Die Demokraten kapitulieren – doch Trump ist nicht aus dem Schneider
Nach fast sechs Wochen zeichnet sich ein Ende des Shutdowns in Washington ab. Am späten Sonntagabend hat der Senat in Washington grünes Licht für einen Kompromiss gegeben, der die Öffnung der Amtsstuben der amerikanischen Bundesregierung ermöglichen soll – vielleicht schon in ein paar Tagen, wenn alles gut geht.
Möglich wurde dieser Durchbruch, weil eine ausreichend grosse Zahl von Demokraten sich an den alten Kinderreim «Der Gescheite gibt nach und der Esel bleibt stehen» erinnerte. Die Senatoren stimmten mit Ja, obwohl sie in diesem historisch langen Shutdown ihr gesetztes Ziel verfehlten.
Die Oppositionspartei hatte seit Anfang Oktober immer wieder versprochen, nur dann in ein Ende des Shutdown einzuwilligen, wenn Washington etwas tue, um eine Explosion der Krankenkassenprämien zu verhindern. Die Republikaner weigerten sich aber, hier ein Zugeständnis zu machen. Nun knickten acht moderate Demokraten ein, zum grossen Ärger vieler Parteifreunde. «Unsere Strategie hat nicht funktioniert», begründete, etwas lakonisch, am Sonntag ein Mitglied der demokratischen Fraktion im Senat die Kapitulation.
Druck auf Trump bleibt bestehen
Doch so richtg freuen können sich die Republikaner über ihren Sieg nicht. Denn das Grundproblem, das vorige Woche auch für die Niederlage der Partei von Präsident Donald Trump an der Wahlurne verantwortlich war, bleibt bestehen: Die amerikanischen Lebenskosten sind hoch und viele Wählerinnen und Wähler finden, dass der Präsident nicht energisch genug gegen hohe Krankenkassenprämien oder steigende Stromkosten vorgeht.
Stattdessen feiert Trump in seinem privaten Anwesen in Florida dekadente Partys oder er empfängt im Weissen Haus ausländische Politiker. Am Freitag sprach der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban vor, am Montag folgt der neue syrische Herrscher Ahmed al-Scharaa.
Der politische Burgfriede, der am Sonntag vom Senat genehmigt wurde, soll bis Ende Januar gelten. In der Praxis bedeutet dies, dass die Republikaner in Washington, die in beiden Kammern des Kongresses den Ton angeben, drei Monate Zeit haben, um eines der komplexesten Probleme in der amerikanischen Politik zu lösen – und einen mehrheitsfähigen Vorschlag zu präsentieren, wie das Krankenkassenwesen reformiert werden könnte.
Und wenn sie das nicht schaffen, dann droht im Wahljahr 2026 eine weitere Retourkutsche der Wähler. Dafür werden zumindest die schätzungsweise 22 Millionen Bürgerinnen und Bürger sorgen, die ab dem Januar keine Prämienverbilligungen mehr bekommen und deshalb massiv höhere Krankenkassenrechnungen bezahlen müssen.
Trump kann das verhindern, indem er seine Partei endlich davon überzeugt, dass die grösste Volkswirtschaft der Welt ein funktionsfähiges Krankenversicherungssystem braucht, das sich alle Amerikanerinnen und Amerikaner leisten können. Das ist Knochenarbeit und einen Friedensnobelpreis kann Trump damit nicht gewinnen. Aber politisch würde sich der Einsatz lohnen, für den Präsidenten, seine Republikanische Partei und nicht zuletzt für das amerikanische Volk. (aargauerzeitung.ch)
