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Kritik an umstrittenen Cover der «Weltwoche» – auch beim Vorbild gab es Ärger.

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Alle diskutieren über das neue «Weltwoche»-Cover  – das steckt wirklich dahinter

Das Blatt von Roger Köppel sorgt mit einem umstrittenen Titelblatt erneut für Diskussionen. Kritiker unterstellen der Zeitschrift eine rassistische Bildsprache. Dabei wollte das wahre Vorbild des Covers ursprünglich verfeindete Gruppen verbinden. 
14.07.2017, 15:1015.07.2017, 14:55
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«Afrikaner in der Schweiz – Die Fakten»: Mit dieser Titelgeschichte sorgt die «Weltwoche» seit Donnerstag für Schlagzeilen. Einmal mehr löst die provokante Bildsprache Unmut aus. In den sozialen Medien werden etwa Vergleiche zum aktuellen Titelblatt des deutschen Rechtsaussen-Magazins Compact von Herausgeber Jürgen Elsässer gezogen.

SP-Nationalrat Cédric Wermuth veröffentlichte auf Facebook eine Gegenüberstellung des «Weltwoche»-Covers mit einem Plakat der «Nationalistischen Jugend Schweiz», das gemäss dem Zürcher Historiker Lukas Nyffenegger aus dem Jahr 1990 stammt, und auf dem die Parole «Rassenvermischung ist Völkermord» zu lesen ist.

 «Weltwoche»-Cover und «Rassenvermischung»-Plakat im Direktvergleich

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Doch die wahre Inspirationsquelle für das Cover ist nicht bei rechtsextremer Propaganda, sondern beim renommierten US-Magazin «The New Yorker» zu suchen. Die «Weltwoche» deklariert auf Seite 3, woher sie die Idee fürs Titelblatt hergenommen hat. 

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Bild: weltwoche

Das Cover des «New Yorker» aus dem Jahr 1993 stammt vom amerikanischen Illustratoren Art Spiegelman, der durch seinen Holocaust-Comic «Maus» berühmt wurde.

Cover "The New Yorker" vom 15. Februar 1993 des Künstlers Art Spiegelman
Bild: The New Yorker

Das Titelblatt des New Yorkers, welches sich die Weltwoche angeblich zum Vorbild genommen hat, zeigt einen orthodoxen Juden, der eine dunkelhäutige Frau küsst. Auch dieses Titelbild sorgte seinerzeit für Kritik. Es war eine Anspielung auf Unruhen zwischen jüdisch-orthodoxen und schwarzen Bewohnern des Stadtteils Crown Heights in Brooklyn, New York.

Heilsame Wirkung

Weniger als zwei Jahre vor dem Erscheinen, im August 1991, war es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Gemeinschaften gekommen. Die Beziehungen der beiden Bevölkerungsgruppen waren schon angespannt, als ein 7-jähriger schwarzer Junge vom Begleitfahrzeug eines orthodoxen Rabbiners angefahren wurde und in der Folge verstarb.

Dieser Unfall löste dreitägige Unruhen aus. Dabei wurden zwei weitere Personen getötet, darunter ein orthodoxer Jude. Auch nach dem Ende der Auseinandersetzungen blieben die Krawalle ein heikles Thema.

Pfarrer Herbert Daughtry, ein Anführer der schwarzen Gemeinde von Crown Heights und Rabbiner Joseph Spielman, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde, kritisierten das Cover – eineinhalb Jahre nach den Unruhen – als «unglücklich».  Anstatt die Wunden zu heilen, löse das Titelbild Wut aus und mache die Beteiligten lächerlich.

Illustrator Art Spiegelman sagte gegenüber «Associated Press», wenn sein Cover die beiden Gemeinschaften gegen ihn vereine, so «haben wir sie wenigstens zusammengebracht.» Ob das Titelbild der Weltwoche eine ähnlich heilsame Wirkung haben wird, ist zweifelhaft. (cbe)

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Roger Köppel Nationalrat

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Roger Köppel Nationalrat
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quelle: x00493 / arnd wiegmann
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101 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Madison Pierce
14.07.2017 17:11registriert September 2015
Dieser Artikel zeigt ein Problem der Medien: man schaut nur noch oberflächlich hin. Ein Titelbild, welches in ähnlicher Form von bösen Menschen verwendet wurde, reicht, um sich nicht mit dem Inhalt des Artikels befassen zu müssen.

In Hamburg wurde über jede brennende Mülltonne berichtet, aber es gab kaum einen Artikel über die Ziele der friedlichen Demonstranten.

Was steht denn im Artikel?
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Wilhelm Dingo
14.07.2017 15:25registriert Dezember 2014
Statt sich über das Cover aufzuregen: Eas stehen denn für Fakten drin? Falsche? Korrekte? Das würde mich mehr interessieren.
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Papa Swappa
14.07.2017 22:54registriert September 2015
Mein Alternativ-Cover-Vorschlag
Alle diskutieren über das neue «Weltwoche»-Cover  – das steckt wirklich dahinter
Mein Alternativ-Cover-Vorschlag
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Sie ist fast so bekannt (und zuverlässig) wie das Schweizer Sackmesser: die Blechlawine vor dem Gotthard an Festtagen im Frühling. Und das schon seit Jahren. Eine kurze Zeitreise gegen die Langeweile.

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