Am 12. Februar stimmt die Schweiz über die erleichterte Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern dritter Generation ab. Personen also, deren Grosseltern ungefähr zur Zeit des zweiten Weltkrieges eingewandert oder geboren sind.
Nach einem bisher eher lau verlaufenen Abstimmungskampf investiert ein Hardliner-Komitee um SVP-Nationalrat Andreas Glarner doch noch einen unbekannten Betrag in eine Plakat- und Display-Kampagne, deren Motiv sich mittels Provokation selbständig in den sozialen Netzwerken und den Medien verbreiten soll.
«Unkontrolliert einbürgern?», fragt das Komitee auf den Plakaten und: «Nein zur erleichterten Einbürgerung». Dazu drapiert sie das Sujet der aus vorangehenden Kampagnen bestens bekannten grimmig dreinguckenden Burkaträgerin. Werden etwa Burkaträgerinnen eingebürgert, wenn die Schweiz den Bundesbeschluss über die erleichterte Einbürgerung von Personen der dritten Ausländergeneration annimmt? Saudi-Araberinnen? Afghaninnen? Und das unkontrolliert?
Die Statistik zeigt anderes. Gerade mal 24'656 Menschen im Alter zwischen 9 und 25 Jahren kämen in der Schweiz überhaupt für die erleichterte Einbürgerung in Frage. Das sind 0,3 Prozent der aktuell in der Schweiz lebenden Bevölkerung:
Von diesen 24'656 Personen stammen gerade mal die Grosseltern von 334 von ausserhalb Europas. 99 Prozent der Menschen, die nach einem Ja zur erleichterten Einbürgerung in den Genuss des unbürokratischeren Verfahrens kämen, haben also gemäss Staatssekretariat für Migration (SEM) ihre Wurzeln in Europa.
Europäer tragen sehr selten Burkas. Und bei den 99 Prozent Ausländerinnen und Ausländern der dritten Generation handelt es sich nicht um Afghanen. Sondern vorwiegend um Personen mit italienischen Wurzeln, wie aktuelle Zahlen des SEM zeigen. Ganze 58 Prozent stammen aus dem südlichen Nachbarland Italien. Die zweitgrösste Gruppe stellen Personen, deren Grosseltern aus der Türkei eingewandert sind, dicht gefolgt von Spanien und Portugal.
Jene sollen also gemäss Glarners Hardliner-Komitee «unkontrolliert» eingebürgert werden. Das stimmt nicht ganz. Personen, die von einer erleichterten Einbürgerung profitieren könnten, müssen eine Reihe von Kriterien erfüllen. Sie dürfen unter anderem nicht älter sein als 25 Jahre, müssen in der Schweiz geboren und hier mindestens fünf Jahre zur Schule gegangen sein. Wenigstens ein Elternteil muss mindestens zehn Jahre in der Schweiz gelebt haben und ein Grosselternteil hier ein Aufenthaltsrecht erworben haben.
Zudem müssen die Betroffenen gut integriert sein, die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in der Schweiz kennen, einwandfrei eine Landessprache sprechen und ihre Lebenskosten eigenständig decken können sowie lupenreine Betreibungsregisterauszüge aufweisen. Es darf kein Strafverfahren gegen sie laufen und sie dürfen keinen Eintrag im Strafregisterauszug haben.
Mit diesen Einbürgerungsbedingungen und der Wartezeit gehört die Schweiz heute zu den Ländern mit den strengsten Einbürgerungspraxen Europas. Im EU-Vergleich bürgert die Schweiz pro 100 ansässiger Ausländerinnen und Ausländer bloss 1,7 ein. Der EU-Schnitt liegt bei 2,6.