Die italienische Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung auf die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen ausgeweitet. Hintergrund sei der Verdacht, dass Mitglieder vor der Küste Libyens Migranten aufgenommen hätten, deren Sicherheit nicht unmittelbar in Gefahr gewesen sei, verlautete am Samstag aus Justizkreisen.
Erst am Mittwoch hatte die Küstenwache das Flüchtlingsrettungsboot Iuventa der deutschen Organisation Jugend Rettet im Mittelmeer gestoppt und zur Insel Lampedusa eskortiert. Die Aktivisten würden der Beihilfe zur illegalen Einwanderung aus Libyen verdächtigt, erklärte die Staatsanwaltschaft. Es war das erste Mal, dass Italien ein Flüchtlingsrettungsboot festsetzte.
Die «Ärzte ohne Grenzen» erklärten, sie seien nicht über die Ermittlungen informiert worden, aber bereit, mit den Behörden zu kooperieren. Man hoffe, dass rasch alle Zweifel ausgeräumt werden könnten.
Die Regierung in Rom verlangt von acht Hilfsorganisationen, einen Verhaltenskodex zu unterschreiben, wenn sie im südlichen Mittelmeer unterwegs sind. Dazu gehört die Bereitschaft, einen bewaffneten Polizisten an Bord zu nehmen. In dieser Verpflichtung sieht die Organisation «Ärzte ohne Grenzen» ein Problem.
Die Organisation hatte in einem Brief an Innenminister Marco Minniti hervorgehoben, dass sie aus Rücksicht auf humanitäre Prinzipien der «Unabhängigkeit und der Neutralität» den Verhaltenskodex nicht unterzeichnen werde.
Jugend Rettet und Ärzte ohne Grenzen gehören zu den vier Organisationen, die den Kodex nicht unterzeichnet haben.
In diesem Jahr sind nach Angaben des italienischen Innenministeriums vor allem über Libyen mehr als 95'000 Flüchtlinge in den EU-Staat gekommen. 2230 Menschen – überwiegend Afrikaner – kamen bei der Überfahrt ums Leben. (sda/reu)