Belügt uns das Internet? Manipuliert Facebook Wahlen? Versteckt Google Wahrheiten? Die Antworten sind einfach: Im Prinzip nicht, aber eigentlich schon.
Wahrheit ist nichts für Faule. Wahrheit muss man sich, aus den Informationen, die einem zur Verfügung stehen, selber erarbeiten. Doch was macht man, wenn die die Welt immer komplexer wird und mehr Informationen auf einem einprasseln, als man berücksichtigen kann?
Soll man bei Facebook «Freunde» entscheiden lassen, was wahr ist? Oder überlässt man Google die Wahl, welches die «wichtigen» Informationen sind? Oder nimmt man sich die Zeit, selber zum Wahrheitssucher zu werden?
Fake-News, also Nachrichten die schlimmstenfalls erlogen sind oder bestenfalls die Tatsachen verzerrt wiedergeben, sind älter als das Internet. Dass Katzen in Einmachgläsern gehalten werden, ist eine der bekannteren Fake-News aus dem Internetzeitalter. Zur Jahrtausendwende rief dieser Studentenscherz sogar das FBI auf den Plan.
Daneben gibt es aber auch seit Jahrzehnten Fake-News mit Lokalkolorit. Die Legende, dass man mit dem Sammeln von Kaffeerahmdosendeckeln ein Behindertenprojekt unterstützt, hielt sich genauso hartnäckig, wie die Gefahr von «Giftspinnen» in Yucca-Palmen». Letztere Fake-News entwickelte sich sogar zum Titel eines Buches, das unzählige moderne Volkslegenden zusammentrug.
Doch inzwischen ist aus studentischen Scherzen politischer Ernst geworden. Noch bevor ein Schweizer Monatsmagazin als Folge der Trump-Wahl ein (äusserst fragwürdiges) Porträt über den Psychometrik-Forscher Michal Kosinski publizierte, stellte sich die Frage: «Kann man mit Fake-News Wahlen und Abstimmungen gewinnen?».
Denn inzwischen lassen «Meinungsbildner» Fake-New gleich millionenfach von Taglöhner und digitalen Robotern produzieren. Soziale Plattformen, wie Facebook und Twitter wurden so mit politischer Propaganda geflutet. Weil deren Filteralgorithmen bisher die Maxime hatten «Was viel Lärm macht, wird wohl wahr sein», gelangten die Meldungen ungefiltert zu Gutgläubigen und wurden von diesen gleich fleissig weiterverbreitet.
Aufgeschreckte Politiker und Journalisten diskutieren nun, wie man der Fake-News-Seuche Herr werden soll. Zum Glück gibt's aus User-Sicht gute Nachrichten ...
Lügenbarone werden immer schneller entlarvt. Bei mimikama.at oder correctiv.org/echtjetzt lassen sich nicht nur die jüngsten Fake-News, sondern auch die Richtigstellungen nachlesen.
Wer Fakten checken will, findet unter https://reporterslab.org/fact-checking/ eine weltweite Liste mit Websites und Medien, welche sich der Faktenfindung verschrieben haben. (Für die Schweiz werden auf die online verfügbaren Fakten-Checks von swissinfo.org und dem Tages-Anzeiger verlinkt.)
Einen umfassenden Beitrag zum Thema Fake-News hat auch die deutsche Fachzeitschrift c’t publiziert (ct.de/y3s7).
Letztlich helfen wohl aber nur Bildung und Arbeit bei der Wahrheitssuche. Darum sollten fortschrittliche Staaten in die Aus- und Weiterbildung der Bürgerinnen und Bürger investieren, und zwar auf allen Altersstufen, selbst wenn dies viel Geld kostet ...
Und für alle Internet-Nutzer heisst es: Kopf einschalten!
Wenn man sich die Frage stellt, «wer liefert mir welche Informationen wie gefiltert aus welchem Grund», klickt schon deutlich kritischer. Werbefinanzierte Dienste wie Facebook und Google haben andere Interessen, als «sozial» oder durch Nutzer finanzierte Plattformen wie Wikipedia oder britannica.com.
Wer auf zwei Rechnern die gleiche Google-Suche startet, erhält unterschiedliche Resultate. Jeder Facebook-Nutzer wird mit anderen «wichtigen News» gefüttert.
Diese verzerrte Wirklichkeit wird als sogenannte «Information Bubble» bezeichnet. Beim Nutzen von Internetdiensten hinterlässt der Surfer ein immer detailliert werdendes Persönlichkeitsprofil.
Internetdienste verwenden dieses Profil, um dem Surfer «genau auf ihn passende Informationen» zu unterbreiten. Ein Obstbauer erhält beim Suchbegriff «Apple» also amerikanische Apfelsorten, während der Banker mit Aktienkursen versorgt wird.
Die Informationsblase kann aber auch dazu führen, dass man als Schweizer gewisse Angebot in deutschen Webshops nicht mehr zu sehen kriegt oder sich Preise ändern, je nachdem, welche Webseite man vorher besucht hat.
Um der Informationsblase zu entkommen, muss man sein Persönlichkeitsprofil möglichst klein halten. Dabei helfen profilfreie Suchmaschinen wie swisscows.ch oder Metasucher wie metager.de. Ferner sollte man nicht mit angemeldeten Konten oder im Privatmodus surfen.
Alternativ kann man sich auch eine «saubere» Identität zulegen, indem man spezielle Browser wie Tor (www.torproject.org) nutzt oder seine Herkunft mit VPN-Diensten verschleiert. Beim Browser Opera ist ein kostenloser VPN-Dienst bereit integriert.
Für iPhone- und iPad-Nutzer gibt es eine Alternative aus der Schweiz: SnowHaze ist ein Browser für iOS-Geräte (5 Fr.), der bald in einer neuen Version verfügbar sein soll. Die Entwickler – fünf Studenten der ETH-Zürich – stellen eine mächtig aufgemotzte zweite Browser-Generation in Aussicht – gerade rechtzeitig auf die Verschärfung der staatlichen Überwachung:
(dsc/sda)