Schweiz
Blogs

Littering in den Bergen und auf Wanderwegen – das kannst du dagegen tun

gemini ki-generierte bilder zum thema littering in den bergen clean-up-day
Abfall in den Bergen ist für die Natur und die Wildtiere ein Problem. Hier zum Glück ein Bild «nur aus der Fantasie» der Künstlichen Intelligenz.Bild: Gemini (KI-generiert)
Rauszeit

So wird das Abfall-Problem in den Bergen bekämpft

Wandern ist beliebt wie nie. Und wo immer mehr Menschen unterwegs sind, da folgen oft auch Probleme. Zum Beispiel der Abfall. Wie hat sich das in den letzten Jahren verändert und was wird dagegen unternommen?
15.09.2025, 10:2715.09.2025, 10:27
Mehr «Schweiz»

2009 war es eigentlich nur ein April-Scherz. In einem Video stellte Schweiz Tourismus die «Swiss Mountain Cleaners» vor. Die Felsenputzer waren rund um Engelberg im Einsatz, damit die Schweizer Berge sauber bleiben. Die Resonanz auf das Thema war riesig.

Die Swiss Mountain Cleaners von Engelberg: 1.-April-Scherz 2009. Video: YouTube/felsenputzer

Das Thema Abfall und Littering ist – nicht nur in den Bergen – aktueller denn je. Gemäss der letzten grösseren Befragung des Verbands Schweizer Wanderwege gehört herumliegender Abfall, neben Lärm und dem motorisierten Verkehr, zu einem der Hauptärgernisse beim Wandern. Denn wegzudiskutieren ist es nicht: Abfall stört, insbesondere in der Natur.

Das gilt übrigens nicht nur für Taschentücher, PET-Flaschen oder irgendwelchen Plastik, sondern auch für Grünabfalle – insbesondere exotische Lebensmittel und Eierschalen, die in der heimischen Natur nur langsam abgebaut werden. Das Thema «Toilettenstopp» ist ein weiterer Punkt, für welchen die Schweizer Wanderwege und der Schweizer Alpen-Club SAC mit der Kampagne #ScheissMoment sensibilisieren.

Mit dem Problem ist die Schweiz nicht alleine, die ganze Welt ist betroffen. In Estland versammelten sich 2008 rund 50'000 Menschen, um das Land von Müll zu befreien. Daraus entwickelte sich der World Cleanup Day, der 2018 erstmals stattfand. 2024 kam er auf den Kalender der UNO, 2025 finden am 20. September diverse Aufräumaktionen statt.

Bei uns wurde 2007 das Schweizer Kompetenzzentrum gegen Littering IGSU gegründet. Ziel der IGSU ist es, «mit Präventions- und Sensibilisierungsmassnahmen die Bevölkerung darauf aufmerksam zu machen, dass Abfall nicht auf den Boden gehört».

Am 19. und 20. September wurde der Nationale Clean-Up-Day 2025 ausgerufen. Schulen, Vereine, Gemeinden oder Firmen sollen dann eine Aufräum-Aktion durchführen. Es werden rund 65'000 Helferinnen und Helfer erwartet. Wo dies überall der Fall ist, zeigt die IGSU auf einer Übersichtskarte.

Mit dabei ist auch die Region «Wiege der Schweiz», welche beispielsweise mit der Aktion «Weniger Chritz» auf der Klewenalp-Stockhütte die Skipiste von losen Steinen befreit und gleichzeitig Abfall einsammelt oder das Engadin mit einer eigenen Aktion.

Je nach lokalen Begebenheiten kann die Verrottung auch länger dauern. Bei Taschentüchern sei dies teilweise auch erst nach fünf Jahren der Fall.

Gibt's wirklich immer mehr Littering?

Genaue Zahlen hierzu sind nicht verfügbar. Klar ist, dass Abfall in der Natur stört und besonders auffällt. Das IGSU führt seit 2015 Umfragen durch. Gemäss Geschäftsleiterin Nora Steimer zeigt sich: «Das Littering-Ausmass ist seit einigen Jahren stabil. Es nimmt nicht zu.» Im letzten Bericht zeige sich, dass sich die Situation gar etwas entspanne. Wichtig sei zu erwähnen, dass sich die Bevölkerung oft an Littering stört.

