Digital
Schweiz

Netzneutralität: Parlament will kein Zwei-Klassen-Internet

netzneutralität
Internetprovider drängen seit Jahren auf das Zwei-Klassen-Internet.

Hat das Parlament gerade unser Internet gerettet? – Es soll kein Zwei-Klassen-Netz geben

In der wichtigen Frage der Netzneutralität haben sich Stände- und Nationalrat auf einen Kompromiss geeinigt: Die Vorlage befindet sich somit auf der Zielgerade – und für uns User hätte es schlimmer kommen können.
07.03.2019, 12:2507.03.2019, 14:05

Netzneutralität ist der Grundsatz, dass Datenpakete im Internet gleichbehandelt übertragen werden sollen. Internetprovider wie Swisscom drängen jedoch seit Jahren auf das Zwei-Klassen-Internet, um den rasant wachsenden Datenverkehr besser bewältigen zu können. Verfechter der Netzneutralität sagen hingegen, es gehe darum, sowohl den Internetfirmen als auch den Konsumenten das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Das Ziel der Provider: Online-Dienste, die mehr bezahlen, sollen schneller transportiert, andere allenfalls ausgebremst werden können. Damit würde das bislang geltende Prinzip der Netzneutralität aufgegeben. Das Parlament hat der weiteren Aufweichung der Netzneutralität nun aber Grenzen gesetzt.

Künftig soll der Grundsatz lauten: Provider wie Swisscom, Sunrise oder Salt sollen bei den Spezialdiensten (z.B. internetbasiertes Fernsehen) die Angebote flexibel gestalten können, solange dies die Qualität der Internetverbindung nicht verschlechtert. Spezialdienste sind demnach von Providern zusätzlich zum Internetanschluss angebotene Dienste, welche über dieselbe Leitung übertragen werden – etwa die Sprachtelefonie über Mobilfunk der vierten Generation (VoLTE) und bestimmte digitale Fernsehdienste (IPTV).

Der Bundesrat hatte lediglich Transparenz schaffen wollen: Internetanbieter sollten darüber informieren müssen, wenn sie Informationen bei der Übertragung technisch oder wirtschaftlich unterschiedlich behandeln. Dem Parlament ging das aber zu wenig weit. Es ist sich einig darin, eine Pflicht zur Netzneutralität im Gesetz zu verankern.

Niemand erklärt Netzneutralität besser als John Oliver.Video: YouTube/LastWeekTonight

Der Entscheid ändert nichts daran, dass die Netzneutralität international unter Druck ist. Kritiker befürchteten daher schon lange, dass sich mächtige Konzerne wie Google, Facebook und Netflix künftig bei Internetprovidern eine Überholspur im Internet kaufen – während der Rest auf die Schleichspur abgedrängt wird.

Auch bei der Finanzierung von Anschlüssen haben die Räte einen Konsens gefunden. Der Ständerat hatte zunächst vorgeschlagen, dass Liegenschaftseigentümer weitere Anschlüsse nur dulden müssen, wenn Mieter sie verlangen und die Kosten übernehmen. Nach dem Willen des Nationalrats sollen sie es auch dann tun müssen, wenn Fernmeldedienstanbieter die Kosten übernehmen. Diese Version hat die kleine Kammer nun stillschweigend akzeptiert.

Streit um Umgang mit Kinderpornografie

Umstritten bleibt eine Regelung zur Kinderpornografie und anderen verbotenen pornografischen Inhalten. Der Ständerat hielt mit 32 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung daran fest, dass Fernmeldedienstanbieter verbotene Pornografie nicht nur sperren, sondern Verdachtsfälle auch dem Bundesamt für Polizei fedpol melden müssen. Der Nationalrat lehnte eine solche Meldepflicht bisher ab.

