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Der Eismeister-Check

SCL Tigers in der Saison 2025/26: Die grosse Vorschau mit Spielernoten

Tigers Goalie Luca Boltshauser, im vierten Eishockey Playoff Viertelfinalspiel der National League, zwischen den SCL Tigers und dem Lausanne HC, am Mittwoch 19. Maerz 2025, in der Emmental Versicherun ...
Kann Luca Boltshauser während einer ganzen Saison Stéphane Charlin vergessen machen?Bild: keystone
Der Eismeister-Check

Ein neues Fundament und eine Milchbüchlein-Rechnung bei den SCL Tigers

Die SCL Tigers unterschätzen den Verlust von Stéphane Charlin und setzten auf eine riskante Milchbüchlein-Rechnung. Die Torhüterfrage wird zum Stresstest.
04.09.2025, 18:1004.09.2025, 18:11
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Der Begriff Milchbüchlein-Rechnung kommt von einem kleinen Heftchen, in dem Milchhändlerinnen oder Bäuerinnen früher Einnahmen und Ausgaben notierten. Eine solche Rechnung war sehr simpel aufgestellt. Ohne Berücksichtigung von Schwankungen, Risiken oder Nebenwirkungen. Also eine etwas naive Kalkulation, die in der Realität nicht immer aufging.

Auf eine solche sportliche Milchbüchlein-Rechnung vertrauen die Langnauer. Sie haben mit Stéphane Charlin, Vili Saarijärvi, Brian Zanetti und Pascal Berger vier Spieler verloren, die sie nicht ersetzen können. Und in einem Fall – um es etwas polemisch zu formulieren – nicht ersetzen wollten. Trainer Thierry Paterlini war nicht der Einzige in der Sportabteilung, der Stéphane Charlin, den wichtigsten Einzelspieler beim Aufstieg aus dem Tabellenkeller zum Playoff-Ruhm, mit einem ausländischen Torhüter ersetzen wollte. Sportchef Pascal Müller setzte sich jedoch durch und hat aus Visp Robin Meyer geholt. Eine Nummer 1 aus der zweithöchsten Liga soll den besten Schweizer Torhüter der höchsten Liga ersetzen und ist zusammen mit Luca Boltshauser das neue Fundament der SCL Tigers.

Die Besten
Schnellster Läufer: André Petersson
Bester Stocktechniker: Dario Rohrbach
Bester Bullyspieler: Flavio Schnutz
Härtester Spieler: Saku Mäenalanen
Bester Spielmacher: Saku Mäenalanen
Bester Defensivstürmer: Hannes Björninen
Bester Offensivverteidiger: Juuso Riikola
Bester Defensivverteidiger: Juuso Riikola
Härtester Schuss: Phil Baltisberger
Grösstes Entwicklungspotenzial: Tim Mathys
Am meisten Kampfkraft: Hannes Björninen
Kaltblütigster Realisator: Harri Pesonen
Am meisten unterschätzt: Jérôme Bachofner
Problemspieler: Jérôme Bachofner
MVP: Juuso Riikola

Der Optimist sagt: Hat denn dieses Experiment nicht auch mit Stéphane Charlin funktioniert, der auch als vergessenes Talent nach Langnau gekommen war? Und überhaupt: Hockey ist ein Teamsport. Wenn alle nun 10 Prozent mehr aus ihrem Potenzial machen (20 Feldspieler auf dem Matchblatt mal 10 Prozent gibt 200 Prozent), dann ist die Mannschaft sogar noch besser als im Vorjahr. Diese „Milchbüchlein-Rechnung“ ist hoch riskant und kann zur Rückkehr in den Tabellenkeller führen. Was für die SCL Tigers nicht existenzgefährdend wäre. Das Publikum ist treu, die wirtschaftliche Lage stabil und die Infrastruktur auf Jahre hinaus eine der modernsten der Liga. Aber eine durch Torhüterprobleme heraufbeschworene sportliche Krise würde den inneren Frieden zwischen Trainer und Sportchef einem Stresstest sondergleichen unterziehen.

Team-Bewertung

Auf einer Skala von 1 bis 10 Pucks.

