Zeichentrickfilmfigur benannt, oder – vielleicht die verrückteste Autofarbe ever: Plum Crazy Purple.