Am Wochenende gab die Band Rammstein zwei Konzerte in Berlin. Sie seien «wieder zu Hause», sagte Frontmann Till Lindemann zum Abschied dem Publikum. Viele Menschen waren gekommen, um die Musiker spielen zu sehen. Doch es gab auch viele Protestierende.
Denn gegen Sänger Till Lindemann stehen Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs im Raum. Nachdem die Irin Shelby Lynn nach einem Konzert in Litauen Ende Mai öffentlich über ihre Erfahrungen rund um ein Rammstein-Konzert berichtet hatte, meldeten sich mehrere Frauen und erklärten, dass sexuelle Handlungen mit dem Sänger nicht einvernehmlich stattgefunden hatten. Es gilt weiter die Unschuldsvermutung.
Ein Bericht von NDR und «Süddeutscher Zeitung» lässt nun vermuten, dass sexuelle Übergriffe von Bandmitgliedern schon viel früher stattgefunden haben, als bisher angenommen. Im Fokus der Recherche steht nicht Till Lindemann, sondern Keyboarder Christian Flake Lorenz.
Die damals 17-jährige Jasmin Stevens, der Name wurde von NDR und SZ geändert, traf Till Lindemann 2002 bei einer Autogrammstunde. Sie war in ihn verknallt, erinnert sie sich. Später ging sie mit Freunden in eine Bar im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg. Dort habe sie Lindemann und Flake getroffen, die beiden waren damals schon Weltstars. Lindemann habe das Mädchen gefragt, ob sie nicht ohne ihre Freunde mit in Flakes Landhaus in Brandenburg kommen wolle, sie willigte ein.
Den Musikern erzählte Stevens nach eigener Aussage zunächst, sie sei 22 Jahre alt, habe aber ihr wahres Alter verraten, als sie im Landhaus ankamen. Trotzdem hätten die Männer ihr Schnaps und Bier gegeben. Auch die beiden selbst tranken viel, so erinnert sich Stevens.
Die junge Frau habe später ein seltsames Gefühl bekommen, erklärt sie heute. Ihr Mund habe sich extrem trocken angefühlt. Die Wände haben den Eindruck gemacht, als würden sie sich bewegen. Nachdem Lindemann schlafen gegangen sei, habe auch sie sich in einem der Zimmer im oberen Stockwerke hingelegt.
Flake habe sich dann neben sie gelegt. Sie sei wie betäubt gewesen, konnte sich nur noch wegdrehen. Der Musiker habe sie wieder zurückgedreht und Sex mit ihr gehabt. Sie habe das nicht gewollt, aber auch nicht nein sagen können, geschweige denn sich wehren. Sie habe einfach nur dagelegen.
Flake, der damals Mitte 30 war, hätte merken müssen, dass sie mindestens stark betrunken gewesen sei. Sie sei einfach nicht mehr bei Sinnen gewesen, erinnert sich Stevens.
Ihre Aussage versicherte sie an Eides statt. Das Erlebte präge sie bis heute. Sie sei in Therapie gewesen. Aufzeichnungen der Therapeutin, Fotos von der Autogrammstunde und Aussagen von ehemaligen Arbeitskolleginnen und Freundinnen liegen NDR und SZ vor. Auch die Zeugen versicherten ihre Aussagen an Eides statt.
Flake äusserte sich bereits zu den Vorwürfen und liess sie durch seine Anwälte zurückweisen. Es ginge um seine Intimsphäre, ausserdem handele es sich um unzureichend belegte Tatsachen. Till Lindemann liess bei einer Anfrage konkrete Fragen unbeantwortet.
Eine weitere Frau berichtet von ähnlichen Erfahrungen. Sie liegen noch länger zurück. Sybille Herder, auch ihr Name wurde geändert, war 22 Jahre alt, als sie einige Rammstein-Mitglieder traf. Es war nach einem Konzert in Gera, der grosse Durchbruch der Band sollte erst zwei Jahre später erfolgen.
Herder sei nach dem Konzert mit mehreren Personen ins Hotel gegangen. Die Gruppe habe in einem Pool und danach im Hotelzimmer gefeiert. Darunter sollen auch Lindemann und Flake gewesen sein. Herder habe irgendwann das Bewusstsein verloren und sei am Morgen nackt auf dem Boden aufgewacht. Neben ihr habe Flake gelegen.
Sie habe unter starken Unterleibsschmerzen gelitten. Sie habe vorher bereits und auch danach wieder Sex gehabt, doch niemals habe sich ihr Unterleib so «zerfetzt» angefühlt wie damals. Sybille Herder habe kaum zur Strassenbahn laufen können, auch mehrere Tage danach habe sie heftige Schmerzen gehabt.
Doch sie habe sich nicht mehr daran erinnern können, was in dieser Nacht passiert sein könnte. Für ihre Schmerzen habe jeder auf dieser Party verantwortlich sein können. Nie wieder habe sie in ihrem Leben einen Filmriss gehabt, erklärt Herder. Sie versicherte ihre Aussagen an Eides statt.
Sie habe lange geschwiegen, bis Lindemann im März 2020 das Gedicht «Wenn du schläfst» veröffentlichte. Sie sei fassungslos gewesen, dass er wirklich öffentlich über die Vergewaltigung einer unter Drogen gesetzten Frau schreibe. Sybille Herder habe einen Brief an den Kiwi-Verlag, in dem Lindemanns Gedichtband erschienen ist, formuliert, aber nicht abgeschickt. Eine PDF-Datei liegt NDR und SZ vor, den Metadaten ist das Datum 2020 zu entnehmen.
Im April 2020 wendete sich Herder an den SWR, der zu dem Gedicht eine Rezension veröffentlicht hatte. Der Sender bestätigte den Erhalt der Nachricht und bedauert auf Nachfrage von NDR und SZ nie geantwortet zu haben. Auch an den Weissen Ring richtete sich Herder, die Falldokumentation liegt NDR und SZ vor.
Sowohl Flake als auch Lindemann liessen die Vorwürfe durch ihre Anwälte zurückweisen und verwiesen gleichzeitig auf ihre Intimsphäre. Ausserdem handele es sich um unzureichend belegte Tatsachen. Es gilt weiter die Unschuldsvermutung.
Verwendete Quellen:
Vor allem der Punkt, dass die Frauen unabhängig voneinander und bevor (!) dem Aufschrei die konkreten Vergewaltigungsvorwürfe bereits zu Papier gebracht haben - respektive mit ihren Therapeuten geteilt.
Denke, nun wird der Wind in der Öffentlichkeit drehen, falls sich diese Story als wahr herausstellt.
Ich frage mich aber auch warum die Bandmitglieder nicht einfach ehrlich zu ihren Fans waren? Warum haben die den weiblichen Fans nicht einfach offen und ehrlich gesagt das sie nach dem Konzert eine wilde Sexparty feiern wollen? Ich denke es hätte genug Freiwillige gegeben die sich darauf eingelassen hätten ohne Betäubung und Vergewaltigung.
Ich erinnere mal a den Satz: Not every man, but every woman.
Nicht jeder Mann belästigt/missbraucht, aber jede Frau hat in irgendeiner Form Belästigung und/oder Missbrauch erlebt.
Das gibt es in so vielen Formen, als Frau schenke ich nicht automatisch Glauben, doch die Quantität überrascht mich nicht. Was traurig ist.