Plastikabfälle sind derzeit ein Dauerthema. Kein Wunder: Eine schlechte Nachricht jagt die nächste.
Doch wie soll man die Unmengen an Plastikmüll eindämmen und somit die Umwelt und Tiere schonen? Diese Frage stellen sich derzeit Politiker, Wissenschaftler und Umweltschützer. Auch aus der Schweiz. Daraus resultieren unterschiedliche Lösungsvorschläge. Hier die 8 wichtigsten.
Der Vorsitzende der deutschen Grünen will «raus aus der Wegwerf-Plastikgesellschaft», wie er anfangs Woche vor Journalisten betonte. Robert Habeck weiss auch schon wie: Er will Wegwerfprodukte aus Plastik mithilfe einer neuen Steuer teurer machen. Habeck erhofft sich dadurch eine Lenkungswirkung.
Der Vorschlag ist nicht ganz neu: Bereits im Januar kündigte die EU-Kommission an, dass das Gremium über die Einführung einer Plastiksteuer nachdenken werde. Allenfalls im Mai wird die Kommission offiziell eine Plastiksteuer als Lösungsansatz vorschlagen.
Wir brauchen eine EU-weite #Plastiksteuer auf Wegwerfprodukte. So lässt sich Lenkungswirkung erzeugen. Die Bundesregierung sollte ihren EU-Kommissar @GOettingerEU dabei unterstützen. pic.twitter.com/9XfGmoaoZR
— RobertHabeck (@RobertHabeck) 23. April 2018
Regula Rytz, Präsidentin der Grünen, hat Sympathien für eine Lenkungsabgabe auf Wegwerf-Plastik. Man müsste diese aber europäisch regeln, sagt sie auf Anfrage von watson. «Nur für die Schweiz kommt eine Abfallvermeidungs-Steuer nicht in Frage.» Allenfalls könne man über eine vorgezogene Entsorgungsgebühr diskutieren, die ebenfalls eine Lenkungswirkung mit sich bringen und bereits bei Elektroschrott angewendet werde.
Gegen eine Steuer für Wegwerfplastik ist CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt. Er befürchtet, dass sie kontraproduktiv wirke. Stattdessen solle besser das Recycling gestärkt werden. «Die Steuer gibt dem Konsumenten den falschen Eindruck, er habe bereits für seine schlechte Entsorgung bezahlt.»
Diesen Frühling hat Schweden ein Verkaufsverbot für kosmetische Produkte mit Mikroplastik beschlossen. Die schwedische Umweltministerin Karolina Skog bezeichnete den Entscheid als «notwendigen Schritt, um Mikroplastik in unseren Gewässern zu verringern». Es sei Wahnsinn, Produkte mit Plastikteilchen anzureichern, unabhängig davon, um welche Produkte es gehe. «Wir wissen, dass Kläranlagen diese Produkte nicht ausfiltern können und dass sie deshalb im Meer landen.»
Ein Nationalrat bemüht sich schon seit Jahren um ein solches Verbot in der Schweiz – die Rede ist von Balthasar Glättli, Fraktionschef der Grünen. Seine erste Motion aus dem Jahr 2014 wurde abgeschrieben, die zweite scheiterte im Juni 2017 im Parlament. In der Frühlingssession 2018 reichte Glättli den Vorstoss ein weiteres Mal ein. Nach dem Motto ‹aller guten Dinge sind drei› werde er einen neuen Versuch wagen, schreibt er auf seiner Website.
Denn für ihn steht fest: Das Verbot ist unproblematisch, da es ökologisch abbaubare und umweltverträgliche Produkte gebe, die die Mikroplastik-Teile in Kosmetika ersetzen können.
In Plastik eingepacktes Gemüse sorgt immer wieder für viel Unverständnis und hitzige Diskussionen. Auch in den sozialen Netzwerken.
Die Organisation Ocean Care hat den in Plastik verpackten Gurken, Äpfeln usw. den Kampf angesagt. Eine von der Organisation lancierte Petition fordert, dass bei Bioprodukten zukünftig auf den Einsatz von Plastikverpackungen verzichtet wird.
Sprecherin Sandra Ludescher sagte gegenüber dem «Blick»: «Der Einsatz von Plastik ist gerade bei Bio-Produkten besonders stossend.» Die Firmen seien in der Pflicht, sich um Alternativen zum Einwegplastik zu bemühen.
Die Detailhändler argumentieren dagegen. Die Plastikverpackung helfe dabei, den vorzeitigen Verderb von Früchten und Gemüsen zu verhindern. «Eine unverpackte Gurke ist nach einigen Tagen nicht mehr verkäuflich. 1,5 Gramm Plastik halten sie aber für rund zwei Wochen frisch», lässt sich eine Migros-Sprecherin im gleichen Artikel zitieren.
Die Jungen Grünen der Stadt Zürich fordern das «totale Recycling». Und zwar verlangen die jungen Politiker vom Zürcher Stadtrat, dass er ein flächendeckendes Sammel- und Verwertungssystem von sämtlichen Kunststoffabfällen einführt. Denn es sei unsinnig, den wertvollen Rohstoff einfach zu verbrennen. Über 3200 Personen haben die Petition unterzeichnet, die im Februar eingereicht wurde.