Ebenfalls noch keine Einigkeit herrscht bei der Frage, ob Blaulichtorganisationen von den Verwaltungsgebühren für die benutzten Funkfrequenzen befreit werden sollen. Der Ständerat will nach einem neuen Vorschlag nur «ausschliesslich im öffentlichen Interesse tätige Schutz- und Rettungsdienste» von den Gebühren befreien. Der Nationalrat will auch private Organisationen befreien.

Weitere drei Differenzen betreffen technische Details. Der Nationalrat wird sich in der nächsten Woche ein drittes Mal mit der Vorlage befassen.

(oli/sda)

Diese super-nützlichen Apps solltest du unbedingt kennen

1 / 45
Diese super-nützlichen Apps solltest du unbedingt kennen
Die App Photomath zeigt den Lösungsweg von Matheaufgaben. Man richtet die Kamera auf den mathematischen Ausdruck und schon wird das Resultat mit der Schritt-für-Schritt-Lösung auf dem Display angezeigt. Die App hat eine Handschrifterkennung und unterstützt Gleichungssysteme, Logarithmen, Ableitungen, Integrale etc.
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
36 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Markus97
07.03.2019 13:50registriert August 2018
Ich denke man darf auch mal loben. Schön das Schweizer Politiker ein solches Gesetz (fast) ohne Druck und aus Eigeninitiative ausarbeiten.
10
Melden
Zum Kommentar
avatar
BesserLinksAlsRechts
07.03.2019 14:18registriert Juli 2016
"Internetprovider wie Swisscom drängen jedoch seit Jahren auf das Zwei-Klassen-Internet, um den rasant wachsenden Datenverkehr besser bewältigen zu können."

Das ist eine reine Heuchelei und dient rein dem Zweck noch mehr Geld zu verdienen.
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
Pedro878
07.03.2019 13:12registriert Februar 2015
Ich frage mich was der Sc.... soll; Das Internet wurde nicht von den providern erfunden, finanziert oder entwickelt. Wir die Konsumenten bezahlen den Ausbau der Leitungen (Fiber) und 5G Antennen. Vor allem wir due Bevölkerung zahlen mit Abstand mehr als alle anderen (auch sunrise und salt ist nicht viel besser). Was mich zu der Frage bringt: wie kann es swisscom und co einfallen uns die wichtigsten Finanzierer beschneiden zu wollen??
00
Melden
Zum Kommentar
36
10-Millionen-Limit für Schweiz hat laut Umfrage gute Chancen – die Sonntagsnews
Bei der Grossbank UBS könnten bis 2027 weltweit 10'000 Stellen gestrichen werden und die geplante Investitionssumme von 200 Milliarden Dollar für die USA gibt Rätsel auf: Das und mehr findet sich in den Sonntagszeitungen.
Eine Umfrage von «Tamedia» und «20 Minuten» hat eine 48-Prozent-Zustimmung oder eher Zustimmung zur SVP-Initiative «Keine Schweiz über 10 Millionen» ergeben. 41 Prozent der 10'917 Befragten hätten die Vorlage abgelehnt, während 11 Prozent unentschlossen seien, berichteten die «SonntagsZeitung» und «Le Matin Dimanche». 88 Prozent der SVP-Sympathisanten hätten die Initiative gutgeheissen, während Anhänger der Linken sie klar verworfen hätten. Wähler von FDP und Mitte seien stark gespalten. Der Initiativtext verlangt ein Eingreifen ab 9,5 Millionen Einwohnern und könne zur Kündigung internationaler Abkommen wie der Personenfreizügigkeit führen, was Wirtschaftsvertreter und die parlamentarische Mehrheit beunruhige. Der Nationalrat hat die Initiative bereits abgelehnt. Gemäss Bundesamt für Statistik könnte die Schweiz 10 Millionen Einwohner bis 2040 und 10,5 Millionen bis 2055 erreichen, wobei das Wachstum ab 2035 vollständig auf die Einwanderung zurückzuführen wäre. Ohne Zuwanderung würde die Bevölkerung hingegen stark sinken.
Zur Story