Im österreichischen Skiverband ÖSV hat Peter Schröcksnadel das Sagen. Und dem allmächtigen Herrn Präsidenten ist der Kragen geplatzt. Nach dem jüngsten Dopingfall, bei dem heute an der WM in Seefeld im Tirol die zwei Langläuer Dominik Baldauf und Max Hauke verhaftet wurden, kündigte er erste Konsequenzen an. Die beiden bezeichnete er als «Trottln». Aus Mangel an Athleten wird Österreich nicht beim Staffel-Rennen teilnehmen.
Die Tage von Markus Gandler als sportlicher Leiter der österreichischen Langläufer und Biathleten sind nach der nordischen Ski-WM gezählt. Ihn treffe persönlich zwar keine Schuld, sagte Schröcksnadel im ORF. «Wir werden uns dennoch trennen. Das ist keine Schuldzuweisung, er ist sicher nicht Täter.» Nach dieser Saison werde der Langlauf neu aufgestellt, «ich will diese Leute alle nicht mehr in dieser Form.»
Der ÖSV-Präsident will sich auch – nicht zum ersten Mal – Gedanken darüber machen, ob die Sparte Langlauf überhaupt noch zum Skiverband gehören soll. Erstmals dachte er nach der Doping-Razzia im österreichischen Lager an den Olympischen Spielen 2006 in Turin darüber nach.
«Ich werde mich sicher nicht mehr dafür starkmachen, dass für den Spitzensport im Langlauf in Österreich Geld ausgegeben wird», machte Schröcksnadel klar. «Ich habe keine Lust, jedes Mal Angst haben zu müssen, dass jemand aus dem Bereich etwas tut, für das ich dann geradestehen muss. Sollen sie doch einen eigenen Verband gründen, das wäre mir am liebsten.»
Baldauf und Hauke waren gemeinsam mit drei weiteren Athleten – einer aus Kasachstan, zwei aus Estland – aus dem Verkehr gezogen worden. Genauso wie der mutmassliche Drahtzieher, ein Sportarzt aus Deutschland. Die Behören sprachen von einer kriminellen Organisation, die schon jahrelang und weltweit tätig gewesen sei. Nun habe man ihr mit der grenzüberschreitenden «Operation Aderlass» das Handwerk gelegt.
Hinweise auf eine Doping-Beteiligung von ÖSV-Betreuern gibt es nicht. Dennoch müsse sich das Team die Frage stellen, ob man gut genug aufgepasst habe, meinte Schröcksnadel. Er fügte jedoch hinzu, wie schwierig es sei, Einzeltäter zu ertappen und er zog einen Vergleich mit der Situation von Eltern und ihren Kindern: «Wie verhindern sie es, wenn ein Kind Drogen nimmt? Das wächst im Geheimen. Die Eltern erfahren es als Letzte.»
«So viel Dummheit wie diese zwei Burschen darfst du gar nicht haben, das gehört verboten», zog der ÖSV-Boss über die ertappten Baldauf und Hauke her. «Zwei solche Trottln, die so etwas machen. Ich habe keine Worte, der lügt alle an, was sind das für Menschen.» Er verurteile ihr Handeln, weil es die Mannschaftskollegen in den Schmutz ziehe.
Dass lediglich Läufer aus den eher kleinen Langlauf-Nationen Österreich, Kasachstan und Estland in den Fall involviert sind, will Schröcksnadel nicht recht glauben. «Es werden sicher auch grössere Länder mit dabei sein. Wenn es ein Drogenring ist, kann man nicht den ÖSV schuldig sprechen.»
Im Zuge der «Operation Aderlass» führten 120 Beamte insgesamt 16 Hausdurchsuchungen durch. Neun Personen wurden festgenommen. Einer der fünf verhafteten Langläufer wurde in seiner Unterkunft in Seefeld auf frischer Tat ertappt. Als er die Türe geöffnet habe, habe er noch eine Bluttransfusion im Arm gehabt, sagte Dieter Csefan vom Bundeskriminalamt.
Im deutschen Erfurt wurde ein komplettes Dopinglabor mit Zentrifugen und Blutkonserven ausgehoben. Es wird dem 40-jährigen Sportarzt zugerechnet, der als Mannschaftsarzt der Rad-Equipe Gerolsteiner vor rund zehn Jahren schon einmal in einen grossen Dopingfall verwickelt war. Damals hatte es der Österreicher Bernhard Kohl an der Tour de France praktisch aus dem Nichts auf Rang 3 der Gesamtwertung und zum Sieg der Bergwertung geschafft. Kurz nach der Rundfahrt war er des Dopings überführt worden.
Laut Csefan dürfte der aktuelle Fall noch weitere Kreise ziehen. Im Dopinglabor habe man viele Blutbeutel gefunden, diese Spuren müssten aber noch ausgewertet werden. «Es sind sicher auch noch andere Sportarten betroffen», so Csefan.