Trainer – 10 Pucks

Thierry Paterlini ist inzwischen der beste Klubtrainer mit Schweizer Pass, sogar noch eine Spur charismatischer als Luca Cereda. Mit seiner ruhigen, ja schier unerschütterlichen Art, einem direkten und konsequenten Führungsstil, guter, ungefilterter Kommunikation und unbestrittener Fachkompetenz hat er die SCL Tigers nach der grössten Krise seit dem Wiederaufstieg (letzter Platz im Frühjahr 2021) stabilisiert, erstmals seit 2019 in die Playoffs geführt und sich als erstklassiger Ausbildner profiliert. Er ist Nachfolgekandidat Nummer 1 für Patrick Fischer und hat in seinem bis 2027 laufenden Vertrag eine Ausstiegsklausel für den Job des Nationaltrainers. Nullkommanull Entlassungsgefahr.

L'entraineur Thierry Paterlini, during the regular season of National League A (NLA) Swiss Championship 2024/25 between HC Lugano and SCL Tigers at the ice stadium Corner Arena, Switzerland, Sund ...
Thierry Paterlini hat die Tigers stabilisiert.Bild: keystone

Torhüter – 5 Pucks

Stéphane Charlin war letzte Saison Langnaus wichtigster Einzelspieler. Er wechselt nach Genf und wird durch Robin Meyer ersetzt. Der Optimist sagt: Kein Problem. Stéphane Charlin fiel in der Schlussphase der Qualifikation verletzt aus und Luca Boltshauser rettete die SCL Tigers durch die Schlussphase der Qualifikation und das Play-In in die Playoffs. Er kann, wenn er muss, die Nummer 1 sein. Und kann denn das Experiment Robin Meyer nicht genauso aufgehen wie das Experiment Stéphane Charlin?

Der Pessimist seufzt: Robin Meyer hat bei weitem nicht das Talent, das Charisma – kurzum das Potenzial – von Stéphane Charlin und Luca Boltshauser kann nicht eine ganze Saison lang die Last einer Nummer 1 schultern. Und verrückt: Je weniger Robin Meyer taugt, desto besser für die Langnauer. Denn Luca Boltshauser reagiert nervös auf Konkurrenz. Ein Luca Boltshauser, der vom September bis im April sein bestes Hockey spielt, löst das Torhüterproblem der Langnauer. Aber er kann sein bestes Hockey wahrscheinlich nur spielen, wenn er durch Robin Meyer nicht erfolgreich herausgefordert wird.

Verteidigung – 6 Pucks

Die Langnauer hatten letzte Saison nach den ZSC Lions die zweitbeste Verteidigung der Liga! Sie waren defensiv so gut wie nie mehr seit dem Meistertitel von 1976, gefühlt besser auch als in der Playoff-Saison 2018/19 mit ebenfalls 126 Gegentreffern. Hat je ein Trainer aus so wenig Substanz so viel herausgeholt? Nein. Wäre da nicht die Maximalnote fällig? Nein. Die erstaunliche defensive Stabilität der letzten Saison ist zwei Faktoren geschuldet: der Arbeit von Trainer Thierry Paterlini und Stéphane Charlin. Thierry Paterlin ist nach wie vor da. Stéphane Charlin und Vili Saarijärvi sind nach Genf weitergezogen. Kommt dazu: Der neue finnische Verteidiger Santtu Kinnunen ist mehr Lehrling als Verteidigungsminister. Aber die Langnauer können es sich nicht leisten, einen ausländischen Spieler weiterzubilden.

Sturm – 6 Pucks

Die Langnauer waren letzte Saison mit 133 Treffern sogar noch besser als in der Playoff-Saison 2018/19 (132 Tore). Die Wechsel der ausländischen Stürmer müssen nicht zu einem Rückgang der offensiven Feuerkraft führen. Auch das Alter des offensiven Leitwolfes Harri Pesonen – 37 Jahre – ist noch kein Grund zur Beunruhigung. Aber den Stürmern fehlen jetzt eine Prise Kreativität und Dynamik, die Offensiv-Verteidiger Vili Saarijärvi von hinten ins Angriffsspiel gebracht hat. Ein leichter und schon ein wenig besorgniserregender Rückgang der Torproduktion ist zu erwarten.

Tigers Postfinance Topscorer Harri Pesonen, wird von den Fans gefeiert nach dem Eishockey-Qualifikationsspiel der National League, zwischen den SCL Tigers und dem SC Bern, am Freitag 31. Januar 2025,  ...
Wie viel Feuerkraft hat Harri Pesonen noch?Bild: keystone

Management – 10 Pucks

Die Maximalnote ist einerseits im sportlichen Bereich der Playoff-Qualifikation und mehr noch der politischen und wirtschaftlichen Stabilisierung durch Präsident Peter Jakob geschuldet. Das Unternehmen zu sanieren und parallel dazu die Arena zu erneuern und die Infrastruktur in einer wirtschaftlichen Randregion zu einer der modernsten des Landes auszubauen – das ist noch höher zu bewerten als die Stadion-Neubauten in Zürich, Ambri, Lausanne oder Zug. Die sportliche Erneuerung mit einem Sportchef aus dem Dorf (Pascal Müller) und einem Schweizer Trainer (Thierry Paterlini) und die kluge Pflege des Images als sympathischer, bescheidener und doch dynamischer Dorfklub verdienen weitere Maximalnoten.

