Schweiz
Jugend

Das sind die wichtigsten Ergebnisse der Jugendbefragung ch-x.

Konservativer als die eigenen Eltern – 5 Grafiken zeigen, wie die heutige Jugend tickt

Heirat, Kind, Karriere, Langeweile.bild: shutterstock
Die grösste Jugendbefragung der Schweiz zeigt: Freie Liebe, Punk und Rebellion sind von gestern, Angepasstheit von heute. Die U20er wollen einfach nur heiraten und Kinder bekommen. 
27.10.2017, 10:3028.10.2017, 11:43
Helene Obrist
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Es ist wieder soweit: Die Studie «ch-x» präsentiert ihre Zahlen. Die Eidgenössische Jugendbefragung ist die umfassendste Analyse von jungen Erwachsenen in der Schweiz. Rund 52'000 Jugendlichen im Alter von plus minus 19 Jahren fühlt die Studie auf den Zahn. Das sind die wichtigsten Ergebnisse:

Konservative Wertvorstellungen, kein Interesse an Politik

Hilfsbereitschaft, Verantwortungsbewusstsein, Vergebung, Ehrlichkeit, Loyalität und Freundschaft sind für junge Erwachsene die wichtigsten Werte. Ganz nach dem Motto YOLO (You only live once) gewichten Jugendliche den Lebensgenuss ebenfalls sehr hoch.

Werte wie soziale Macht, Besitz, Autorität, das Gesicht in der Öffentlichkeit wahren und Gehorsam, Selbstdisziplin, Höflichkeit, Eltern und ältere Leute in Ehren halten ist für Jugendliche nicht wichtig. Unterdurchschnittlich wenige kreuzten bei der Umfrage diese Werte an. 

Wer Eltern mit einem höheren Bildungshintergrund hat, steht mehr für Werte wie Offenheit und Wandel ein. Für Jugendliche, die in ländlicher Umgebung leben, sind Sicherheit, Konformität und Tradition wichtig. 

Auch befragt wurden die Jugendlichen nach ihren wichtigsten Lebensbereichen. Freundinnen und Freunde stehen für die meisten an erster Stelle. Politik und das Verhältnis zu Gott ist für wenige von zentraler Bedeutung. 

Welche Lebensbereiche sind dir wichtig? 

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Lesebeispiel: 98 Prozent der 33'000 befragten 19-Jährigen geben an, dass Freundinnen und Freunde für sie sehr wichtig sind. grafik: piktochart/helene Obrist

Der Mann arbeitet, die Frau kümmert sich um die Kinder

Rund 69 Prozent der befragten 19-Jährigen geben an, dass sie eines Tages heiraten wollen. Das ideale Heiratsalter liegt für sie zwischen 25 bis 30 Jahren. Die meisten sehen die Heirat als etwas Romantisches und sie gilt als Voraussetzung, um eigene Kinder zu haben. 

Grösser als der Wunsch zu heiraten ist jener nach der Gründung einer Familie. 73 Prozent wünschen sich ein Kind. Dieser Wunsch ist aber an bestimmte Bedingungen geknüpft, wie eine stabile Beziehung oder ein ausreichendes Einkommen. Frauen und Männer wünschen sich mehrheitlich zwei Kinder. 28 Prozent der befragten Frauen gibt an, sich drei Kinder zu wünschen. Als ideales Alter, um Kinder zu bekommen, wird 28 genannt.

Bei der Gestaltung des Familienlebens bevorzugen Jugendliche ein traditionelles Rollenmodell. Alternative Familienmodelle, in denen zum Beispiel die Frau arbeitet und der Mann nicht, können sich nur die wenigsten vorstellen. 

Welches Familienmodell wünschst du dir?

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Lesebeispiel: 42 Prozent der befragten Frauen und 44 Prozent der befragten Männer wünschen sich ein Familienmodell, bei dem der Mann Vollzeit und die Frau Teilzeit arbeitet. grafik: piktochart/helene obrist

Lehre und danach hoch hinaus

Die meisten Befragten geben an, derzeit in einer Ausbildung zu sein. 39 Prozent der Jugendlichen macht eine klassische Berufslehre, die mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) abgeschlossen wird.

Auf den ersten Blick erstaunlich hoch ist die Zahl jener, die zurzeit in keiner Ausbildung sind. Dort ist jedoch anzumerken, dass ein Grossteil bereits im Arbeitsleben steht und die Ausbildung bereits abgeschlossen hat. Ein kleiner Teil, rund vier Prozent der 19-Jährigen, gibt an, nicht zu arbeiten. Davon haben einige keinen Sekundarabschluss oder auch keine abgeschlossene Lehre. Der andere Teil hat zwar einen Schul- oder Lehrabschluss, befindet sich derzeit aber in einem Zwischenjahr. 

Welche Ausbildung machst du zur Zeit?

Lesebeispiel: 16 Prozent der 19-Jährigen machen derzeit eine gymnasiale Ausbildung. 
Lesebeispiel: 16 Prozent der 19-Jährigen machen derzeit eine gymnasiale Ausbildung. Bild: piktochart/helene obrist

Gefragt wurden die jungen Erwachsenen auch, wo sie sich beruflich mit 35 Jahren sehen. Die meisten antworten, dass sie dann einen akademischen Beruf hätten, also beispielsweise als Arzt, Lehrer, Ingenieur, Künstler, Wissenschaftler oder Forscher arbeiten. Am wenigsten wollen sie eine ungelernte Arbeitskraft sein, also beispielsweise einen Job als Hilfsarbeiter, Gepäckträger oder ungelernter Fabrikarbeiter haben.

