Jeder vierte russische Diplomat in der Schweiz soll ein Agent sein, berichtete die SonntagsZeitung letzte Woche. Bereits im März 2017 hatte die Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren gegen zwei mutmassliche russische Spione eingeleitet. Dabei ging es um eine Cyberattacke auf die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA mit ihrem Europa-Sitz in Lausanne.
Die selben russischen Spione sollen im Frühjahr auf dem Weg zum Labor Spiez in den Niederlanden festgenommen und zurückgeschickt worden sein. Die vom Bund betriebene Einrichtung war an Analysen im Fall des vergifteten russischen Agenten Sergej Skripal und dessen Tochter in England beteiligt.
Aussenminister Ignazio Cassis gab in einem Interview mit Schweizer Radio und Fernsehen bekannt, dass in jüngster Zeit einige russische Diplomaten nicht akkreditiert wurden. Verschwiegen hat der Bundesrat aber den Grund: Hinter jenen Personen werden Agenten vermutet, wie der TagesAnzeiger schreibt. Der Kreml hat nun reagiert und einigen Schweizer Diplomaten die Akkreditierung ebenfalls verweigert.
Cassis will Russland klare Grenzen aufzeigen. «Wir hatten bereits dieses Jahr mehrmals bilaterale Kontakte auf verschiedenen Stufen, um ihnen klar zu sagen, dass wir solche Aktivitäten in der Schweiz nicht dulden werden», sagte Cassis. Nächste Woche werde er den russischen Aussenminister sehen und er werde ihm das auch noch direkt sagen. Aber: «Wir müssen eine Balance finden zwischen Klartext reden, was wir nicht dulden, und trotzdem Beziehungen zu diesem Land pflegen», sagte Cassis.
Russland dementiert nach wie vor, dass russische Geheimdienstmitarbeiter verantwortlich seien für die Kampfstoff-Attacken in England. Zu den Spionage-Affären in der Schweiz hat sich der Kreml noch nicht geäussert. In einem Facebook-Kommentar bezeichnete die russische Botschaft in Bern die Vorwürfe als haltlos und unbewiesen.
Eine Aufklärung der Spionageaffäre fordert indes die Politik. Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats hat den Vorfall in die Traktandenliste aufgenommen. Ebenso wird sich die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) von National- und Ständerat damit auseinandersetzten, wie der TagesAnzeiger berichtet. (vom/sda)