Die Vertretung der Geschlechter im Bundesrat soll rechtlich geregelt werden. Der Ständerat hat sich am Mittwoch knapp für eine weiche Frauenquote für die Landesregierung ausgesprochen. Nun ist der Nationalrat am Zug.
Die kleine Kammer hiess am Mittwoch eine parlamentarische Initiative von Raphaël Comte (FDP/NE) mit 20 zu 17 Stimmen bei einer Enthaltung gut. Im Bundesrat müssen heute die Landesgegenden und Sprachregionen angemessen vertreten sein. Das schreibt die Bundesverfassung vor. Eine angemessene Vertretung der Geschlechter verlangt sie nicht.
Der Ständerat ist der Ansicht, dass dies geändert werden muss - gegen den Willen seiner vorberatenden Kommission. Eine Mehrheit war der Ansicht, dass die Vertretung der Frauen nicht eine Frage des Zufalls sein sollte. Die Bundesversammlung müsse sich um eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter zu bemühen.
«Wir würden den Gedanken der Konkordanz vervollständigen», sagte Hans Stöckli (SP/BE). Werner Luginbühl (BDP/BE) erklärte, die Vertretung der Geschlechter sei zwar selbstverständlich. Es wäre aber ein wichtiges Zeichen, um Frauen zu ermuntern, sich politisch zu engagieren.
Die Formulierung der Initiative lässt nach Ansicht der Ratsmehrheit der Bundesversammlung auch genügend Spielraum, um situativ zu entscheiden, welche Kriterien wichtiger sind. «Es geht nicht um eine klassische Frauenquote», stellte Comte im Rat klar.
Er rief in Erinnerung, dass es in der ersten Phase einer parlamentarischen Initiative schlicht darum gehe, ob Handlungsbedarf bestehe. Er sei bereit, den Text nach den Wünschen des Rates zu modifizieren. Géraldine Savary (SP/VD) konstatierte, die Politik bleibe sonst eine Männerwelt.
Peter Föhn (SVP/SZ) hatte im Namen der Kommission argumentiert, die Berücksichtigung beider Geschlechter spiele bereits heute eine grosse Rolle. Es liege an den Parteien, potentielle Frauenkandidaturen für den Bundesrat aufzubauen.
Die Vertretung der Landesgegenden und Sprachregionen seien zentrale staatspolitische Kriterien. Im Gegensatz dazu habe das Kriterium des Geschlechts nicht Verfassungsrang. Es stelle sich auch die Frage, welches der Kriterien Vorrang haben solle, wenn sie in Konkurrenz zueinander gerieten.
Die Handlungsfreiheit der Bundesversammlung bei Wahlen sollte nicht durch weitere Kriterien eingeschränkt werden. Roland Eberle (SVP/SZ) gab zu bedenken, es gebe schon genügend Probleme, sieben Menschen für die komplexe Aufgabe im Bundesrat zu finden.
Aktuell sitzen im siebenköpfigen Bundesrat mit Doris Leuthard und Simonetta Sommaruga nur zwei Frauen. Für kurze Zeit waren die Frauen in der Mehrheit gewesen: Zwischen dem Amtsantritt von Sommaruga im November 2010 und dem Rücktritt von Micheline Calmy-Rey Ende 2011 gehörten vier Frauen dem Bundesrat an.
Danach waren es bis zum Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf 2015 noch drei. Elisabeth Kopp war 1984 als erstes weibliches Mitglied in die Schweizer Landesregierung gewählt worden. Insgesamt sassen bisher erst sieben Frauen im Bundesrat, gegenüber mehr als hundert Männern. (sda)