Schweiz
Wirtschaft

Krankenkasse: So viel zahlen Schweizer Haushalte für die Prämien

Brisante Zahlen zeigen: So viel zahlen Schweizer wirklich für die Krankenkasse

Verbilligungen verpuffen: Trotz Zustupf fressen die Krankenkassenprämien immer mehr Einkommen auf. Die Zahlen aus allen Kantonen.
15.11.2018, 06:3615.11.2018, 15:19
Sven Altermatt und Michael Nittnaus / ch media
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Es ist der erste Lichtblick seit langem: 2019 sollen Krankenkassenprämien weniger schmerzhaft aufschlagen als in den Jahren zuvor – im Durchschnitt um 1.2 Prozent. Allerdings ist der moderate Anstieg auch auf eine neue Berechnungsmethode des Bundes zurückzuführen. Und am Fakt, dass die Prämien schneller steigen als die Einkommen der meisten Haushalte des Landes, ändert sich nichts.

Immerhin hat Anspruch auf eine Prämienverbilligung, wer in «bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen» lebt. Doch trotz steigender Prämien konnten Zehntausende Personen in den vergangenen Jahren plötzlich keine Verbilligungen mehr beziehen. Denn viele Kantone sanieren ihren Finanzhaushalt auf deren Kosten.

Die SP will den steigenden Krankenkassenprämien eine Obergrenze von zehn Prozent des Einkommens setzen. Anfang Dezember wird sie an einem Parteitag entscheiden, ob sie definitiv eine Volksinitiative mit dieser Forderung lanciert. Im Kanton Baselland können die Stimmbürger bereits am Sonntag in einer Woche über eine entsprechende SP-Initiative abstimmen.

Diese Woche nun hat der Abstimmungskampf eine neue Dynamik bekommen: Die «Basellandschaftliche Zeitung» veröffentlichte brisante Zahlen aus einem Monitoring des Bundesamts für Gesundheit (BAG), das eigentlich erst im Dezember hätte erscheinen sollen.

Ein Auszug des Monitorings, den das Forschungsbüro Ecoplan erstellt hat, zeigt: Der Effekt der Verbilligungen schwindet, die Ausgaben für Prämien machen einen immer höheren Anteil des verfügbaren Einkommens von Herrn und Frau Schweizer aus. Der Schnitt aller Kantone liegt bei 14 Prozent.

Nur alle paar Jahre erscheint das Monitoring. Die letzte Ausgabe bezog sich auf das Jahr 2014, damals lag die Belastung durch Krankenkassenprämien durchschnittlich noch bei 11 Prozent.

Krankenkasse Belastung
Bild: ch media

Schlusslicht Baselland

Ausgerechnet im Kanton Baselland ist die Belastung für Prämienzahler gemäss der neusten Studie am höchsten. Nur noch im Kanton Jura wird so viel vom verfügbaren Einkommen durch Prämien aufgefressen – nach Abzug der individuellen Prämienverbilligung, versteht sich. 18 Prozent beträgt die Belastung der Baselbieterinnen und Baselbieter im Mittelwert über sieben sogenannte Modellhaushalte.

Keineswegs besser präsentiert sich die Lage in anderen Kantonen. Geht es nach dem Ziel des Bundesrats, sollte eigentlich kein Haushalt mehr als 8 Prozent des steuerbaren Einkommens für die Grundversicherung ausgeben müssen.

Doch einzig Zug bleibt bei einem Mittelwert von 7 Prozent knapp unter dieser Vorgabe. Diese Position hält der Zentralschweizer Kanton über alle Haushaltstypen hinweg, von «Rentner alleinstehend» bis zu «Familie mit einem Kind» und einem «jungen Erwachsenen in Ausbildung».

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Vergleichsweise tief ist die Prämienlast in den Kantonen Graubünden, Obwalden, Schwyz und Nidwalden. Zu den Schlusslichtern zählen neben Baselland und dem Jura auch Genf, Neuenburg und Bern. Die verbleibende Prämienbelastung beträgt in diesen Kantonen bei manchen Modellhaushalten mehr als 20 Prozent.

