Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!
- watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
- Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
- Blick: 3 von 5 Sternchen
- 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen
Du willst nur das Beste? Voilà:
Eine Premiere in unserem Hockey. Ein Präsident wechselt während der Saison zu einem anderen Klub. Spieler haben das schon oft getan. Ein Boss noch nie. Wenn einer zwei Klubs präsidierte, dann in gehörigem Abstand. Peter Bossert war bis 1986 grosser Vorsitzender des EHC Arosa. Erst 2001 stieg er als Präsident in Kloten wieder ins Hockeygeschäft ein.
Was bedeutet nun der Ausstieg von Präsident Ken Stickney und sein Wechsel zu Lausanne für die Kloten Flyers? Nun, nachdem sich die Aufregung gelegt hat, erkennen wir: ein Schritt nach vorne. Weil nun eine «kanadische Bruderschaft» bereits einen Viertel der Liga kontrolliert: Servette, die Kloten Flyers und neu auch Lausanne. Die drei Klubs bilden eine «kleine NHL».
Natürlich gibt es offiziell und juristisch keine Verbindung zwischen den drei Hockeyunternehmen. Die Liga hat entsprechende Gesetze erlassen: Niemand darf bei mehr als einem Klub 25 oder mehr Prozent der Aktien besitzen oder ein Amt ausüben. Deshalb ist Ken Stickney bei den Kloten Flyers als Verwaltungspräsident ausgestiegen. «Sie können davon ausgehen, dass wir uns an die Vorschriften halten», sagt Klotens Geschäftsführer Matthias Berner.
Kein Schelm, wer die bange Frage stellt: Steigen nun die nordamerikanischen Investoren bei den Kloten Flyers aus und wenden sich Lausanne zu? Einem Hockeyunternehmen mit besseren wirtschaftlichen Voraussetzungen. Matthias Berner sagt: «Überhaupt nicht. Der Abgang von Ken Stickney hat keinen Einfluss auf die Kloten Flyers.»
Das muss Klotens Bürogeneral natürlich so sagen. Aber es dürfte tatsächlich so sein. Die nordamerikanische Avenir Gruppe ist ja nicht Sponsor des Klubs. Sondern Besitzerin. Die Besitzerin kann nicht aussteigen. Sie kann nur verkaufen oder verschenken.
Aber es gibt noch einen anderen Grund, warum Matthias Berners Aussage nicht bloss eine verbale Beruhigungspille ist. Hinter dem Einstieg der Nordamerikaner in unser Hockey steht eine Strategie. Wer will, kann daraus eine Verschwörungstheorie drechseln.
Es gibt zwar keine offiziellen Verbindungen zwischen Lausanne, Servette und Kloten. Aber die nordamerikanischen Investoren bei den drei Teams sind «Buddies». Freunde. Da entsteht ein «Kartell des Bösen» mit dem Ziel, eine ganze Liga unter Kontrolle zu bringen und unser Hockey in die 11. Provinz Kanadas zu verwandeln. «Ein Kartell ist schon etwas hoch gegriffen», sagt Matthias Berner: «Es sind ja nur drei Klubs. Aber es stimmt, dass es gemeinsame Interessen und einen Gedankenaustausch gibt.»
Eine «kleine NHL» ist entstanden. Die Manager von Kloten, Lausanne und Servette können beispielsweise unter sich schon mal ein bisschen nach NHL-Manier fuhrwerken. Beispiel: Denis Hollenstein ist in Kloten zu teuer. Also transferieren wir ihn samt Vertrag nach Lausanne oder nach Genf. «Das ist ein unglücklich gewähltes Beispiel», sagt Matthias Berner. «Denis Hollenstein ist das Herz und die Seele unseres Klubs. Deshalb ist so ein Transfer ausgeschlossen. Aber dieses Szenario ist bei einem weniger wichtigen Spieler denkbar.»
Was die übrigen Klubs und vor allem jene der NLB schon ein wenig beunruhigen sollte: Matthias Berner versteht sich sehr gut mit Peter Zahner. Dessen ZSC Lions sind auch stark nordamerikanisch geprägt und pflegen bereits eine Zusammenarbeit mit den Toronto Maple Leafs. Wenn Kloten, Lausanne und Genf nun mit Zürich politisch zusammenspannen entsteht ein Machtblock, der einen Drittel der Liga kontrolliert. Zudem müssen in der NLB zwei Farmteams nach der politischen Pfeife der Kloten Flyers und der ZSC Lions tanzen (Winterthur, GCK Lions). Entsteht da eine «unheilige Allianz» zwischen Deutsch und Welsch?
In dieser «kleinen NHL» werden ketzerische Gedanken gewälzt. Matthias Berner sagt: «Wir sind gegen den Auf- und Abstieg und für eine geschlossene Liga.» Es ist die Denkweise der nordamerikanischen Herren. Sie kennen im Sportgeschäft den Auf- und Abstieg nicht. Bis heute sind glücklicherweise alle Versuche, aus der höchsten Spielklasse eine geschlossene Liga zu machen, gescheitert. Eine Mehrheit liess sich nie finden. Die NLB-Klubs konnten glücklicherweise den Unsinn einer geschlossenen Liga bis heute immer verhindern. Aber jetzt könnte es gefährlich werden. Gut, dass sich die NLB-Klubs diese Woche auf eine bessere politische Zusammenarbeit geeinigt haben.
Wir sind etwas vom Thema abgekommen. Kehren wir zu Kloten und zum «Strichkampf» zurück: Wenn ein Klub-Präsident zurücktritt, um bei einem Konkurrenten im Kampf um die Playoffs einzusteigen, dann kommt Unruhe auf. Hat dieser Wechsel zur Unzeit Einfluss auf die Mannschaft der Kloten Flyers, auf den Kampf um die Playoffs? «Nein» sagt Matthias Berner. «Natürlich war der Mittwoch ein aufregender Tag und es hat viele Fragen gegeben. Diese Fragen haben wir inzwischen beantwortet und am Donnerstag sind alle wieder an ihre Arbeit gegangen. Ich gehe davon aus, dass die ganze Sache keine sportlichen Auswirkungen hat.»
Abgesehen davon, dass er das so sagen muss, dürfte es tatsächlich so sein: Die Kloten Flyers haben zwar unruhige Tage hinter sich. Aber Spieler und Trainer haben inzwischen mit solchen Unruhen längst leben gelernt wie die Japaner mit der Erdbebengefahr. Die Kloten Flyers haben ja wahrlich schon aufregendere Zeiten durchgestanden.
Trainer und Sportchef Sean Simpson dürfte die ganze Aufregung sogar recht sein. Sollte er nämlich entgegen allen Erwartungen die Playoffs verpassen (was einem Nichteinlösen eines Freiloses gleichkäme), dann hat er nun eine prima Ausrede: die Unruhe rund um den Präsidentenwechsel sei schuld. Wie beschliesst doch ein frommer Hockeytrainer sein Abendgebet? «Lieber Gott, nimm mir alles, aber lass mir die Ausreden.»