Mitten im Silicon Valley landet ein architektonisches Raumschiff. Der neue Apple-Campus wird rund und gläsern und soll 13'000 Mitarbeitern Platz bieten – in einem einzigen riesigen Gebäude. Es wird Standards setzen. Aber Apple braucht offensichtlich noch viel mehr Platz.
Wenn Apple baut, dann gross. Ein Gebäude, das sie selbst «Spaceship» nennen, mit 260'000 Quadratmetern Platz und einem Aussenumfang von 1,6 Kilometern. Man könnte auch an einen gläsernen Riesen-Donut denken, das Loch in der Mitte wird der grüne Innenhof. Durch die grossen Glasflächen sollen die Mitarbeiter sich eins fühlen können mit der Natur.
In den Untergrund wird ein versunkenes Auditorium gebaut mit Platz für 1000 Menschen, hier werden künftig die neuen Apple-Produkte vorgestellt. Das ganze Gebäude schwebt praktisch unterirdisch – man nennt das seismische Isolation –, was im Fall eines Erdbebens Menschenleben retten soll. Es baut der britische Star-Architekt Norman Foster, der schon das Londoner Wembley-Stadion und den Berliner Reichstag neu gestaltet hat.
Die Kosten sind explodiert: von geplanten knapp 3 Milliarden Dollar auf schätzungsweise fünf Milliarden, die genaue Summe verrät Apple nicht. Der neue Campus wächst unterdessen unübersehbar. Immer wieder tauchen Drohnen-Videos von dem Gelände im Netz auf.
Zuletzt durfte TV-Veteran Charlie Rose die Baustelle ganz offiziell für die CBS-Sendung «60 Minutes» mit Apple-Designchef Jony Ive besichtigen. Ende 2016 soll «AC2» (Apple Campus 2) eröffnet werden. Die bisherige Firmenzentrale mit der legendären Strassenadresse «1 Infinite Loop» mit aktuell 25'000 Mitarbeitern wird Apple weiter behalten.
Für eine kleine Stadt wie Cupertino ist das eine grosse Sache. Der Ort im Silicon Valley war gerade zwanzig Jahre alt, als Steve Jobs 1976 Apple gründete. Cupertino, eine Stunde südlich von San Francisco hat heute 60'000 Einwohner. Stadtsprecher Rick Kitson sagt treu: «Apple hätte seinen zweiten Campus überall bauen können, wir sind stolz darauf, dass der Konzern Cupertino treu bleibt.»
Kitson weiss aber auch um die Probleme, die das neue Gebäude vermutlich bringen wird. Der Verkehr wird wohl noch schlimmer werden. Auch wenn Apple verspricht, seinen firmeneigenen Mitarbeitertransport um 20 Prozent aufzustocken, bedeutet das nur noch mehr weisse Shuttle-Busse, die zwischen San Francisco und Cupertino pendeln und die zum Sinnbild der Gentrifizierung einer ganzen Gegend geworden sind.
Auch die Preise für die Wohnungen und Häuser in der Region dürften weiter steigen. Und es wird noch voller werden im ganzen Valley, der zersiedelte Charakter wird immer mehr verschwinden.
Apple ist hier nicht der einzige Bauherr. Facebook hat erst 2015 seine neue Firmenzentrale eröffnet, Google plant ebenfalls mehrere Neubauten. «Sie warten hier im Moment 18 Monate auf einen Baukran», sagt Chad Leiker von der gewerblichen Immobilienmakler-Gesellschaft Kidder Mathews.
«Die meisten Gebäude in der Bay Area sind in den späten Siebzigern, Anfang der 80er Jahre gebaut worden. Die sind inzwischen wirtschaftlich unbrauchbar. Also baut die ganze Tech-Branche neu, aber was Apple da macht, schlägt alles.»
Die Firma baut aktuell nicht nur das Spaceship, sondern hat in den vergangenen Jahren und Monaten weitere Grundstücke in der Umgebung gekauft oder gepachtet – in San Francisco, Sunnyvale, San Jose und Santa Clara. «Wofür brauchen sie soviel Platz?», fragt sich Leiker. «Offensichtlich arbeiten sie an etwas, das grösser ist als ein iPhone.» Der Immobilienagent spielt auf das Gerücht an, dass auch Apple am selbstfahrenden Auto forscht.
Im Juni 2011, vier Monate vor seinem Tod, präsentierte Steve Jobs vor dem Stadtrat von Cupertino seine Vision des Campus 2: «Ich will das beste Bürogebäude der Welt bauen», so warb Jobs damals um die Baugenehmigung. «Es soll so gut werden, dass Architektur-Studenten kommen, um das zu sehen.»
Richard Pollack vom Architekten Institut Amerika (AIA) steht vor dem grünen Baustellenzaun und sagt: «Es ist architektonisch wirklich spektakulär, so muss man heute bauen.» Es sei eine Sache, den Campus rund zu gestalten, aber dann eben auch das Glas zu biegen, das sei typisch Apple. «Sie denken Design wirklich im Detail.»
Dieses grösste Stück gebogenes Glas, das es auf der Welt gibt, lässt sich Apple aus Deutschland zuliefern, vom schwäbischen Mittelständler Seele.
Der ganze Campus wird zu 80 Prozent begrünt sein. Alle Pflanzen müssen dürrebeständig sein, es soll möglichst wenig gegossen werden. Die Bäume, die schon vorher hier standen, werden wenn möglich umgepflanzt und erhalten, gut 2000 kommen neu dazu. Die Tiefgarage fasst 10'000 Autos.
Der Campus soll sich zu hundert Prozent durch erneuerbare Energien versorgen. Dafür werden Solarpaneele aufs Dach gelegt und ein kohlenstoffarmes Kraftwerk auf das Gelände gesetzt. Eine Naturzug-Lüftung wird die Klimaanlage weitestgehend ersetzen.
Für die Apple-Mitarbeiter werden auf dem 700'000 Quadratmeter-Campus kilometerlange Lauf- und Fahrrad-Wege angelegt. Ebenfalls auf dem Gelände: ein 70 Millionen-Dollar teures Wellness-Center.
Die Botschaft ist klar: Du musst nicht mehr nach Hause, du kannst auch deine Freizeitaktivitäten gleich hier bei der Arbeit erledigen. Mit derlei Annehmlichkeiten buhlen die grossen Tech-Unternehmen um die besten Softwareexperten, Datenanalysten und Social Media-Strategen.
(dsc/sda/dpa)