Die Aufteilung in Modellhaushalte ist nötig, weil Prämienverbilligungen der Kantone ganz unterschiedlich wirken – je nachdem, wie ein Haushalt zusammengesetzt ist. Bisweilen ist die Prämienbelastung in einem Kanton mehr als dreimal so hoch wie in einem anderen, wie die folgenden Erkenntnisse des Monitorings auch zeigen:

  • Bei Einelternfamilien mit zwei Kindern ist die Prämienbelastung am tiefsten. Sie schwankt von 6 Prozent in Zug bis 14 Prozent in St. Gallen.
  • Happig ist die Belastung für Ehepaare ohne Kinder in Genf und im Jura: Sie beläuft sich auf satte 24 Prozent. In Zug sind es 9 Prozent.
  • Ähnlich bei Familien mit einem Kind und einem jungen Erwachsenen in Ausbildung: Im Jura und in Baselland liegt die Belastung jeweils bei 23 Prozent – gerade einmal 7 Prozent sind es in Zug.
  • Bei Familien mit vier Kindern variiert die Belastung zwischen 6 Prozent in Zug und 18 Prozent in Basel-Stadt.
  • Bei alleinstehenden Rentnern liegt die Bandbreite zwischen 9 Prozent in Zug und 18 Prozent in Basel-Stadt.

Nicht alle sind spendierfreudig

Die verbleibende Prämienbelastung lässt zwar keine direkten Schlüsse zur Höhe einer Auszahlung zu. Doch bemerkenswert ist, wie unterschiedlich die Ausgabenfreudigkeit der Kantone bei den Prämienverbilligungen ist. Der eher strukturschwache Kanton Graubünden gibt durchschnittlich 4909 Franken an individuellen Prämienverbilligungen, ähnlich hoch sind die Ausgaben im strukturstarken Kanton Zug mit 4676 Franken. Schweizweit sind es im Mittel 2653 Franken.

Am tiefsten fallen die Auszahlungen mit 558 Franken in Appenzell-Innerrhoden und mit 974 Franken im Wallis aus. In diesen Kantonen haben jeweils mehrere Modellhaushalte keinen Anspruch auf Verbilligungen.

So arbeiteten die Autoren
Das Monitoring nimmt das «verfügbare Einkommen» als Basis, also das Nettoeinkommen abzüglich der Steuern. Das «massgebende Einkommen», das der Baselbieter Initiative zugrunde liegt, ist laut Gesetz dagegen das Bruttoeinkommen abzüglich Kinderabzüge, aber zuzüglich eines Fünftels des Vermögens. Es liegt also eher höher. (mn)

Das Monitoring teilt die Kantone schliesslich in vier Gruppen ein. Nicht nur in solche mit tiefer oder hoher Prämienbelastung, sondern auch danach, ob die individuelle Prämienverbilligung eine starke oder geringe Wirkung entfaltet. Diese Einteilung verdeutlicht: Ohne starke Verbilligung würden Kantone mit hoher Prämienbelastung, namentlich Bern, Basel-Stadt, Genf und Zürich, in der Rangliste der Prämienbelastung an das untere Ende rutschen. (aargauerzeitung.ch)

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Video: srf/SDA SRF
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41 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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bobi
15.11.2018 07:07registriert Oktober 2015
Weshalb ist die Höhe der KK Prämien je nach Kanton so unterschiedlich? Sind diese wirklich nur auf die unterschiedlichen Prämienverbilligungen zurückzuführen?

Und am meisten interessiert mich. Weshalb macht es den Anschein, als die KK Prämien in Kantonen mit tiefen Steuern weniger hoch sind?
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Ironiker
15.11.2018 07:30registriert Juli 2018
Man müsste das Ziel des Bundesrates (max. 8%) als Gesetz definieren. Wenn dann Bund und Kantone so richtig bluten müssen, steigt vielleicht der politische Wille etwas zu verändern.

Ich befürchte aber, dass die einen dann einfach die Steuern erhöhen und die anderen sonstwo Sparpakete schnüren wollen...

Jeder der sich etwas vertiefter mit der Problematik auseinadersetzt, sieht was falsch läuft. Die Politiker wüssten es, aber zuviele profitieren davon...
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undduso
15.11.2018 07:28registriert September 2016
Aufgepasst bei solchen vergleichen. Dass in Zug Prozentual weniger für die KK ausgegeben wird als im Jura dürfte wohl auch am höheren Durchschnittseinkommen liegen. Es wäre interessant zu wissen, ob dies berücksichtigt wurde.
Trotzdem, die KK-Prämien haben ein Niveau erreicht, das die Politik nun zum Handeln zwingen sollte.
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