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Migration

«Goldene Visa»: Wer Geld hat, darf bleiben

WIR STELLEN IHNEN HEUTE FOLGENDES NEUES BILDMATERIAL DER EINWOHNERKONTROLLE SCHAFFHAUSEN ZUR VERFUEGUNG --- An employee of the residents' registration office in Schaffhausen, Switzerland, holds a ...
Der sogenannte B-Ausweis kann in der Schweiz käuflich erworben werden. Bild: KEYSTONE

Das Geschäft mit den «goldenen Visa»: Wer Geld hat, darf bleiben

Die Zahl der «goldenen Visa» für die Schweiz ist leicht rückläufig. Europaweit nehmen käufliche Niederlassungsbewilligungen und Staatsbürgerschaften aber zu.
07.01.2019, 04:13
SAMUEL SCHUMACHER / ch media
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Neues Jahr, neue Gesetze: Am 1. Januar traten in der Schweiz mehrere Gesetze und Beschlüsse in Kraft. Dazu gehört auch das revidierte Ausländergesetz. Einerseits will der Bundesrat die Integration von Ausländern in der Schweiz verbessern, indem er Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert. Andererseits aber zieht der Bund die Schrauben punkto geforderter Integrationsleistung an.

Portrait einer Migrantin mit Auslaenderausweis C (Livret pour etrangers, Libretto per stranieri, Legitimaziun d' esters), aufgenommen am 22. April 2004 in Zuerich. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
Eine Frau hält einen C-Ausweis in den Händen.Bild: KEYSTONE

So kann die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung an konkrete sprachliche Anforderungen geknüpft werden. Wer sich nicht wie vom Bund gefordert integriert, muss zudem neu damit rechnen, dass ihm die dauerhafte Niederlassungsbewilligung (Ausweis C) entzogen wird.

Schlupfloch im Ausländergesetz

Anders liegt die Sache mit dem Ausweis B, der sogenannten Aufenthaltsbewilligung. Sie ermöglicht es Ausländern, für jeweils fünf Jahre in der Schweiz zu leben und zu arbeiten. Für Bürger von Nicht-EU-Staaten ist die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung an strenge Bedingungen geknüpft.

Doch wie neue Zahlen des Staatssekretariats für Migration (SEM) zeigen, haben auch im vergangenen Jahr mehrere Personen von einem Schlupfloch im Ausländergesetz Gebrauch gemacht und sich einen der begehrten B-Ausweise gekauft. Insgesamt 44 Personen – unter anderem zwölf aus China, fünf aus Saudi-Arabien und drei aus Russland – haben 2017 von einem Schweizer Kanton wegen «wichtiger öffentlicher Interessen» eine Aufenthaltsbewilligung erhalten, wie das SEM auf Anfrage mitteilt.

Was das genau bedeutet, ist für die 44 Einzelfälle nicht im Detail bekannt. Klar ist aber: Seit 2014 gelten laut SEM auch «erhebliche fiskalische Interessen» als «wichtiges öffentliches Interesse». Sprich: Reiche Ausländer, die einem Kanton ein verlockendes Steuerversprechen unterbreiten, können alleine wegen ihrer Finanzkraft auf eine Schweizer Aufenthaltsbewilligung hoffen. Am meisten solche Ausnahmefälle gab es 2018 im Kanton Genf (12), gefolgt von Freiburg (7), Bern und Uri (je 5), Zug und Tessin (je 4).

Möglich ist der Kauf einer Schweizer Aufenthaltsbewilligung seit 2008. Seither haben insgesamt 622 Personen wegen «wichtiger öffentlicher Interessen» einen B-Ausweis erhalten. Die Anzahl Ausländer, die mit den Kantonen auf diesem Weg ins Geschäft kamen, hat über die vergangenen Jahre zwar abgenommen. 2016 machten 50, 2017 sogar 55 Personen von dem Recht Gebrauch. Trotzdem: Von Vermittlungsagenturen wird die Schweiz noch immer als Top-Niederlassungsziel für finanzkräftige Auswanderungswillige vermarktet.

Die Firma «Elma Global», die sich auf die Vermittlung von Zweitpässen und Aufenthaltsbewilligungen spezialisiert hat, preist das Land in den höchsten Tönen an und verlangt für die Aushandlung eines Pauschalsteuerdeals – die Voraussetzung für ein sogenanntes «goldenes Visum» für die Schweiz – mit dem gewünschten Wohnkanton 50'000 Franken.

EU will Handel unterbinden

Laut dem Schweizer Online-Magazin «Citizenship by Insvestment» bieten mehr als die Hälfte aller Länder weltweit ähnliche Aufenthaltsbewilligungs-Deals für reiche Ausländer an. Gemäss Schätzungen haben diese Länder dank den «goldenen Visa» alleine 2018 rund 80 Milliarden an zusätzlichen Steuern und Investitionen eingenommen. Besonders dick im Geschäft sind gemäss der Nichtregierungsorganisation Transparency International Litauen, Spanien und Portugal, die 2018 mehr als 10'000 entsprechende Aufenthaltsbewilligungen ausgestellt haben.

epa06661282 Vera Jourova, EU Commissioner in Charge of Justice, Consumers and Gender Equality, gives a press conference in Brussels, Belgium, 11 April 2018. Jourova presented 'A New Deal for Cons ...
Vera JourovaBild: EPA/EPA

Der EU ist dieses Dealen seit längerem ein Dorn im Auge. Vera Jourova, die EU-Kommissarin für Justiz, hat im vergangenen August angekündigt, die Vergabepraxis für Aufenthaltsbewilligungen in ihren Mitgliedsländern verschärfen zu wollen. Die Tschechin befürchtet, dass die verkauften Bleiberechte zu einem Anstieg der Korruption in Europa führen.

Davon unbeeindruckt zeigen sich die beiden EU-Mitgliedstaaten Zypern und Malta, wo sich reiche Ausländer nicht nur Aufenthaltsbewilligungen, sondern gar ganz offiziell die Staatsbürgerschaft des Landes kaufen können. Dieses Geschäftsmodell scheint zu florieren. Auch der EU-Anwärter Montenegro verkauft seinen Pass seit Oktober 2018 ganz offiziell an gutbetuchte Möchtegern-Europäer. (aargauerzeitung.ch)

Immer weniger Ausländer kommen in die Schweiz:

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65 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Muselbert Qrate
07.01.2019 05:57registriert September 2018
Die Sozialausgaben steigen laufend, da ist jede zusätzliche Steuereinnahme willkommen!
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Randalf
07.01.2019 06:02registriert Dezember 2018
Für mich wäre ein wichtiges, öffentliches Interesse das sprechen und verstehen unserer Landessprache.
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Spooky
07.01.2019 06:36registriert November 2015
Ist okay. Wenn schon Kapitalismus, dann richtig.
(Ironie off)
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