Zyankali ins Essen von Flüchtlingen mischen, schlagen die einen vor. Andere beschimpfen Bundesrätin Simonetta Sommaruga und Regierungsrätin Susanne Hochuli, reimen über tote Asylsuchende. Diese Kommentare finden sich auf dem Facebook-Profil von Andreas Glarner.
Die «Schweiz am Sonntag» konfrontierte den SVP-Nationalrat Mitte Mai mit diesen Einträgen auf seinem Profil. Diese seien ihm nicht bekannt, sagte Andreas Glarner und bittet um Printscreens, damit er diese löschen könne. «Das ist völlig daneben und nicht mein Stil.» Das Mail mit fünf besonders heiklen Passagen seines Profils erhielt er kurz darauf.
Zwei Wochen sind seither vergangen – und die Einträge sind immer noch öffentlich zugänglich auf Andreas Glarners Facebook-Profil zu lesen. Unwidersprochen, ungelöscht – aber nicht unentdeckt.
Der Rapper Knackeboul etwa verbreitete auf Twitter einige Aussagen von Glarners Profil. Sein Kommentar: «Würden SVP-Hardliner jeden Verfasser rassistischer Kommentare auf ihren Profilen sperren, würde ihre Online-Community drastisch schrumpfen.»
diese und ähnliche kommentare findet man auf der fb-seite von @andyglarner - gelöscht werden sie nicht. pic.twitter.com/j1gGolgQaV
— Knackeboul (@Knackeboul) 20. Mai 2016
Juristisch gesehen handelt es sich bei den Einträgen auf Facebook um einen Graubereich. Allerdings könnten durchaus auch dem Betreiber eines Profils rechtliche Folgen drohen. Dieser müsse damit rechnen, für Äusserungen von Dritten, die persönlichkeitsverletzend sind, als Mitwirkender eingeklagt zu werden, sagt der auf IT-Fragen spezialisierte Jurist Martin Steiger.
Und: «In strafrechtlicher Hinsicht wäre ein Strafverfahren wegen Gehilfenschaft zur Rassendiskriminierung denkbar.» Bei einer Verurteilung würde eine Geldstrafe drohen. Da es sich bei Rassendiskriminierung um ein Offizialdelikt handelt, könnte jedermann Strafanzeige einreichen.
Martin Steiger spricht sich für eine grosszügige Auslegung aus, da angesichts der Masse an Kommentaren von einem Profilinhaber nicht erwartet werden könne, jeden einzelnen Eintrag zu prüfen. Wer jedoch einen Hinweis erhalte, müsse umgehend handeln.
«Spätestens von diesem Moment an steht man zweifellos in der Verantwortung.» Zum vorliegenden Fall sagt Steiger deshalb: «Der Seiten-Betreiber müsste sich vorhalten lassen, dass er trotz Wissen um die Äusserungen nicht unverzüglich gehandelt hat.»
Auf die nach wie vor ungelöschten Einträge angesprochen, erklärt Andreas Glarner: «Mir hat die Zeit und das technische Wissen gefehlt, um die Kommentare zu löschen.» Während des Telefongesprächs setzt er sich an den Computer in seinem Büro und bittet um Erklärung, wie die Einträge zu finden und entfernen sind.
Rechtliche Konsequenzen aufgrund der Äusserungen auf seinem Facebook-Profil fürchte er nicht, sagt er. Einer möglichen Anzeige sieht der SVP-Nationalrat gelassen entgegen. Er kündigt bereits juristische Gegenwehr an: «Ich würde einen Musterprozess in Kauf nehmen, um eine solch absurde Praxis zu verhindern.» Als Politiker habe man schlicht nicht die Zeit, um alle Kommentare zu lesen und zu überprüfen.
(aargauerzeitung.ch)