Nach dem versuchten Putsch Jewgeni Prigoschins steht sein Schicksal und auch dasjenige seiner Wagner-Söldner noch nicht definitiv fest. Wladimir Putin hat den Söldnern drei Optionen offeriert:
Prigoschin soll sich in Weissrussland niedergelassen haben, seine Ankunft bestätigte der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko am Dienstagabend.
Die grosse Frage, die sich nun stellt: Ist die Gefahr für Putin mit dem Abzug der Wagner-Söldner gebannt?
Diese Frage ist nicht abschliessend zu beantworten. Fest steht aber, dass Prigoschins Gruppierung nicht die einzige ist, die lieber jemand anderen an Russlands Spitze sehen würde.
Auch russische Partisanen versuchen schon seit Längerem, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu sabotieren.
ABC News hat mit einigen von ihnen gesprochen.
Es sind grosse Worte, die Caesar, der Anführer der Legion «Freiheit Russlands», gegenüber ABC News ausspricht:
Das Ziel seiner Organisation sei es, Russland zu befreien und das politische System, das sich während 23 Jahren unter Putin entwickelt habe, zu zerstören.
Russland habe einmal mehr einen Pfad der Aggression, der Gefangenschaft und der Zerstörung eingeschlagen, so Caesar weiter. Seine Organisation wolle dem ein Ende bereiten und wolle, dass Russland sich wieder nach innen wende und ein ruhiges, friedliches Leben führe.
Bekanntheit erreichte die Gruppe im Mai, als sie Dörfer in der russischen Belgorod Region stürmte. Das war das erste Mal seit Beginn des Kriegs, dass ein bewaffneter Angriff auf russischem Gebiet verübt wurde. Die Gruppe veröffentlichte bereits kurz vor dem Überfall ein Video auf Instagram, in dem sie ihre Aktionen ankündigte:
Während sowohl der Kreml als auch Belgorods Bürgermeister Vyacheslav Gladkov ukrainische Saboteure und Terroristen des Überfalls bezichtigten, stemmt sich Caesar gegen diese Kategorisierung:
Über das Wochenende bekam Caesar im Kampf gegen Putin in Form von Prigoschin plötzlich unerwartete Unterstützung. Allerdings nur in verbaler Form:
Auch innerhalb der Partisanengruppen selbst ist es teilweise nur die Anti-Putin-Haltung, die sich die Mitglieder teilen. Wie konkret ein Russland ohne Putin aussehen soll, da können die Meinungen auseinandergehen.
Wie Caesar aber gegenüber ABC News sagt, vertrete seine Gruppe hauptsächlich moderate, zentristische Ansichten.
Etwas anders sieht das beim Russischen Freiwilligenkorps unter der Führung des Neonazis Denis Kapustin aus. Beim Russischen Freiwilligenkorps handelt es sich nebst der Freiheit Russlands um die zweite bekannte Partisanengruppe. Zu ihr möchte Caesar keine Stellung nehmen. Er stellt aber klar:
Caesar erklärt, dass die Legion aus zwei Teilen bestehe. Es gebe einerseits eine Kampfeinheit, die beispielsweise an der Front agiere, andererseits eine Partisanenbewegung, die innerhalb Russland aktiv sei.
Einer, der diese Geschehnisse aktiv mitverfolgt und in Kontakt mit Partisanengruppen steht, ist Ilja Ponomarjew. Der ehemalige russische Abgeordnete stimmte 2014 als Einziger gegen die Annexion der Krim und lebt seither in Kiew im Exil. Er schätzt, dass derzeit etwa 1000 Menschen an solchen Partisanen-Aktivitäten beteiligt seien. Gegenüber ABC News erklärt er:
Das Ziel dieser Gruppen sei es, die Stabilität Putins zu zerstören und aufzuzeigen, dass der Krieg ins Leere laufe.
Tatsächlich haben Partisanengruppen im Laufe des vergangenen Jahres für diverse Vorfälle die Verantwortung übernommen. So etwa auch die Drohnenattacke über dem Kreml, Sabotageakte auf die Eisenbahn, Angriffe auf Ölraffinerien und nicht zuletzt Attentate auf bekannte Kriegsbefürworter. So etwa diejenigen auf Kriegsblogger Wladlen Tatarskij oder auf den Putin-Verbündeten Alexander Dugin, bei dem allerdings seine Tochter ums Leben kam.
Es war Ponomarjew, der das Dugina-Attentat verkündete und die Partisanengruppe Nationale Republikanische Armee als Drahtzieher nannte.
ABC News hatte die Möglichkeit, über einen Mann mit Nicknamen «Oakleaf» Kontakt zu einer Partisanengruppe aufzunehmen. Er bezeichnete sich selbst als Vermittler für eine der Partisanengruppen. Um welche es sich handelt, gab er nicht preis. ABC News wurde von ihm aufgefordert, ihm ihre Fragen mittels einer verschlüsselten Nachrichten-App zu schicken. Zwei Tage später erhielten sie die Antwort von drei vermummten Gestalten in Videoform.
Die Männer erklären, weshalb sie sich der Gruppe angeschlossen haben:
Für sie gebe es nur eine Art von Widerstand: den bewaffneten Widerstand.
Ob die Männer tatsächlich an Partisanenaktivitäten teilnehmen oder teilgenommen haben, konnte ABC News nicht verifizieren. Sie sandten ihnen Videos von Explosionen zu, von denen sie sagten, dass sie dafür verantwortlich seien.
Weiter erklären die Männer, dass sie stark dezentralisiert agierten, da der Zusammenschluss in grossen Gruppen eine grosse Bedrohung für das ganze Netzwerk darstellen würde.
Es gebe aber Zellen, die miteinander kommunizierten, so die Männer weiter. Viele seien aber autonom, was eine übliche Guerilla-Taktik darstelle.
Wie Caesar gegenüber ABC News erzählt, erhalte seine Partisanengruppe immer mehr Freiwillige. Jeden Tag würden sie Bewerbungen erhalten. Zudem würden die Partisanengruppen nun auch in russischen Medien anerkannt. Er hoffe, dass dies noch weitere Menschen inspiriere, sich dem Kampf gegen Putin anzuschliessen. Für den Präsidenten findet er klare Worte:
Und darum hat er ein erklärtes Ziel:
(saw)
Ich frage mich nur ob es eine besser Regierung sein wird. Werden sie ihre Legalisierung mit der Waffe oder an der Urne bestättigen.