Der sonst so zurückhaltende Didier Burkhalter überraschte am Mittwoch mit seinem Rücktritt das ganze Land – seither schiessen die Spekulationen über seine Nachfolge ins Kraut. Endlich wieder ein Tessiner muss es für die einen sein, unbedingt eine Frau für die anderen, Hauptsache ein klar bürgerlicher Rechtsfreisinniger für die Dritten. Klar ist einzig: Die Schweiz erhält einen neuen Aussenminister oder eine neue Aussenministerin. Ob ein amtierender Bundesrat ins EDA wechselt oder Burkhalters Nachfolger auch gleich dessen Departement übernimmt, ist noch offen.
Dem alles dominierenden Polit-Thema der Woche konnte sich auch die «Arena» nicht verschliessen. Weil über die Nachfolge Burkhalters noch nicht mehr bekannt ist, als dass der Sitzanspruch der FDP unbestritten ist und der Freisinn den Sitz in der lateinischen Schweiz belassen will, verkam die Sendung zu einem Spagat.
Bereits wenige Stunden nach Burkhalters Rücktritt am Mittwoch stellte Moderator Jonas Projer auf Twitter seinen Zuschauern zwei Fragen, die im schweizerischen Politsystem nur bedingt zusammenhängen: «Was wollen Sie für einen Aussenminister? Und welche Europapolitik?» Die Antworten auf beide Fragen blieb die Sendung schuldig.
Entlang dieser Leitplanken sollte sich Projers Diskussion mit seinen Gästen bewegen: Die Präsidenten von SVP und FDP, Albert Rösti und Petra Gössi, SP-Fraktionschef Roger Nordmann und die Walliser CVP-Nationalrätin Viola Amherd, Vizepräsidentin ihrer Fraktion. Am Experten-Pult sass Europarechts-Professorin Christa Tobler von der Uni Basel.
Als einziger «Arena»-Gast mit Sitzplatz hatte Tobler das Privileg, sich in ihrer Funktion als Expertin mit Hilfe eines Buzzer-Knopfs in die Diskussion einzuschalten, wenn sie das für nötig befand. Die Professorin am wortwörtlichen Drücker war in dieser Beziehung keinesfalls zurückhaltend – und platzte damit auch mal mitten in ein Gespräch zwischen Albert Rösti und einem Vertreter des Pro-EU-Vereins NEBS.
Projers Team gab sich reichlich Mühe, damit die Debatte Fahrt aufnahm. Um das zu erreichen, hatte es mehrere Video-Einspieler vorbereitet. Bereits nach zwei Minuten strahlte den Zuschauern Wladimir Putin entgegen, der Didier Burkhalter die Hand schüttelte. Nach diesem Video-Rückblick auf Burkhalters Amtszeit sollten die Gäste ihr Urteil über den abtretenden Aussenminister fällen.
Damit begann die Diskussion bereits nach altbekannten parteipolitischen Mustern zu verlaufen – und blieb den Rest des Abends so. Überraschende Einsichten für die Zuschauer kamen dabei nicht heraus. Zu Themen wie den Bilateralen oder der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative können kommunikativ begabte Schweizer Politiker unterdessen im Schlaf referieren – wegen dieser Vorhersehbarkeit ging der Sendung die Spannung verloren.
Albert Rösti etwa kritisierte Burkhalter erwartungsgemäss für seinen Einsatz für ein Rahmenabkommen mit der EU. Der SVP-Präsident griff zum Schlagwort des «Unterwerfungsvertrags». Auch den Rest des Abends gelang es dem Berner, den Standpunkt seiner Partei mit Hilfe von einfachen, aber effektiven Parolen rüberzubringen und so seine Redezeit optimal auszunutzen.
Hingegen liess sich Rösti von dem – trotz seinen sprachlichen Nachteilen als Romand – rhetorisch ebenso geschmeidigen SP-Fraktionschef Roger Nordmann überraschend einfach provozieren. In diesen Momenten liess Rösti sein sonst so ausgeglichenes Gemüt im Stich, was jeweils unsouverän wirkte.
Besser machte er es, als Nordmann sich Applaus abholte, indem er sich für ein schärferes Waffenrecht aussprach, wie es der Bundesrat im Einklang mit den Schengen-Staaten beschliessen will. Röstis augenzwinkernde Reaktion: «Was ist das für ein linkes Publikum heute im Saal?»
Inhaltlich hingegen zog sich die Flaute hin. Auch als Projer seine Gäste bat, die eigenen Wunschvorstellungen an den neuen «Mister X» der Aussenpolitik zu formulieren, spulten diese in erster Linie das aussenpolitische Programm der eigenen Partei herunter. Die «Arena»-Macher hatten ein Stelleninserat für die neue EDA-Führungskraft kreiert. Doch auch humorige Job-Anforderungen wie «mehr Energie als Superman» vermochten die Debatte nicht aus den vorgezeichneten politischen Bahnen zu heben.
Für dringend benötigte Auflockerungen sorgte immer wieder auf humorvolle Art CVP-Frau Viola Amherd. Den ersten Lacher hatte sie auf ihrer Seite, als sie klar machte, dass zur geforderten Volksnähe des neuen Bundesrates mehr gehöre, als «auf jedem Bierfest» aufzutauchen.
Das wohl unbeabsichtigte Eingeständnis, dass das Experiment der «Arena»-Macher gescheitert ist, kam von FDP-Präsidentin Petra Gössi. Die Schwyzer Nationalrätin war sichtlich ermüdet von einer anstrengenden Woche, die ihr nach dem Burkhalter-Rücktritt mächtig Arbeit beschert hatte. Weniger als 30 Minuten nach Sendebeginn kam sie zum Schluss, dass man eigentlich noch gar nicht über das Rahmenabkommen mit der EU diskutieren könne, weil dessen Inhalt noch nicht bekannt ist.
In der Folge blieb der Schlagabtausch um dieses europapolitische «Pièce de résistance» denn auch ein parteipolitisches Schaulaufen. Weil nebst dieser inhaltlich mageren Debatte auch beim Casting des neuen «Superman-Aussenministers» nichts Zählbares herauskam, hielt sich der Erkenntnisgewinn für die Zuschauer in engen Grenzen.