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Der EHC Biel ist ein aussergewöhnliches Hockeyunternehmen. Sozusagen ein «Hybrid-Hockeyclub»: Auf wundersame Art und Weise haben es die Bieler verstanden, die Professionalität des 21. Jahrhunderts mit der im Sport-Business eigentlich längst verschwundenen Romantik einer grossen Hockeyfamilie zu verbinden.
Der Verwaltungsrat der EHC Biel Sport AG hat heute Morgen entschieden, Mike McNamara in seiner Funktion als Headcoach der 1. Mannschaft abzusetzen. pic.twitter.com/HIqViVVpWY
— EHC Biel-Bienne (@ehcbiel) 25. November 2017
Einerseits ist es gelungen, eine hochmoderne Infrastruktur und hochprofessionelle Unternehmensstrukturen aufzubauen. Aus einer Gruppe von verlorenen, in der zweithöchsten Liga vergessenen Hockey-Romantikern ist ein Hockeyunternehmen entstanden, das sich anschickt, die Titanen der Liga herauszufordern.
Die ganz besondere Stärke auf dem langen Weg aus der 13-jährigen Verbannung in der NLB zurück in die Höhen der NLA war immer der enge Zusammenhalt zwischen Spielern, Trainern, Management und Verwaltungsrat. Biel war im besten Sinne eine Hockeyfamilie. Und wie in einer richtigen Familie sind alle Konflikte und Herausforderungen familienintern gemeistert worden.
Als nach dem Wiederaufstieg die sportliche Not am grössten war und in der Liga-Qualifikation der Untergang drohte, hat mit Sportchef Kevin Schläpfer zwei Mal der «Adoptivsohn» der grossen Bieler Hockeyfamilie die Rettung gebracht. Fortan war er ein «Hockey-Gott» und er hat seine Hockeyfamilie fortan sportlich behütet und ins gelobte Land des neuen Hockeytempels geführt.
Als das Undenkbare – die Entlassung von Kevin Schläpfer – doch getan werden musste, hat wieder einer aus der Familie das Problem gelöst. Mike McNamara stieg vom Junioren- zum Cheftrainer auf und geleitete die Mannschaft im letzten Frühjahr auf beinahe wundersame Weise in die Playoffs.
Nun ist auch Mike McNamara des Amtes enthoben worden. Ein längst fälliger Schritt. Sein Scheitern steht für das Ende des «Modells Hockeyfamilie.» Das freundliche Miteinander, die Bereitschaft zum Kompromiss, das Zusammenstehen in schwierigen Zeiten hat nicht mehr funktioniert.
Die Mannschaft ist taktisch zerfallen. Mike McNamara hatte weder die Energie noch die Autorität um jenes Mass an Disziplin durchzusetzen, das eine nominell verhältnismässig schwache Mannschaft wie Biel nun mal braucht.
Seit Wochen war dieser Zerfall zu beobachten. Das Ende der «Ära Schläpfer» kam mit den Tränen, die er vergoss, als er nicht Nationaltrainer werden durfte und in Biel bleiben musste. Von diesem Augenblick an hatte er die Autorität als Hockey-Gott verspielt.
Was die Tränen für Kevin Schläpfer waren, das war der Ausraster von Torhüter Jonas Hiller für Mike McNamara. Zornig ob dem taktischen Larifari-Betrieb, ob dem «Pausen-Platz» Hockey zerschmetterte der ehemalige NHL-Titan vor laufenden TV-Kameras während des weiterlaufenden Spiels gegen Zug seinen Stock.
Wenn ein einzelner Spieler so ausrastet, dann muss ihn der Trainer in den Senkel stellen. Sonst ist seine Autorität für immer dahin. Denn Jonas Hillers Ausraster war ja nichts anderes als ein spektakulärer Hilferuf. Im Sinne: «Sorgt endlich für Ordnung in diesem wilden Haufen!»
Mike McNamara hat diesen Ausraster seines wichtigsten Einzelspielers einfach hingenommen. Und damit kapituliert. Nun ist, logisch, seine Absetzung erfolgt.
Mit Sportchef Martin Steinegger hat wieder, in bester Bieler Tradition, ein Familienmitglied den Posten des Cheftrainers eingenommen – wie damals Kevin Schläpfer. Aber Martin Steinegger ist kein neuer Kevin Schläpfer. Biel kann es sich sowieso heute nicht mehr leisten, den Sportchef zum Trainer zu machen. Biel braucht Martin Steinegger als Sportchef. Sonst laufen die Spieler davon wie in Langnau.
Damit ist nach gut zehn Jahren der Zeitpunkt gekommen, einen Fremden in der Familie zu dulden. Biel braucht als Trainer nun eine starke, charismatische Persönlichkeit «von aussen». Ohne Bieler «Stallgeruch».
Die Zeit ist reif für neue Ideen, neue Denkmuster, neue Herausforderungen. Für frischen, ja eisigen Wind im wunderschönen Hockeytempel. Weil alles in der Familie geregelt wurde, ist das Leistungsklima in Biel nach und nach zu mild geworden. Zuletzt war es sogar eine Art geschätzte Werkstatt. Eine Wohlfühloase.
Die amerikanische Schauspielerin Bette Davis ist mit einem Satz berühmt geworden. «Fasten your seatbelts. It’s going to be a bumpy night!» Das ist nach dem Ende der romantischen Jahre ab sofort auch das Motto in Biel: «Anschnallen bitte, liebe Bieler, jetzt kommen wilde Zeiten!»