Da sitze ich nun und frage mich: Warum? Warum ist diese Sendung so erfolgreich, dass sie in die nun schon elfte Staffel geht? Warum schalten so viele ein, und hinterher will es keiner gewesen sein? Warum blamieren sich die Halb-Prominenten, und warum lästern wir mit so viel Lust darüber?
Als die knapp drei Stunden der ersten Folge vorbei sind, bin ich keinen Deut schlauer. Die Prüfungen, die den Opfern von «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus» auferlegt wurden, kommen mir vor wie bis zum Erbrechen vorgekaut. Spinnen hier, Kakerlaken da und dann und wann eine müde Made. So viel Getier, obwohl das Menschliche doch das Salz in dieser TV-Suppe ist.
Und während der gute Geschmack bei den Dschungelprüfungen wie gewohnt auf der Strecke bleibt, macht jene menschliche schon ein wenig Appetit – zumindest wenn der Zuschauer Lust auf Emotionen hat. Die bieten die Kandidaten auf allen Ebenen: Von Arroganz bis Zuneigung, von Hass bis Hochmut, von Kumpeltyp bis Kotzbrocken ist alles dabei.
Die Einspieler der zwölf Kandidaten, die vorab aufgenommen wurden, zeigen, wohin diese Reise in den australischen Dschungel von der Dramaturgie her geht – oder was die Kandidaten mit ihrer Teilnahme erreichen wollen:
Na ja, dröge D-Promis als Dutzendware also. Das kann ja heiter werden! Und als sich diese Meute vor dem Einzug ins Dschungelcamp an einer schicken Strandbar trifft, werden auch grad erste Konflikte und Koalitionen sichtbar. Der Terenzi hatte mal was mit der Lohfink, die eine Freundin vom Wess ist.
Und der redet nach seiner Ankunft Tacheles. «Ich muss dir direkt mal was sagen, mein Lieber», wendet er sich an «Honey». «Ich kann es nicht verstehen, dass jemand wie du, der zwei Bachelor[-Abschlüsse] hat, sich so zeigt und in der Dusche nackt über seinen Prügel redet. Das ist doch unterstes Niveau!»
Dabei ist «Honey» mit seinem übersteigerten Selbstbild nun so gaaaar nicht der Typ für abgehalftertes Niveau. Das merkt man schon an seiner Reaktion auf die Wess-Ansage. «Er hat Angst, dass ich ihm die Schau stehle», tönt er und meint wohl «Show».
Oder wenn er zu Sarah sagt: «Dich gibt's auch angezogen? Du bist ja noch gar nicht nackt!» Er selbst hingegen tönt, er «kann auch der Killer sein». Schräg kommt übrigens auch Comedian Majowski rüber: Er spricht von sich selbst in der dritten Person! «30 Jahre macht der Markus schon seinen Beruf», lässt er uns wissen.
Und nicht zuletzt Kader Loth, die noch nie etwas geleistet hat ausser in den Klatschspalten zu stehen, ist für Konflikte vorprogrammiert. Sie sagt Sätze wie: «Ich bin die Trashqueen Deutschlands und ich steh' auch dazu» oder «Wenn es um die Krone geht, denkt jeder an seinen eigenen Arsch». Sie legt Pumps an, wenn sie an den Strand geht, und nimmt Make-up mit ins Camp.
Andere Kandidaten wirken dagegen überraschend nett. «Ich wollte das nie machen – ins Dschungelcamp gehen», gesteht Gina-Lisa grundehrlich. Aber: «Irgendwann landet jeder dort.» Sarah räumt ein: «Würde ich mich googeln, würde ich mich selber nicht besonders schätzen.» Und «Malle»-Barde Jens gibt zu: «Ich kann überhaupt nicht singen.»
Das Zeug zum Publikumsliebling hat TV-Maklerin Hanka. Die stellt sich so vor: «Weil jetzt alle fragen: ‹Wer ist denn das?›, ...» Sie bringt Neurosen wie Waschzwang, Kontrollzwang und Klaustrophobie mit ins Dschungelcamp und sagt Dinge wie: «Ich habe seit ich hier bin das Gefühl, ich lebe in so einer Zwischenwelt.» Als sie und Honey ihre Teams bestimmen, wählt Hanka ihre Leute, weil sie die nicht ausgegrenzt sehen will. Jö!
Hankas Meute, das Team Snake Rock, muss zu Beginn sechs Duelle gegen «Honeys» Team «Basecamp» ausfechten und holt dabei vier von sechs Sternen. Dann beziehen die zwei Gruppen ihr jeweiliges Camp – mit unterschiedlicher Euphorie.
«Ehj, wir sind mitten echt im Dschungel», jubiliert Gina-Lisa vom Team Basecamp. «Geil!!!» Es gibt einen See. «Geil!!!» Und eine Dusche. «Geil!!!»
Komiker Majowski bestätigt den ersten schlechten Eindruck. Der Eimer mit Trinkwasser ist ihm nicht gut genug. «Er wird jetzt sofort gesäubert, dieser Behälter», poltert er. «Und zwar zackig. Ist das klar? Hab' ich mich klar genug ausgedrückt???»
Im Team Snake Rock steht Hanka im Mittelpunkt. Sie hat eine Wunde am Bein und kämpft deswegen prompt mit einem Panikanfall. «Das geht wieder weg, ich muss es nur aussitzen», schluchzt sie tapfer. «Es ist nur so schade um die schöne Lebenszeit.»
Kader Loths Reaktion: «Ich bin mir nicht sicher, ob Hanka nicht eine Show abzieht. Ich werde sie beobachten.» Spricht's, geht zu ihr und sagt: «Wir haben uns Sorgen gemacht.» Zuvor glänzte sie mit der Erkenntnis: «Das ist hier die Toilette. Man hat gar keine Privatsphäre!» Später haut sie raus: «Wir sind wirklich seelisch, moralisch, körperlich vergewaltigt worden. Wirklich vergewaltigt. War ich klar genug?»
Zum bitteren Ende spricht Gina-Lisa noch über ihren Prozess. «Ich bin noch die Blöde, obwohl ich vielleicht im Recht bin», erzählt sie Sarah. Und: «Ich bin eigentlich total falsch für das Business manchmal. Ich bin so sensibel, nehme mir alles zu Herzen.» Sarah antwortet: «Menschen sind gefährlich.»
Eine gute Lehre fürs Dschungelcamp 2017!