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Die Reaktion der Schweiz zum Atomwaffenverbot

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Ein Warnschild bei einem nuklear verseuchten Gebiet in Hanford, Washington, wo nach dem 2. Weltkrieg Plutonium für Atomwaffen produziert wurde.Bild: JIM LO SCALZO/EPA/KEYSTONE

Atomverbot: Was tut die Schweiz?

Ein neuer Vertrag verbietet Nuklearwaffen – die Atommächte boykottieren ihn.
07.07.2017, 03:2707.07.2017, 10:51
ANTONIO FUMAGALLI / Aargauer Zeitung

Heute Freitag schlägt im UNO-Hauptquartier in New York die grosse Stunde: Nach wochenlangen Verhandlungen wird aller Voraussicht nach ein Abkommen verabschiedet, das den Besitz, den Einsatz, die Weitergabe und die Entwicklung von Atomwaffen kategorisch verbietet.

Jetzt auf

Es wird davon ausgegangen, dass der Vertrag von den mehr als 130 teilnehmenden Staaten entweder im Konsens oder aber – sofern ein Land eine Abstimmung verlangt – mit nur wenigen Gegenstimmen angenommen wird. Damit wird (ähnlich wie für Chemie- oder Biowaffen) eine explizite, rechtlich verbindliche Norm gegen Nuklearwaffen geschaffen – was bisher nicht möglich war. Auch wenn die Anzahl der Atomwaffen letztes Jahr leicht zurückging, gibt es noch immer knapp 15000 Sprengköpfe.

Am Verhandlungstisch sass auch eine Delegation der Schweiz. Wie sich die Schweiz heute positionieren wird, will das Aussendepartement (EDA) nicht kommentieren. «Das hängt vom vorliegenden Vertragstext und von den Entwicklungen vor Ort in den letzten Stunden der Verhandlungen ab», hiess es gestern auf Anfrage.

Das EDA betont, Schritte hin zu einer nuklearwaffenfreien Welt «grundsätzlich zu unterstützen». Man hoffe, dass das Abkommen «die Abrüstung voranbringen kann», sehe aber natürlich auch das Risiko, dass zwar eine völkerrechtliche Norm geschaffen werde, die relevanten Staaten diesem Vertrag aber «kaum je beitreten werden».

Die Wichtigen fehlen

Das Aussendepartement spielt damit auf den grossen Schwachpunkt des neuen Vertrags an: Diejenigen Staaten, welche Atomwaffen besitzen, boykottierten den Prozess von Beginn an. Auch die Nato-Länder und Alliierten der USA blieben den Verhandlungen grossmehrheitlich fern.

Mit anderen Worten: Ob der Vertrag wirklich einen Mehrwert für die internationale Sicherheit und die nukleare Abrüstung bringt, ist höchst fraglich. Das Aussendepartement befürchtet gar, dass ausgehend vom neuen Abkommen «parallele Abrüstungsprozesse hervorgehen».

«Der Vertrag ist nicht perfekt, aber ein wichtiger Meilenstein bei der Ächtung einer Waffe, die so viel menschliches Leid wie keine andere anrichten kann.»
Annette Willi von ICAN Switzerland

Sprich: Dass der bereits bestehende Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NPT) oder das noch in Kraft zu tretende Teststoppabkommen unterminiert werden könnte. Zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich für das Atomwaffenverbot starkmachen, gehen jedoch davon aus, dass der NPT gestärkt wird. Dies, weil dieser die Mitgliedstaaten verpflichtet, in redlicher Absicht Verhandlungen über Massnahmen zur nuklearen Abrüstung zu führen.

Der neue Vertrag sei «natürlich nicht perfekt», sagt Annette Willi von ICAN Switzerland. «Aber er ist ein wichtiger Meilenstein bei der Ächtung einer Waffe, die so viel menschliches Leid wie keine andere anrichten kann.» Dass die Atommächte aufgrund des Abkommens nun ihr Nukleararsenal aufgäben, sei nicht zu erwarten.

Aber er löse eine internationale Dynamik aus, die mittelfristig auf eine nukleare Abrüstung hinauslaufen könne, so Willi. Verschiedentlich wurde der Atomverbots-Vertrag auch dafür kritisiert, dass er keine wirksamen Mechanismen für die Abrüstungskontrolle enthalte.

Für Marc Finhaut vom Geneva Centre for Security Policy war das jedoch nie dessen Ziel: «Die Atommächte müssen sich dafür untereinander auf einen Prozess einigen.»

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14 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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WayneTheBrain
07.07.2017 07:38registriert Dezember 2016
Super, dem Beispiel dieses Vertrags sollten viele weitere dolgen: Z.B. ein Regenwaldabholzungsverbot, unterzeichnet von allen Staaten ohne Regenwald. Oder ein Meerverseuchungsverbot, unterzeichnet von allen Binnenstaaten. Ein Abgasverbot für alle Velofahrer. Echt clever!
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atomschlaf
07.07.2017 07:32registriert Juli 2015
"Diejenigen Staaten, welche Atomwaffen besitzen, boykottierten den Prozess von Beginn an."
- Also ein nutzloser Papiertiger.
Aber Hauptsache, ein paar Delegierte können nach New York reisen.
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Ohniznachtisbett
07.07.2017 08:32registriert August 2016
Geiler Titel: Atomverbot... Die Menschheit kann viel. Sie kann Flüsse stauen und Autos bauen, sie kann durch die Lüfte fliegen und sogar den Weltraum erreichen. Was ihr nicht gelingen wird: Atome verbieten. Vielleicht klappts mit Atomwaffen oder gar mit Atomenergie. Aber die Atome wird die Menschheit beim besten Willen nicht verbieten können. ;)
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