Hat Tara Welschinger einmal ihren Thermosbecher zu Hause vergessen, verzichtet sie auf den Coffee-to-go – ohne Ausnahme. Welschinger gehört seit 2015 der Zero-Waste-Bewegung an. Sie produziert so wenig Abfall wie möglich. Zusammen mit ihrem Partner und einem Kater sind es ungefähr vier 17-Liter Abfallsäcke pro Jahr, rechnet die 44-jährige Zürcherin vor. Als Vergleich: Beim Durchschnittsschweizer sind es 70 Säcke à 35 Liter jährlich.
Lange Zeit pendelte Welschinger zwischen Quartierläden und Märkten hin und her, um möglichst unverpackte Lebensmittel zu kaufen. Das kostete viel Zeit. Irgendwann hatte sie genug. 2017 eröffnete sie zusammen mit Freunden den ersten Zero-Waste-Laden in der Deutschschweiz. Im «Foifi» in Zürich gibt es seither Nudeln, Reis, Alkohol und Seife ohne Verpackungsmüll.
Welschinger verriet watson, wann sie das letzte Mal in der Migros einkaufen war und wie es genau mit dem WC-Papier aussieht.
... sehr viel Verpackungsmüll. Vor vier Jahren begannen mich die riesigen Mengen an Abfall, die wir täglich produzieren, zu stören. Ich setzte mir damals eine Challenge: Schaffe ich es trotz einem 100-Prozent-Job, keinen Abfall zu produzieren?
Ich begann zu recherchieren und stiess auf die Zero-Waste-Bewegung. Da hat es mir den Ärmel reingezogen. Meine Entdeckungsreise begann. Ich habe viel Zeit in Quartierläden, beim Metzger und auf dem Markt verbracht. Und habe festgestellt: Weniger Müll produzieren geht. Es braucht einfach etwas Planung.
Ich glaube, ich war seit 2016 nicht mehr in einem Migros oder Coop. Ich finde alle Dinge, die ich brauche, an anderen Orten – unverpackt, versteht sich.
... alle Spassprodukte und Convenience-Food. Bei mir gibt es keine Schoggiriegel oder Pommes-Chips. Obwohl ich Chips liebe und manchmal schon sehr fest vermisse. Aber es ist immer ein bewusster Verzicht.
Wenn ich Take-Away-Food hole, dann habe ich meine eigenen Behälter dabei. Und wenn ich den vergessen habe, dann esse ich wenn möglich vor Ort.
Auch im Bad geht es gut ohne Müll. Aktuell habe ich sieben Produkte, darunter festes Deo, feste Bodylotion und Haarseife. Recyceltes WC-Papier benutze ich. Aber auch da bin ich gerade mit einem Dusch-WC-Aufsatz am experimentieren. Und an Weihnachten schenken wir uns in der Familie keine eingepackten Geschenke, sondern Erlebnisse.
... qualitativ gute und ausschliesslich saisonale Lebensmittel. Die sind zwar etwas teurer, aber weil ich in anderen Bereichen praktisch nichts mehr konsumiere und nie mehr Dinge spontan einkaufe, habe ich einen Budgetüberschuss. Da bleibt auch mehr Geld übrig für schöne Aktivitäten oder eigene Projekte. Ich habe zum Beispiel ein Abo für die Oper. Das macht mir sehr viel Freude.
Ich wäre gern konsequenter, wenn es um meine Restaurantbesuche geht. Ich habe sehr gern Fleisch, möchte aber eigentlich in Zukunft öfter darauf verzichten und häufiger das vegetarische Menü ausprobieren.
... dass man sich bewusst ist, wem man sein Geld gibt. Wir arbeiten ziemlich hart dafür und sollten uns deshalb gut überlegen, für was man es wirklich ausgeben will. Nachhaltigkeit ist für Verantwortung als Konsument zu übernehmen. Und nicht jedem Spontankauf nachzugeben, sondern bewusster zu konsumieren.
..., dass wir zu wenig mutig sind aus dem eigenen Hamsterrad auszubrechen. Wir legen uns Ausreden zu recht – keine Zeit, kein Geld, keine Motivation. Wenn man aber all seinen Mut zusammen nimmt und sich dazu entscheidet, Neues zu entdecken, kommt sofort auch die Lust und Freude zurück.
Wir müssen wegkommen von dem Gedanken, dass man selbst nichts in dieser Welt verändern kann. Natürlich kann man! Am besten gleich bei sich selbst.
..., dass wir uns vom Elan und der Begeisterung des Klimastreiks anstecken lassen. Es gibt derzeit so viele tolle, nachhaltige Projekte – sei es im Bereich Ernährung, Energie, Fashion. Dieser Spirit gefällt mir. Ich wünsche mir, dass sich ganz viele davon begeistern lassen und vielleicht sogar bald an vorderster Front mit marschieren.
Ich habe als Chemielaborantin bei Christoph Blochers Ems-Chemie die Lehre gemacht.