Ein angeblich gescheiterter Test mit einer Atomrakete setzt die britische Regierung unter Druck. Laut einem Bericht der «Sunday Times», die sich auf einen hochrangigen Vertreter der Marine berief, war im Juni 2016 eine Trident-II-D5-Rakete aufgrund eines «ernsten Defekts» vom Kurs abgekommen und für eine gewisse Zeit in Richtung der US-Küste unterwegs gewesen. Die vom U-Boot «HMS Vengeance» vor dem US-Staat Florida abgeschossene Rakete war nicht mit einem Sprengkopf bestückt.
Der missglückte Test, laut dem Marinevertreter ein «katastrophaler Fehlschlag», habe die Führung der britischen Regierung und Armee in «grosse Panik» versetzt – zumal sich der Zwischenfall zu einem für London äusserst ungelegenen Zeitpunkt ereignete. Wenige Wochen nach dem Test, im Juli 2016, stimmte das britische Parlament nämlich über die Erneuerung des britischen Atomwaffenprogramms ab.
Die vier veralteten U-Boote der «Vanguard»-Klasse, die die «Trident»-Raketen tragen, sollen durch neue Boote ersetzt werden. Das Projekt wird bis zu 41 Milliarden Pfund (rund 50 Milliarden Franken) kosten.
Man habe beschlossen, den Vorfall zu vertuschen, um das britische Atomwaffenprogramm nicht in Misskredit zu bringen, sagte die anonyme Quelle aus Marinekreisen. Während des Tests hatte noch David Cameron an der Spitze der Regierung gestanden, doch am 23. Juni hatte ihn Theresa May in dieser Funktion abgelöst.
May gelang es, eine grosse Mehrheit der Abgeordneten zur Annahme des U-Boot-Erneuerung zu bringen. Während der Debatte erwähnte sie den missglückten Test mit keinem Wort.
(dhr)