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Auch in dieser Saison können die Schweizer Eishockeyfans ausgewählte Spiele im Free-TV mitverfolgen.

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Spielernoten

  • Stürmer
  • Verteidiger
  • Torhüter
Player Image

Nation Flag

Aktuelle
Note

info
  • 7

    Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.

  • 6-7

    Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.

  • 5-6

    Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.

  • 4-5

    Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.

  • 3-4

    Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.

  • Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.

Punkte

Goals/Assists

Spiele

Strafminuten

  • Er ist

  • Er kann

  • Erwarte

Noten, die noch nichts über die Mannschaft sagen …

War es je so schwierig Mannschaften einzuschätzen wie vor der Saison 2025/26? Nein, wahrscheinlich nicht. Wir wissen zwar aus Erfahrung, dass es mindestens eine Überraschungs-Mannschaft und einen strauchelnden Titanen geben wird. Aber wer wird positiv überraschen? Langnau? Ambri? Ajoie? Und wer gerät in den Strudel einer Krise? Erneut der Servette? Aber vielleicht helfen ja unsere Noten bei der Einschätzung.

Die Noten, aufgeschlüsselt nach -Bedeutung:
7 Ein Führungsspieler (Leitwolf), der nicht nur ein Spiel entscheiden, sondern darüber hinaus sein Team auf und neben dem Eis besser macht. Beispiele gibt es auf allen Positionen.

6-7 Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann, aber nicht permanent die Rolle eines charismatischen Leitwolfes übernimmt.

5-6 Guter NL-Spieler, oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen und es im besten Falle zum Rollenspieler in Operettenländerspielen bringen oder Talenten, denen wir viel zutrauen.

4-5 Spieler für den 3. oder 4. Block, altgediente Haudegen oder Frischlinge, die erst einmal die Liga erkunden oder im Herbst ihrer Karriere immer noch viel zum Wohl des Teams beitragen können.

3-4 Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.

Statistiken sagen viel. Aber alle haben sie. Gibt es mehr als nur diese allgemein zugänglichen Zahlen? Ja. Eine Bewertung jedes einzelnen Spielers. Deshalb benoten wir jedes unsere Helden des rutschigen, eisigen Spielfeldes. Wir polemisieren damit sozusagen nach Noten. Aber leicht machen wir uns die Sache nicht. Unsere Noten basieren bei weitem nicht nur auf unserem unzulänglichen Urteilsvermögen. Wir folgen auch den Einschätzungen der wahren Kenner, der Trainer, Sportchefs, NHL-Scouts. Und ein Problem können wir nicht lösen: alle Beurteilungen basieren auf den Leistungen in der Vergangenheit. Was einer in Zukunft leisten wird, bleibt reine Spekulation.

Wenn wir wissen wollen, wie gut eine Mannschaft ist bzw. sein wird, können wir einfach den Noten-Durchschnitt ausrechnen. Oder? Aber so einfach ist es leider nicht. Ob aus hochkarätigen Spielern mit hohen Noten tatsächlich eine starke Mannschaft wird, ist nämlich höchst ungewiss. Es ist keineswegs sicher, dass eine Mannschaft tatsächlich so gut spielt, wie sie es aufgrund der Bewertung der einzelnen Spieler eigentlich müsste. Das zeigt auch, welche Gestaltungskraft gute Trainer haben. Sie können mehr aus einem Team herausholen, als unsere Noten vermuten lassen. Unsere Noten sagen letztlich noch nichts über die Mannschaft. Wer sich bei den Prognosen trotzdem auf diese Noten verlässt, ist selbst schuld.

Prognose

Platz 11 (Vorjahr 8.)

Nach dem Verlust des besten Schweizer Goalies der Liga die gleiche Klassierung zu erwarten wie im Vorjahr wäre dem Glauben an Wunder oder einem von der Marketing-Abteilung der SCL Tigers bezahlten Mandat geschuldet. Die Langnauer unterschätzen, wie dünn das Eis ist, auf dem sie stehen. Nur wenn die Hockey-Götter gnädig sind, reicht es wenigstens zu Rang 11 und Mithalten um Rang 10 bis im Februar.

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