Auf Anfrage bei den Schweizer Wanderwegen schreibt Mediensprecherin Patricia Cornali: «Durch Rückmeldungen, die wir von Fachleuten und den Verantwortlichen vor Ort erhalten, haben wir den Eindruck, dass das Problem nach wie vor sehr präsent ist, beziehungsweise tendenziell weiter zugenommen hat.»

gemini ki-generierte bilder zum thema littering in den bergen clean-up-day
So wie es sich die KI hier vorstellt, sieht es glücklicherweise nirgends aus.Bild: Gemini (KI-generiert)

Lucie Wiget, Fachmitarbeiterin Freier Zugang & Naturschutz, vom SAC sieht bei den meisten Berggängern weniger Problem: «Früher wurden Dosen und weitere Abfälle auf den Gipfeln und bei den Hütten weggeworfen. Heute sind die meisten Berggängerinnen und Berggänger für das Thema sensibilisiert und nehmen ihre Abfälle wieder mit.»

Geholfen haben hier auch die Aktionen des SAC. Wiget sagt: «Dank der Clean-Up-Aktionen ist die Umgebung der Hütten sauberer als zuvor und durch die Verteilung von Müllsäcken in den Hütten zum Sammeln von Abfällen werden die Wanderer für das Problem sensibilisiert und bringen ihren Müll und den Müll, den sie unterwegs finden, ins Tal zurück.»

Für Karin Gaiser, Geschäftsführerin Region Klewenalp-Vierwaldstättersee, ist auf Anfrage klar: «Es ist einfach eine Tatsache, dass viel Abfall rumliegt. Und je mehr rumliegt, desto mehr wird auch weggeworfen.» Dazu kommt: «Bei Campingplätzen wurde Abfall zuletzt häufiger auch einfach dort gelassen. Zwar, schön gesammelt in einem Plastiksack, aber halt einfach an Ort und Stelle gelassen.»

Ein Littering-Problem hat(te) in ihrer Region der Niederbauen Chulm. Weil dort das Wildcampen stark zunahm und die Besucher dann einfach irgendwo ihre Notdurft erledigten, wurde auf diese Saison hin ein Zeltverbot erlassen. Gaiser sagt: «Wir versuchten es mit Hinweistafeln, dass man Abfall mitnehmen und sein Geschäft nicht auf die Weide verrichten soll. Aber das nützte nichts. Ein Verbot ist für mich immer die schlechteste Variante.» Betonen will sie aber auch, dass sich die grosse Mehrheit ans korrekte Abfallentsorgen halte.

Niederbauen mit dem Niederbauen Chulm
Die Bergstation Niederbauen mit dem Chulm im Hintergrund wurde in den letzten Jahren ein immer beliebteres Ausflugsziel.Bild: Region Klewenalp/Christian Maugg

Dem kann André Wolfensberger, Marketingchef von Engelberg Titlis zustimmen: «Littering ist auf unseren Wanderwegen glücklicherweise kein Problem. Wir beobachten, dass auf dem Berg immer weniger Abfall liegen bleibt.» An stark frequentierten Orten stelle man Abfalleimer auf und leere diese regelmässig.

Was sind die Gründe dafür?

Es gibt keine abschliessende Antwort für (vermehrtes) Littering. Studien wurden dazu keine publiziert, Daten fehlen weitestgehend.

Klar ist: Littering ist nicht nur in den Bergen ein Thema, sondern auch in der Stadt. Die Bilder der mit Abfall übersäten Wiesen am Zürcher Seebecken sind einigen noch präsent. In der Schweiz sollen Bussen fürs Littering bekanntlich vereinheitlicht werden.

gemini ki-generierte bilder zum thema littering in den bergen clean-up-day
Auch Bananenschalen oder anderer Grünabfall sollte nicht in der Natur entsorgt werden.Bild: Gemini (KI-generiert)

Das Problem ist dabei natürlich die Kontrolle und Durchsetzung der Bussen. Zu den Ursachen für Littering erklärt die IGSU, dass nicht Sackgebühren oder volle Abfallkübel das Problem seien. Vielmehr sei Littering ein gesellschaftliches Problem «einer modernen Gesellschaft mit hohem Unterwegskonsum, zunehmender Mobilität und fehlender Sozialkontrolle». Zu jenen, die am meisten litteren, gehören demnach Menschen, die das Wegwerfen von Abfall als cool empfinden oder der Meinung sind, dass ja ohnehin geputzt wird.

