Angesichts anhaltender Konflikte haben die Länder im Nahen Osten in den vergangenen fünf Jahren deutlich mehr Waffen und Rüstungsgüter importiert. Das geht aus dem neuen Bericht des schwedischen Friedensforschungsinstituts Sipri hervor.
Die meisten Länder in der Region seien direkt an gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligt gewesen, erklärte Sipri-Experte Pieter Wezeman. Zwar habe es in Westeuropa und Nordamerika politische Debatten darüber gegeben, weniger Waffen in die Region zu liefern. «Trotzdem bleiben die USA und europäische Staaten die Hauptexporteure.»
Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut verglich den weltweiten Waffenhandel der vergangenen fünf Jahre mit dem Zeitraum 2008 bis 2012. Die Staaten des Nahen Ostens hätten ihre Importe mehr als verdoppelt, erklärten die Wissenschaftler. Fast jede dritte verkaufte Waffe (32 Prozent) sei in den vergangenen fünf Jahren in diese Region gegangen.
Insgesamt wuchs der internationale Waffenhandel - also Export und Import – um zehn Prozent. Mehr Rüstungsgüter flossen neben dem Nahen Osten auch nach Asien und Ozeanien, weniger – teils wegen Wirtschaftskrisen – nach Afrika und Amerika sowie nach Europa.
Grösster Waffen-Importeur blieb Indien mit einem Weltmarktanteil von 12 Prozent. «Die Spannungen zwischen Indien auf der einen Seite und Pakistan und China auf der anderen, befeuern Indiens wachsende Nachfrage nach Waffen, die sie selbst weiterhin nicht produzieren können», erklärte Sipri-Forscher Siemon Wezeman.
Zweitgrösster Importeur war Saudi Arabien, das seine Waffenkäufe mehr als verdreifachte, vor Ägypten, den Arabischen Emiraten und China. Die Volksrepublik fuhr ihre Importe um fast einen Fünftel zurück – laut Wezeman, weil sie zunehmend selbst Waffen produziert.
Chinas weltweite Waffenexporte nahmen daher auch deutlich um 38 Prozent zu. Das Land liefert vor allem nach Pakistan, aber auch nach Algerien und Bangladesch.
Weltgrösster Waffenexporteur bleiben die USA mit einem Marktanteil von 34 Prozent. Die Vereinigten Staaten steigerten ihren Export im Vergleichszeitraum um ein Viertel und verkauften Rüstungsgüter an 98 Staaten.
Die USA nutzen Waffenhandel nach Ansicht der Friedensforscher als aussenpolitisches Instrument, um strategische Partnerschaften zu schmieden. Rund jede zweite US-Waffe ging in den Nahen Osten.
Durch die Verträge, die unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama geschlossen wurden, habe die USA den höchsten Waffenexport-Stand seit den späten 90er Jahren erreicht, sagte Sipri-Expertin Aude Fleurant. «Diese Deals und weitere 2017 unterschriebene Verträge werden dafür sorgen, dass die USA in den kommenden Jahren der grösste Waffenexporteur bleiben.»
Das zweitgrösste Exportland, Russland, verkaufte 7.1 Prozent weniger Waffen. Deutschland, der weltweit viertgrösste Rüstungsexporteur, fuhr seine Verkäufe um 14 Prozent zurück. In den Nahen Osten aber verkaufte Deutschland laut Sipri trotz heftiger politischer Debatten doppelt so viele Waffen wie im Vergleichszeitraum.
Die grössten fünf Exporteure, zu denen auch Frankreich und China gehören, waren zwischen 2013 und 2017 für 74 Prozent aller Waffenausfuhren zuständig.
Die Importe der europäischen Staaten sanken um 22 Prozent. Nach Ansicht der Friedensforscher werden sie in den kommenden Jahren durch zunehmende Spannungen mit Russland aber wieder steigen.
So seien 2017 Verträge über Raketenabwehrsysteme geschlossen worden, die in den kommenden Jahren geliefert würden. Auch Verträge mit US-Firmen über Kampfflugzeuge trieben die Importzahlen wieder nach oben. (sda/dpa)