Vergangene Woche rutschte SVP-Bundesrat Albert Rösti bei einer Veranstaltung heraus, dass er sich «eher Trump» als US-Präsident wünschen würde. Später krebste er zurück. Trotzdem stellt sich die Frage: Ist heute ein Tag der Freude für die SVP?
Ja, zumindest bei SVP-Nationalrat Andreas Glarner. Im Interview mit CH Media sagt er:
Trump werde für Prosperität und für Frieden in Europa sorgen, ist Glarner überzeugt. Und er fügt hinzu:
Mit dem Ende von Verboten meint Glarner wahrscheinlich aber nicht Abtreibungsverbote, die unter Donald Trump wieder möglich wurden. Glarner ist überzeugt: «Jetzt werden wir wieder vorwärtsgehen.»
Glarners Haltung sollte nicht überraschen. Bereits bei Trumps erster Wahl zum US-Präsidenten 2016 outete sich Glarner öffentlich als Trump-Fan. In seinem Auto fuhr eine Zeit lang gut sichtbar ein MAGA-Chäppli mit.
Andere bekannte SVP-Exponenten halten sich mit einer Reaktion bewusst zurück. So sagt SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi gegenüber watson nur: «Die Wahl Donald Trumps ist der Wille des amerikanischen Volkes.» Er könne sich aber vorstellen, warum Trump gewonnen habe:
Aeschi glaubt darum, dass Trump bei der Wählerschaft mit seinem Slogan «Make America Great Again» besser Anklang gefunden habe.
Und was bedeutet Donald Trumps Sieg aus Aeschis Sicht für die Schweiz? «Das werden wir wahrscheinlich erst im Januar nach Trumps Vereidigung erfahren, wenn er sein Regierungsprogramm vorstellt», sagt Aeschi. Die Schweiz müsse sich dann entsprechend positionieren. Beispielsweise, wenn Trump wirklich jene protektionistische Wirtschaftspolitik vorantreiben wolle, die er angekündigt habe. «Dann wäre die Schweiz von hohen Handelsbarrieren betroffen», sagt Aeschi.
Für die SP ist heute kein Tag der Freude. Co-Präsidentin Matea Meyer meldet sich auf Instagram mit einem Video an ihre Follower zu Wort und sagt, sie sei noch immer im Schock und es sei einfach «so schlimm». Was würde man aus dieser Wahl lernen? «Dass du als Mann Frauen sexuell belästigen kannst, dafür sogar verurteilt werden kannst, und trotzdem wirst du der mächtigste Mann der Welt», so Meyer im Video.
Ähnlich geht es SP-Nationalrat Fabian Molina. Zu watson sagt er: «Ich bin sehr besorgt, was diese Wahl für die Welt bedeutet.» Wir würden in Zeiten von multiplen Krisen leben: Ukrainekrieg, Nahost-Konflikt, Klimawandel, Demokratien, die auf der ganzen Welt unter Druck stehen würden. Molina sagt:
Auch sicherheitspolitisch macht sich Molina für die Schweiz Sorgen. Der Sinn der NATO sei ja, dass es ein transatlantisches Bündnis sei, das Europa die Unterstützung der USA zusichere. Molina fügt an:
Der heutige Tag sei ein Wendepunkt für die Sicherheit in Europa, wie wir sie kennen würden. «Wenn Donald Trump wirklich die Unterstützung für die Ukraine einstellen wird, so wie er das angekündigt hat, ist das für Putin eine Einladung mit seiner imperialistischen Politik fortzufahren.» Für Molina sollte Europa diese Wahl deshalb als Zeichen dafür sehen, dass es näher zusammenrücken und Verantwortung übernehmen müsse.
Ebenso pessimistisch wie von der SP tönt es von der Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan. Sie sagt:
Und sie fügt an: «Die Wahl von Donald Trump wird die Welt unsicherer machen.»
Besonders besorgniserregend für Demokratien auf der ganzen Welt findet Arslan, dass mit ihm «ein mehrfach Vorbestrafter wegen seiner Rhetorik gewonnen hat». Nicht eine Person wegen seines Könnens. «Denn ich bin mir sicher, dass es auch hierzulande Leute geben wird, die seine Rhetorik und seinen Umgang mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit kopieren werden.»
Arslan ist zudem skeptisch, ob die Schweiz ihre guten Beziehungen mit den USA unter Trump aufrechterhalten kann. «Denn nun hat er wahrscheinlich eine Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus, im Senat sowie im Supreme Court und das kann Auswirkungen auf das System Check and Balances haben.»
Bei der Mitte hält man sich mit klaren Verurteilungen zurück. Und wählt dennoch das letzte Mittel für die Zukunft: Hoffnung. Mitte-Präsident und Nationalrat Gerhard Pfister sagt zu watson:
In seiner ersten Amtszeit habe Donald Trump sich mit qualifizierten Leuten umgeben. Pfister hofft, dass er dies auch während seiner zweiten Amtszeit tun wird. «Es sieht momentan aber nicht danach aus, als würde er das tun», sagt Pfister.
Trump habe bereits mehrere Hinweise gegeben, dass er sich von Europa distanzieren wolle. «Für Europa und die Schweiz bedeutet das, dass wir unsere Zusammenarbeit in der Sicherheitspolitik verstärken müssen», sagt Pfister. Im Wahlkampf versprach Donald Trump unter anderem, er werde innerhalb eines Tages für Frieden in der Ukraine sorgen. Solche Versprechen geben Pfister keine Hoffnung:
Auch seine Parteikollegin Elisabeth Schneider-Schneiter, die in der aussenpolitischen Kommission des Nationalrats sitzt, befürchtet: «Donald Trump wird für die geopolitische Stabilität der Welt eine Herausforderung sein.» Sie sei gespannt, welchen Kurs Trump im Nahost-Konflikt durchsetzen werde, ob er auf kurz- oder langfristige Lösungen hinarbeiten werde.
Auch GLP-Ständerätin Tiana Moser findet klare Worte für den heutigen Tag:
Einerseits aus sicherheitspolitischer Sicht: Trump habe die Zusammenarbeit der NATO infrage gestellt. Das sei mit Blick auf den Krieg in der Ukraine beunruhigend. Für Moser ist dies allerdings ebenso ein Zeichen dafür, dass die europäischen Länder ihre sicherheitspolitische Verantwortung selbst übernehmen müssten.
Andererseits ergäben sich aus wirtschaftspolitischer Sicht unter Trump weitere Herausforderungen. Die protektionistische Wirtschaftspolitik, die Trump bereits angekündigt hätte, sowie die allfälligen Gegenmassnahmen der EU könnten die Schweiz empfindlich treffen, glaubt Moser.
Und wieso kann sich nicht die Schweiz und ihre politischen Vertreter darum bemühen, ihren Teil an der europäischen Sicherheit beizutragen?
Ich hätte Harris gerne als Präsidentin gesehen. Aber wenn das alles nun dazu führt, dass wir Europäer uns endlich mal selbst um unsere ureigensten Interessen kümmern, dann hat die Trump Wahl vielleicht doch ihr Gutes.
Das ist ein Witz, oder? ODER?