Dies fällt auch an Orten auf, wo vermehrt in der freien Natur oder auf einem Parkplatz mit dem Büssli übernachtet wird. Zudem seien seit der Coronapandemie mehr Leute in den Bergen unterwegs, welche für das Thema Littering nicht sensibilisiert wurden. «Darum sind Aufklärungs-Kampagnen wichtig», sagt Wiget.

Dem stimmt Nora Steimer, Geschäftsleiterin IGSU IG saubere Umwelt, zu: «Um das Littering in der Schweiz weiter einzudämmen, braucht es Einstellungs- und Verhaltensänderungen in der Bevölkerung. Jede und jeder muss die paar Schritte zum Kübel gehen und seine Abfälle richtig entsorgen und Wertstoffe recyceln.»

Was wird unternommen?

Neben dem nationalen Clean-Up-Day setzen verschiedene Organisationen und Tourismusdestinationen ihre eigenen Aufräum-Aktionen durch.

Der SAC klärt beispielseweise seit Jahren mit der Kampagne #cleanmountains auf. Der erste Clean-Up des Verbands fand 2006 bei der Claridenhütte statt und wird seither mehrmals jährlich organisiert. Dieses Jahr bei der Garschinahütte (25. Juli), Cabane Bertol (6. & 7. September) und der Gspaltenhornhütte (7. bis 9. September).

gemini ki-generierte bilder zum thema littering in den bergen clean-up-day
Clean-Up-Days finden in der Schweiz an verschiedenen Orten statt.Bild: Gemini (KI-generiert)

Die Schweizer Wanderwege machen auf ihrer Website auf das Thema aufmerksam, lancierten die erwähnte #ScheissMoment-Kampagne und prüfen eine weitere, um die Wanderer zu sensibilisieren.

In Tourismus Destinationen führen beispielsweise Engelberg oder Davos eigene Aufräumtage durch. In Engelberg einmal von den Brunni-Freunden organisiert (Termin für 2026 noch unklar), einmal in Zusammenarbeit mit den lokalen Schulen, welche zudem vor und nach dem Event Theorieblöcke zum Thema Umwelt/Littering durchführen.

In Davos wird neben dem jährlichen Mountain Clean-Up Davos auch ein zweiwöchiges «Umweltschutzcamp» mit einer tschechischen Studentengruppe durchgeführt, welche jedes Jahr rund um das Jakobshorn den Abfall beseitigt.

Und dann gibt es noch die Clean-Up-Tour, welche in der Schweiz jährlich mehrere Aufräumtage durchführt und wo man sich immer freiwillig anschliessen kann.

Ja, die Auswahl ist nicht vollständig, du kannst weitere Clean-Up-Tage gerne in den Kommentaren teilen.

Und was kann ich tun?

Die einfache Antwort: Wirf nichts zu Boden. Wenn du in den Bergen bist, nimm deinen Abfall wieder mit nach Hause und entsorge ihn dort fachgerecht. Natürlich hat es teilweise Abfalleimer auf Berghütten oder Alpbeizli. Aber du erleichterst allen das Leben, wenn du dein Zeugs einfach selbst wieder runterträgst.

Wichtig ist auch: Abfall in der Natur stört nicht nur das Auge, er schadet auch der Umwelt und den Wildtieren. Lucie Wiget sagt: «Hinterlassen Sie keine Spuren, nehmen Sie Ihren Abfall mit und benutzen Sie für Ihre Toilettenbedürfnisse die vorhandenen Infrastrukturen. Ist dies nicht möglich, entfernen Sie sich mindestens 50 Meter von Gewässern und sammeln Sie Ihr Toilettenpapier ein.»

gemini ki-generierte bilder zum thema littering in den bergen clean-up-day
Vorbildlich sammelt dieser Wanderer den Abfall zusammen.Bild: Gemini (KI-generiert)

Ebenfalls eine kleine Geste, die alle in den Bergen umsetzen können: Nimm einen Plastiksack mit und sammle den Abfall auf den Wegen direkt ein (Sack umgedreht direkt als «Handschuh» nutzen). Patricia Cornali erläutert dazu: «Das Problem wird durch diese Massnahme zwar nicht komplett gelöst, aber bei über vier Millionen Menschen, die in der Schweiz regelmässig wandern, kann das richtige Verhalten des Einzelnen durchaus einen Unterschied machen.»

Und übrigens ...

