Eine Goalie-Frage ist beantwortet – aber die Hockey-Götter sind nicht fair
Die internationalen Partien im November und Dezember werden oft als «Operetten-Länderspiele» bezeichnet. Es geht zwar um einen offiziellen Wettbewerb (Euro Hockey Tour). Aber die Resultate sind für das breitere Sportpublikum einerlei. Und die Plätze für die WM im Mai werden nicht im November und Dezember vergeben.
Diese Saison ist alles anders: Es geht um die Plätze fürs olympische Turnier und um die Berufung ins Team für die Heim-WM im Mai. Da die NHL-Profis beim olympischen Turnier dabei sind, gibt es nur ein halbes Dutzend Plätze für die Stars aus der National League. Wer im November oder Dezember durchfällt, wird im Februar nicht im Olympia-Team sein.
So gesehen bekommt der kollektive Untergang gegen Schweden eine brisante Note. Die Frage geht an Patrick Fischer: Kann er aus diesem Spiel überhaupt Erkenntnisse für seine Olympia-Selektion gewinnen? Ist eine Beurteilung aus dieser Partie nicht unfair? Er sagt, es gebe einen Erkenntnisgewinn. Schweden sei ein sehr starker Gegner gewesen und es sei aufschlussreich, wie sich ein einzelner in einem so schwierigen Spiel bewähre. Beim olympischen Turnier werde es noch anspruchsvoller sein als nun in dieser Partie. «Ich habe gegen Schweden Gewinner und Verlierer gesehen.» Wohlweislich nennt der Nationaltrainer keine Namen. Nicht die der Verlierer dieser Partie und nicht die der Gewinner.
Aber einer ist definitiv einer der Verlierer: HCD-Torhüter Sandro Aeschlimann (30). Beim olympischen Turnier ist Akira Schmid als NHL-Schlussmann wohl der Favorit für die Position als Nummer 1. Die zwei anderen Plätze – drei Torhüter stehen im Olympia-Aufgebot – werden die Goalies aus der National League unter sich ausmachen. Diese Ausmarchung läuft zwar auch über die Leistungen in der Meisterschaft. Aber eben auch über die «Operetten-Länderspiele» im November und Dezember.
Reto Berra (38) war am Donnerstag der Held beim 3:1 gegen Finnland. Und Sandro Aeschlimann – salopp gesagt – der Depp beim 3:8 gegen Schweden. Aber diese Wertung ist höchst unfair. Hätte denn Reto Berra den Untergang gegen Schweden verhindern können? So, wie er das Team in der ersten Hälfte der Partie gegen Finnland im Spiel gehalten hatte? Sind die Schweizer gegen Schweden untergegangen, weil sie mit Sandro Aeschlimann zu wenig Rückhalt hatten, oder ist Sandro Aeschlimann das Opfer seiner Vordermänner, die defensiv mehr und mehr ausser Rand und Band gerieten?
Die bittere Wahrheit ist wohl die: Eine Goalie-Frage ist nach dieser Schweden-Pleite beantwortet: Sandro Aeschlimann wird – anders als 2022 – nicht als Nummer 3 ins Olympia-Team berufen. Aber die Hockey-Götter waren nicht fair mit ihm: Er hatte bei Lichte besehen gegen Schweden gar keine Chance, ein Held zu werden. In diesem schon beinahe kuriosen Spiel – so ist das Nationalteam in der «Ära Fischer» noch nie vorgeführt worden – war der Torhüter das Opfer seiner Vorderleute und nicht umgekehrt. Letztmals hat die Schweiz gegen Schweden am 21. April 1987 8 oder mehr Tore kassiert: Damals verloren die Schweizer im Rahmen der A-WM 1987 1:12 und stiegen punktelos ab. Schweden wurde Weltmeister.
Aber Sandro Aeschlimann hat eine Chance, nach 2022 und 2025 zum dritten Mal mindestens als Nummer 3 ins WM-Team zu kommen. Er spielt in der Meisterschaft sein bestes Hockey und ist ein wichtiger Faktor beim HCD-Höhenflug. Er ist im laufenden Championat mit einer Fangquote von 92,91 Prozent besser als Leonardo Genoni (91,93 %) oder Stéphane Charlin (90,24 %). Nur Reto Berra (93,47 %) ist in der National League von den für die Schweiz spielberechtigten letzten Männer besser als Sandro Aeschlimann.
In Tampere waren die Hockey-Götter soeben nicht fair zu Sandro Aeschlimann. Vielleicht sind sie es dafür in den Playoffs und ermöglichen es ihm, den HCD zum Titel zu hexen – und dann, aber wohl nur dann – hat er eine gute Chance für die Heim-WM.
P.S. Die Partie am Sonntag (12 Uhr) gegen Tschechien beginnt die Schweiz mit Reto Berra im Tor.
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