Vor zwei Wochen traten diverse Stadträte und Fussballpräsidenten vor die Medien. Es ging, wie schon viele Male zuvor, um Massnahmen gegen die Fangewalt. Seit Anfang dieses Jahres haben die Stadt Zürich und die beiden Stadtzürcher Clubs GC und FCZ in zwei verschiedenen Arbeitsgruppen intensiv am Gewaltproblem gearbeitet.
Die Arbeitsgruppe, genannt «Doppelpass», prüft unter anderem eine effektivere Identifizierung und De-Anonymisierung von Gewalttätern. Helfen sollen dabei mobile und temporäre Videokameras. Diese haben laut Polizeikommandant Daniel Blumer dafür «nachweislich die beste Wirkung».
Doch nun regt sich Widerstand gegen die Videoüberwachung. Laut den beiden Zürcher Gemeinderäten Luca Maggi (Grüne) und Christina Schiller (AL) fehlt für diese Form der Überwachung die rechtliche Grundlage. Mit einem Postulat fordern er und Schiller einen sofortigen Stopp der Überwachung von öffentlichen Brennpunkten oder eine klare Kennzeichnung derselben mit Hinweisschildern oder Piktogrammen.
Sogenannte Brennpunkte ohne ausreichende Rechtsgrundlage verdeckt videoüberwachen? Das muss sofort gestoppt werden. Ausserdem sollen sämtliche polizeilichen Überwachungskameras vor Ort gekennzeichnet werden. Postulat von @SchillerCricri und mir. https://t.co/45ZFk12KyY
— Luca Maggi (@LucaMaggiJG) 27. September 2018
Rückendeckung erhalten die Gemeinderäte vom Zürcher Rechtsanwalt Viktor Györffy. «Überwacht die Polizei öffentliche Räume mit Videokameras, muss zwingend ein Schild oder ein Piktogramm daraufhin hinweisen», erklärt Györffy. Das ist aktuell nicht der Fall. Denn laut Polizeikommandant Blumer sind bereits zwei mobile Kameras an öffentlichen Brennpunkten im Einsatz. Wo diese Kameras sind, ist nicht bekannt.
Die Polizei stützt sich dabei auf Artikel 32 im Polizeigesetz ab. Laut Györffy handelt es sich dabei jedoch um den falschen Artikel. Gemäss dem Rechtsanwalt müsste eigentlich Artikel 32b zum Tragen kommen.
Denn Artikel 32 bezieht sich auf polizeiliche Observationen, während Artikel 32b die Audio- und Videoüberwachung regelt. «Polizeiliche Observationen zielen üblicherweise auf konkrete Personen», erläutert Györffy. Observiert werde beispielsweise häufig im Drogenmilieu. Kameras an öffentlichen Brennpunkten aufzustellen, sei jedoch keineswegs eine Observation, sondern eine typische Videoüberwachung. «Man hat den Eindruck, dass sich die Polizei in eine andere gesetzliche Grundlage flüchtet, um nicht auf die Videoüberwachung hinweisen zu müssen», so Györffy.
«Das Bundesgericht hat in zwei Entscheiden festgehalten, unter welchen Voraussetzungen die Polizei Videoaufnahmen machen darf», so Györffy. Es brauche deshalb eine gesetzliche Grundlage, welche die genauen Vorgaben des Bundesgerichts einhält. Dazu gehört, dass die Öffentlichkeit durch Hinweistafeln, Anzeigen auf Bildschirmen oder in anderer geeigneter Weise auf den Einsatz von Audio- und Videogeräten aufmerksam gemacht wird. «Genau um diesen Vorgaben nachzukommen, ist Artikel 32b geschaffen worden», folgert Györffy.
Gemeinderat Maggi hofft auf die Annahme des Postulats durch den Gemeinderat. «Es geht hier darum, dass sich die Polizei auch bei scheinbar unliebsamen Gruppen an gesetzliche Grundlagen halten muss», so Maggi. «Solche Massnahmen werden immer zuerst bei Gruppen ausprobiert, die gerade im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Irgendwann wird es dann auch im grossen Stil eingesetzt.» Er wolle nicht in einer komplett überwachten Gesellschaft leben. «Städte wie New York oder London, wo der ganze öffentliche Raum überwacht wird, sind nicht sicherer als Zürich», so Maggi.