Private Sicherheitsfirmen werden wegen Zertifikatspflicht mit Anfragen überhäuft
Bei der Einweihung des Zürchers Impftrams kam es am Montag zu einem Zwischenfall. Die Polizei führte einen 65-jährigen Schweizer ab, der Sicherheitsangestellte angegriffen haben soll.
Das Gesundheits- und Sicherheitspersonal in und um Impfzentren kriegt aktuell einiges ab. Grund dafür ist vor allem die seit Montag geltende Ausweitung der Zertifikatspflicht. Für den Besuch fast aller Freizeitaktivitäten muss ein QR-Code vorgewiesen werden. Das führt dazu, dass sich viele Menschen dazu gezwungen sehen, sich impfen zu lassen. Das führt bei einigen zu Frust, der dann das Gesundheitspersonal abbekommt. «Meine Leute an der Front sind gerade die Blitzableiter für diese Gesamtsituation», so Jan Fehr, Infektiologe und Leiter des Referenzimpfzentrums Kanton Zürich gegenüber der NZZ.
Mehr Diskussionen
Wer Schlange stehen müsse, reagiere ungeduldig oder unwirsch. «Ich bin natürlich froh darüber, dass sich die Leute impfen lassen wollen. Und wir versuchen, die Angebote auch so niederschwellig wie möglich zu halten – beispielsweise mit dem Impftram – eine Idee von unserem Team an der Uni Zürich. Aber etwas Geduld und Verständnis braucht es dennoch», sagt Fehr gegenüber watson.
Eine Studentin, die in einem Zürcher Impfzentrum arbeitet, beschreibt die Situation so: «Anders als vorher kommen jetzt viele Personen nicht ganz freiwillig. Wir müssen uns auf mehr Diskussionen einlassen.»
Auch im Kanton Aargau nehme man den Unmut der Leute deutlich wahr. «Wir stellen grundsätzlich fest, dass seit der Ausweitung der Zertifikatspflicht vermehrt Personen eher widerwillig zum Impfen erscheinen», heisst es von der Gesundheitsdirektion. Ob man deswegen das Sicherheitsdispositiv hochgeschraubt hat, darüber will man keine Auskunft geben. Nur so viel: «Die Situation wird laufend beurteilt. Wenn nötig werden weitere Massnahmen ergriffen.»
Zertifikatskontrollen werden ausgelagert
Bereits mehr Einsätze leistet der schweizweit tätige Sicherheitsdienstleister Securitas. Das habe aber mehr mit der Anzahl Menschen als mit der angespannten Stimmung zu tun: «Einerseits braucht es mehr Personal bei den Impfzentren, weil sich wieder mehr Menschen impfen lassen, andererseits erhalten wir derzeit viele Anfragen für Zertifikatskontrollen», sagt Urs Stadler, Leiter Kommunikation der Securitas Gruppe.
Neben den Impf- und Testzentren arbeite man auch mit Bildungsinstitutionen sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen zusammen. Die Kadenz an Anfragen sei momentan hoch, sagt Stadler. «Anders als noch im Frühling finden nun wieder Grossveranstaltungen statt. Hinzu kommt die Zertifikatspflicht und geimpft und getestet wird ebenfalls weiter.» Anfragen bestehender Kunden könne man noch gut handeln. «Bei neuen Anfragen wird es personell aber teilweise eng.» Securitas sei deshalb auch intensiv daran, neue Mitarbeitende zu rekrutieren, so Stadler.
Gastronomie lagert Kontrolle aus
Bei der Swiss Security Group, die in Graubünden, Wallis und Zürich Sicherheitsdienstleistungen anbietet, klingt es ähnlich. «Seit vergangenen Freitag kommen täglich Anfragen rein», so Projektleiter Bekim Mzi. Man habe das Wochenende durchgearbeitet, um für die kommende Woche vorbereitet zu sein.
«Vor allem Anfragen aus der Gastronomie nehmen zu. Viele mussten offenbar zuerst ausprobieren, ob sie die Zertifikatsprüfung mit dem eigenen Personal stemmen können und haben sich nun dazu entschieden, die Prüfung an uns auszulagern», erklärt Mzi.
Seit Beginn der Pandemie habe man doppelt so viel zu tun. «Im März 2019 begann es mit zahlreichen Einsätzen in Lebensmittelgeschäften, wo wir die Personenanzahl und das Einhalten der Maskenpflicht kontrollierten.» Nun sei die Kontrolle des Zertifikats in den Vordergrund gerückt. Die Anfragen könne man aktuell noch gut bewältigen. «Bei den Zertifikatskontrollen braucht es meist nur eine Person. Aber es ist schon viel los, da musste sogar ich bereits kurze Einsätze leisten», so Mzi schmunzelnd.
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