Über 3‘300 Unterstützer*innen fordern mit uns ein #Plastikrecycling für Züri. Klares Signal an den Stadtrat, insbesondere @F_Leutenegger: Zürich soll als künftige 2000-Watt-Gesellschaft Verantwortung übernehmen und vorangehen.https://t.co/A1ip1vRkxJ #plastikrecyclingfürzüri pic.twitter.com/GUAJIusFd4
— Junge Grüne Zürich (@JungeGrueneZH) 7. Februar 2018
«Die Schweiz ist Abfalleuropameister. Es braucht mehr konkrete Massnahmen zur Plastikvermeidung und zur Wiederverwertung», lässt sich Meriel Thierer, Co-Präsidentin der Jungen Grünen Zürich, in einer Mitteilung zitieren. Denn im Recycling von Plastik sei die Schweiz mit einer Quote von 11 Prozent im internationalen Vergleich Schlusslicht. Dass ein solches Recycling von Kunststoff funktioniere, zeige die Praxis in über 200 Gemeinden.
Der Bund steht solchen Sammlungen kritisch gegenüber, wie das Bundesamt für Umwelt auf seiner Website schreibt. Sie berufen sich auf eine Studie, die zeige, «dass Kunststoffsammlungen aus Haushalten verglichen mit der Sammlung von PET-Getränkeflaschen eine geringe Kosten/Nutzen-Effizienz haben.» Dem verhältnismässig kleinen ökologischen Nutzen würden also hohe Kosten gegenüberstehen.
Um auf die Plastikmüll-Problematik aufmerksam zu machen, haben Engländer im März die Aktion «Plastic Attack» lanciert. Diese ähnelt eigentlich einem normalen Wocheneinkauf.
Der einzige Unterschied: Kaum hat der Kunde die Ware gekauft, packt er sie aus der Plastikverpackung aus und lässt den Abfall im Laden zurück. Somit muss der Detailhändler für die Entsorgung aufkommen und soll damit zum Umdenken angeregt werden.
Am 21. März fand die erste solche Aktion in der Schweiz statt, im Kanton Waadt. Weitere werden folgen. Zum Beispiel am 2. Juni in Zürich. Bereits über 50 Personen haben auf Facebook angekündigt, dabei mitzumachen
Die Aktion sei eine gute Möglichkeit, ein Zeichen zu setzen und zum Nachdenken anzuregen, sagt die Organisatorin der Zürcher Aktion zu watson. «Ich rege mich schon seit langem über die unnötigen Plastikverpackungen in den Supermärkten auf.»
«The Sea Cleaners» heisst das Projekt des Schweizers Yvan Bourgnon, das er dieses Jahr an der Erfinder-Messe in Genf vorstellte. Der Name ist Programm. Bourgnon will mit einem riesigen Boot Plastikabfälle aus dem Meer fischen.
Den Quadrimaran «Manta» gab es in Genf nur als Modell zu sehen – im Massstab 1 zu 80. Einmal fertig soll das Boot 70 Meter lang, 49 Meter breit und 61 Meter hoch sein. Gewicht: 2500 Tonnen.
Auf einer Abfalltour auf dem Meer soll das Schiff bis zu 250 Tonnen Plastik aufnehmen können. Dieser Abfall wird danach an Land gebracht, wo er fachgerecht wiederverwertet werden kann. Ziel des Projekts ist es, die Plastikabfälle aus dem Meer zu holen, bevor er sich in Nanopartikel zersetzt und als Mikroplastik von Lebewesen aufgenommen wird.
Der Zeitplan für das Plastikmüll-Boot: 2016 wurde das Projekt lanciert, 2020 soll mit dem Bau des Schiffes begonnen werden und 2022 ist die erste Fahrt geplant.
Eine andere Massnahme, die auch Regula Rytz von den Grünen besonders hervorhebt, sind Zero-Waste-Läden, die es mittlerweile in vielen grösseren Schweizer Städten gibt. In diesen Läden werden die Waren offen verkauft, sprich ohne Verpackung. Somit fällt jede Menge Abfall weg.
«In ein paar Jahren wird man sich gar nicht mehr vorstellen können, anders einzukaufen», sagte eine Mitbetreiberin bei der Eröffnung des ersten Zürcher Zero-Waste-Ladens zu watson.
8,5 Millionen Trinkhalme werden in Grossbritannien jedes Jahr weggeschmissen. Geht es nach der Regierung, ist damit bald Schluss. Sie zieht ein Verbot ab 2019 in Betracht, wie der Umweltminister Michael Gove Mitte April ankündigte.
Neben dem Plastikröhrchen wären auch noch andere Einwegprodukte vom Verbot betroffen, zum Beispiel Wattestäbchen. Wobei es für medizinische Zwecke Ausnahmen geben würde.
Mit dieser Massnahme will die britische Regierung die Verschmutzung von Meeren und Binnengewässern reduzieren. Für die britische Premierministerin Therese May ist der Plastikmüll eine der grössten umweltpolitischen Herausforderungen weltweit.