Der eingangs erwähnte April-Scherz mit den Felsenputzern löste ein derart grosses Echo aus, dass es in der Folge tatsächlich zweitägige «Kurse» fürs «Berge putzen» gab. Die Ausbildung zum Felsenputzer und das dazugehörige Diplom gab es einfach als «Gag» mit dazu. Im «Kurs» ging es sehr klassisch einfach ums Aufräumen und Säubern der Wanderwege und Alpen. 2012 wurden die Felsenputzer von Engelberg gar im Globi-Buch «Globis Reise ins Herz der Schweiz» verewigt.

Der Event selbst büsste in den folgenden Jahren stark an Nachfragen ein. Er wurde dann an die Brunni-Freunde übergeben, welche ihn mit dem «Felsenputzer-Frontag» weiterführten.

Reto Fehr

Man muss die Schweiz verdammt gut kennen, wenn man sie besser kennen will als Reto Fehr. Mit seiner Tour dur d'Schwiiz radelte er 2015 alle damals 2324 Gemeinden ab. Entstanden ist daraus das preisgekrönte Buch Tour dur d'Schwiiz. Als einer von wenigen besuchte er somit schon jede Gemeinde der Schweiz. In der Folge absolvierte Reto die Ausbildung zum Wanderleiter des Schweizer Bergführerverbandes SBV und ist in seiner Freizeit meist in der Natur unterwegs, wozu er dich auf seinem Instagram-Account immer mal wieder mitnimmt. Als Mitglied des Rätsel-Kollektivs geoblog.ch lässt er die User zudem mehrmals wöchentlich die Schweiz in Bildern entdecken.

Mehr anzeigen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Diese Falle frisst Abfall, bevor er ins Meer gelangt
1 / 12
Diese Falle frisst Abfall, bevor er ins Meer gelangt
Der Grossteil des Plastikmülls in den Meeren wird über Flüsse eingetragen. Mit einer neuentwickelten Abfangvorrichtung will die Organisation «The Ocean Cleanup» diesen Zustrom nun auf ein Minimum begrenzen.
quelle: ap / peter dejong
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Wir Schweizer sind Abfallsünder
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
19 Kommentare
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Snowy
15.09.2025 10:38registriert April 2016
War grad am Samstag auf einer Klassiker-Wanderung.

Wahnsinn wieviel Zigi-Stummel, Caprisonne-Verpackungen und PET Flaschen auf 2000 M.ü.M. rumliegen!!

Habe auf der Hütte (war eine Rundwanderung) deswegen den Hüttenwart angesprochen: Er meint, das Abfallproblem nehme 1:1 zu mit einer neuen Personengruppe, welche man früher nicht am Berg angetroffen hat.
Menschen, die auch auf der SAC-Hütte, wo alles teuer hochgebracht werde muss, ein Bett mit Fixleintuch erwarten, ein grosses Zmorgebuffet mit veganen Optionen etc.
Das alles dann aber doch noch zum Preis einer Jugendherberge im Flachland.
421
Melden
Zum Kommentar
avatar
Rikki-Tiki-Tavi
15.09.2025 10:34registriert April 2020
Subjektiv nehme ich das Littering sehr wohl vermehrt wahr. In den Bergen, und auch in den Dörfern und Städten. Dabei müsste doch ganz einfach nur jeder jeden Ort so hinterlassen, wie er ihn vorfindet.
300
Melden
Zum Kommentar
avatar
PlusUltra
15.09.2025 10:47registriert Juni 2019
Danke für die Bilder, die haben echten Mehrwert generiert! /s Geht das schon unter online-Littering?

Der Artikel selber selber ist top! Der Tipp mit dem Müllsack mitnehmen und unterwegs was auflesen sollten wir alle mehr beherzigen. Schade, dass sowas überhaupt nötig ist.
323
Melden
Zum Kommentar
19
Tessiner Priester misshandelte Kinder sexuell: «Wurde von teuflischer Präsenz verführt»
Ein Tessiner Geistlicher wurde wegen neunfacher sexueller Nötigung und vierfachen sexuellen Handlungen mit Minderjährigen zu 18 Monaten bedingt verurteilt.
In christlichen Kirchen kommt es seit rund 2000 Jahren zu sexuellen Übergriffen. Dank ihrer Machtstellung konnten Geistliche jahrhundertelang ungehindert ihr Unwesen treiben und ihre sexuellen Begierden ausleben.
Zur Story