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Arkansas plant acht Hinrichtungen in zehn Tagen – Der Grund ist grotesk

FILE – In this November 2005 file photo, Larry Greene, public information director of the Southern Ohio Correctional Facility, demonstrates how a curtain is pulled between the death chamber and witnes ...
Hinrichtung per Giftspritze: Blick in eine Todeskammer (hier in Ohio).Bild: Kiichiro Sato/AP/KEYSTONE

Arkansas plant acht Hinrichtungen in zehn Tagen – der Grund ist grotesk

03.04.2017, 07:3203.04.2017, 07:50
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Gegner der Todesstrafe sprechen bereits von Hinrichtungen wie am Fliessband: Weil bei einem der Mittel für die Giftspritze das Haltbarkeitsdatum abläuft, sollen im US-Bundesstaat Arkansas ab Mitte April acht zum Tode verurteilte Häftlinge in zehn Tagen hingerichtet werden.

Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten wäre es die grösste Hinrichtungswelle in den USA seit mehr als 40 Jahren. Der Grund für die Eile ist das Haltbarkeitsdatum der Vorräte an Midazolam, das bei Hinrichtungen als Betäubungsmittel verabreicht wird. Es läuft Ende April ab.

FILE PHOTO - Former Rep. Asa Hutchinson (R-AR), a consultant of the National Rifle Association, discusses the findings and recommendations of the National School Shield Program at the National Press C ...
Asa Hutchinson.Bild: Gary Cameron/REUTERS

Der republikanische Gouverneur von Arkansas, Asa Hutchinson, hat deshalb per Dekret angeordnet, bis Ende des Monats binnen zehn Tagen acht Verurteilte hinrichten zu lassen. Betroffen sind acht Männer, die im Schnitt seit 20 Jahren im Todestrakt sitzen.

Gegner der Todesstrafe verweisen darauf, dass Arkansas seit 2005 kein Todesurteil mehr vollstreckt hat. Gouverneur Hutchinson plant nun jedoch gleich vier Doppelhinrichtungen in zehn Tagen: Er will jeweils zwei Verurteilte am 17., 20., 24. und 27. April hinrichten lassen.

Makaberer Rekord

Nach Angaben des Death Penalty Information Center (DPIC) wurden seit der Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA im Jahr 1976 in keinem Bundesstaat acht Menschen innerhalb von zehn Tagen hingerichtet. Nur in Texas seien 1977 einmal acht Verurteilte in einem Monat hingerichtet worden.

Auch Doppelhinrichtungen seien äusserst «ungewöhnlich», erklärte das DPIC. In den vergangenen 40 Jahren seien in den USA nur zehn Mal zwei bis drei Menschen am selben Tag hingerichtet worden. Mehrere Doppelhinrichtungen in einer Woche habe es noch nie gegeben.

In den USA werden die tödlichen Substanzen für die Giftspritzen knapp, weil sich viele europäische Pharmafirmen weigern, den US-Behörden Nachschub zu liefern. Midazolam steht bereits seit langem in der Kritik, weil es offenbar nicht stark genug ist, um Schmerzen der Todeskandidaten zu vermeiden.

«Wilder Hinrichtungszeitplan»

Im April 2014 hatte der qualvolle Tod eines verurteilten Mörders bei einer Hinrichtung im Bundesstaat Oklahoma weltweit für Entsetzen gesorgt: Der Todeskampf von Clayton Lockett hatte nach einer Giftinjektion mit Midazolam 43 Minuten gedauert. Dabei wand er sich vor Schmerzen.

Die Hinrichtungen in Arkansas wurden durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Februar ermöglicht. Die Richter wiesen eine Klage gegen das dort übliche Verfahren für Exekutionen mit der Giftspritze ab.

In der vergangenen Woche reichten die betroffenen Häftlinge eine neue Klage ein: Die beschleunigte Vollstreckung ihrer Todesurteile gebe ihnen nicht genügend Zeit, um ihren Widerspruch vorzubereiten, erklärten die Männer. Durch den «wilden Hinrichtungszeitplan» werde jedem Kläger «irreparables Leid» zugefügt, schrieben sechs der acht Betroffenen in ihrer Klage.

«Staatlich sanktionierte Mordserie»

Hutchinson sagte, er wünsche sich eigentlich eine Verlängerung des Haltbarkeitsdatums für Midazolam «um mehrere Monate oder Jahre». Die Situation sei aber nun einmal nicht so. Zudem sei unsicher, ob die Behörden ein anderes Mittel beschaffen könnten, erklärte der Gouverneur. Die Hinterbliebenen der Opfer der Straftaten sollten nach jahrzehntelangen Verfahren nun aber nicht länger «mit Ungewissheit leben müssen».

Die konservativen Wähler in Arkansas dürften die Hinrichtungswelle unterstützen: Der Heimat-Bundesstaat des demokratischen Ex-Präsidenten Bill Clinton ist seit Jahren fest in republikanischer Hand.

Ausserhalb des landwirtschaftlich geprägten Staats im Süden der USA regt sich jedoch Protest. Der Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Kenneth Roth, nannte das «Eiltempo» bei den Hinrichtungen «grotesk». Die «New York Times» kritisierte Hutchinsons Begründung in einem Leitartikel als «absurd»: Der Gouverneur rechtfertige eine «staatlich sanktionierte Mordserie» mit dem «Haltbarkeitsdatum auf einer Flasche».

(nfr/sda/afp)

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33 Kommentare
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rolf.iller
03.04.2017 07:49registriert Juli 2014
Das müssen wohl alles gute Chisten sein, dort in Arkansas.
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Menel
03.04.2017 08:36registriert Februar 2015
Wem wird bei solchen Artikeln auch immer schlecht? 😟
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Fabio74
03.04.2017 08:37registriert März 2016
Echte Christen sind halt noch gute Menschen. Da sieht man wie wenig ein Menschenleben wert ist.
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