Netzneutralität ist der Grundsatz, dass Datenpakete im Internet gleichbehandelt übertragen werden sollen. Internetprovider wie Swisscom drängen jedoch seit Jahren auf das Zwei-Klassen-Internet, um den rasant wachsenden Datenverkehr besser bewältigen zu können. Verfechter der Netzneutralität sagen hingegen, es gehe darum, sowohl den Internetfirmen als auch den Konsumenten das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Das Ziel der Provider: Online-Dienste, die mehr bezahlen, sollen schneller transportiert, andere allenfalls ausgebremst werden können. Damit würde das bislang geltende Prinzip der Netzneutralität aufgegeben. Das Parlament hat der weiteren Aufweichung der Netzneutralität nun aber Grenzen gesetzt.
Künftig soll der Grundsatz lauten: Provider wie Swisscom, Sunrise oder Salt sollen bei den Spezialdiensten (z.B. internetbasiertes Fernsehen) die Angebote flexibel gestalten können, solange dies die Qualität der Internetverbindung nicht verschlechtert. Spezialdienste sind demnach von Providern zusätzlich zum Internetanschluss angebotene Dienste, welche über dieselbe Leitung übertragen werden – etwa die Sprachtelefonie über Mobilfunk der vierten Generation (VoLTE) und bestimmte digitale Fernsehdienste (IPTV).
Der Bundesrat hatte lediglich Transparenz schaffen wollen: Internetanbieter sollten darüber informieren müssen, wenn sie Informationen bei der Übertragung technisch oder wirtschaftlich unterschiedlich behandeln. Dem Parlament ging das aber zu wenig weit. Es ist sich einig darin, eine Pflicht zur Netzneutralität im Gesetz zu verankern.
Der Entscheid ändert nichts daran, dass die Netzneutralität international unter Druck ist. Kritiker befürchteten daher schon lange, dass sich mächtige Konzerne wie Google, Facebook und Netflix künftig bei Internetprovidern eine Überholspur im Internet kaufen – während der Rest auf die Schleichspur abgedrängt wird.
Auch bei der Finanzierung von Anschlüssen haben die Räte einen Konsens gefunden. Der Ständerat hatte zunächst vorgeschlagen, dass Liegenschaftseigentümer weitere Anschlüsse nur dulden müssen, wenn Mieter sie verlangen und die Kosten übernehmen. Nach dem Willen des Nationalrats sollen sie es auch dann tun müssen, wenn Fernmeldedienstanbieter die Kosten übernehmen. Diese Version hat die kleine Kammer nun stillschweigend akzeptiert.
Umstritten bleibt eine Regelung zur Kinderpornografie und anderen verbotenen pornografischen Inhalten. Der Ständerat hielt mit 32 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung daran fest, dass Fernmeldedienstanbieter verbotene Pornografie nicht nur sperren, sondern Verdachtsfälle auch dem Bundesamt für Polizei fedpol melden müssen. Der Nationalrat lehnte eine solche Meldepflicht bisher ab.
Ebenfalls noch keine Einigkeit herrscht bei der Frage, ob Blaulichtorganisationen von den Verwaltungsgebühren für die benutzten Funkfrequenzen befreit werden sollen. Der Ständerat will nach einem neuen Vorschlag nur «ausschliesslich im öffentlichen Interesse tätige Schutz- und Rettungsdienste» von den Gebühren befreien. Der Nationalrat will auch private Organisationen befreien.
Weitere drei Differenzen betreffen technische Details. Der Nationalrat wird sich in der nächsten Woche ein drittes Mal mit der Vorlage befassen.
(oli/sda)