Nicht gläubig, aber spirituell

84 Prozent der Jugendlichen gehören einer Konfession an. Darunter die meisten der römisch-katholischen Kirche, gefolgt von der protestantisch-reformierten und der christlich-katholischen Kirche. Fünf Prozent geben an, in einer Freikirche zu sein. 

Tatsächlich religiös sind aber die wenigsten. Als gläubig bezeichnet sich nur ein Viertel der Befragten. Mehr als die Hälfte ist unreligiös. Auch andere Studien bestätigen, dass junge Menschen nicht mehr im traditionellen Sinne religiös sind. Das heisst jedoch nicht, dass sie per se ungläubig sind. Viele glauben zwar nicht an einen Gott, aber an die Existenz irgendeiner höheren geistigen Macht.

Dies zeigt sich auch in der Frage nach der Spiritualität. Ein Viertel der Jugendlichen bezeichnet sich als spirituell. 37 Prozent glaubt daran, dass Wunderheiler Heilkräfte besitzen, 30 Prozent daran, dass das Sternzeichen das Leben beeinflusst. Über die Hälfte der 19-Jährigen glaubt daran, dass Glücksbringer tatsächlich Glück bringen. 

Gefragt wurden die jungen Erwachsenen auch, welche religiöse Gruppe als Bedrohung für die Lebensweise in der Schweiz wahrgenommen wird. 46 Prozent sieht die muslimische Gemeinschaft als Bedrohung, 18 Prozent die jüdische, für 13 Prozent sind die Atheisten eine Bedrohung, für 11 Prozent die Christen, 10 Prozent sieht in dem hinduistischen Glauben eine Gefahr und 9 Prozent im buddhistischen. 

Welche Religionsgruppe stellt für unsere Lebensweise eine Bedrohung dar?

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Lesebeispiel: 46 Prozent der 19-Jährigen sind der Meinung, dass Muslime für die hiesige Lebensweise eine Bedrohung darstellen.Bild: piktochart/helene obrist

Je tiefer der Bildungshintergrund und je ländlicher die Wohnumgebung, umso mehr wird der Islam als eine Bedrohung wahrgenommen. Ebenfalls eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, gegenüber Muslimen eine negative Haltung zu haben, zeigt sich bei Freikirchlern. Wer in einer Grossstadt wohnt und universalistischere Werte vertritt, fürchtet sich nicht vor der muslimischen Gemeinschaft. 

Sport, Musik, Facebook und Co. 

Am liebsten sind die Jungen in ihrer Freizeit draussen, machen Sport, treffen Freunde oder gehen am Wochenende in den Club. Die beliebtesten Sportarten sind Joggen, Fitness, Schwimmen und Fussball spielen. Über die Hälfte der befragten 19-Jährigen treibt regelmässig Sport in einem Verein. 

Ebenfalls als Freizeitbeschäftigung hoch im Kurs ist Fernseh schauen. Etwa 80 Prozent der Befragten schaut mindestens ein bis zwei Stunden pro Tag fern mit einem TV-Gerät, über Youtube oder über den Computer. Der Fernsehkonsum mit einem TV-Gerät nimmt seit 2010 kontinuierlich ab.

Am liebsten schauen die Jungen Komödien und Action Filme. An dritter Stelle folgen die Nachrichten, an vierter Sportsendungen und Live-Sportübertragungen. 

Gefragt wurden die jungen Erwachsenen auch, welche Musik sie am liebsten hören. Auf dem höchsten Rang liegt dort Hip-Hop, gefolgt von Rap, R&B, elektronischer Musik, Pop und Rock. Diese Musikstile sind in allen Schichten beliebt. Alternativer Rock oder Grunge sowie klassische Musik sind in höheren Bildungsschichten beliebter. Ganz am Ende der Beliebtheits-Rangliste finden sich Opern und Operetten.

Das Surfen im Internet ist bei den Jugendlichen die beliebteste Mediennutzung. Zudem nutzen die meisten Jugendlichen die sozialen Medien täglich. 68 Prozent verschickt jeden Tag E-Mails, 42 Prozent liest Online-Zeitungen, 36 Prozent kommuniziert über Whatsapp und 18 Prozent hört täglich Radio. 

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Lesebeispiel: 71 Prozent der Jugendlichen nutzt mindestens einmal täglich die sozialen Medien.Bild: piktochart/Helene Obrist

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89 Kommentare
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reaper54
27.10.2017 10:54registriert März 2015
"36 Prozent kommuniziert über Whatsapp" finde nur ich diesen Wert relativ tief?
Ich hätte diesen Wert als massiv höher geschätzt. Gibt es eine Erklärung dafür? (z.B. Nutzung von alternativen Messengern? Soziale Medien wurden ja auch zusammengefasst...)
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raues Endoplasmatisches Retikulum
27.10.2017 10:51registriert Juli 2017
Das "Höflichkeit" kein Wert an sich mehr ist, finde ich äusserst bedenklich.
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ThePower
27.10.2017 12:17registriert März 2016
Hmmmh, dann muss ich meine Revolutionspläne wohl verschieben bis zur nächsten Generation🤔
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