Im Sommer 2018 kommt Dan Tangnes nach Zug. Er ist der Trainer, der den EVZ sportlich neu erfindet und mit seiner Persönlichkeit das gesamte Unternehmen nach und nach auf ein neues Niveau hebt. Ein Jahr später zügelt Leonardo Genoni mit einem Fünfjahresvertrag von Bern nach Zug und mit ihm die meisterliche Magie. Zug wird 2021 und 2022 Meister. 2022 wird im Final gar ein 0:3-Rückstand wettgemacht. Mehr meisterliche Dramatik geht nicht.
Der Erfolg ist nachhaltig: Diese Saison sind durchschnittlich erstmals mehr als 7000 Männer, Frauen und Kinder in die neue Arena geeilt und die Auslastung ist mit 97,56 Prozent so hoch wie noch nie. Nur bei Gottéron ist sie noch höher: Dort sind diese Saison alle Heimspiele ausverkauft.
Die Schlüsselstellen in den Büros (Präsident, Manager, Sportchef) könnten kompetenter und vorzüglicher nicht besetzt sein. Und nun das Unerklärliche, Unfassbare, schier Unheimliche: Zug hat achtmal hintereinander verloren.
Die letzte Pleite gegen die ZSC Lions (3:7) ist sogar zutiefst beunruhigend, ja verstörend: Leonardo Genoni vermag nur noch 75,00 Prozent der auf ihn prasselnden Pucks abzuwehren und wird vorzeitig ausgewechselt. Das ist gefühlt so, wie wenn Joel Wicki bei einem Eidgenössischen Schwingfest nach vier Gängen mit drei Niederlagen und einem Gestellten schon am Samstagabend ausscheiden würde.
Nehmen wir an, ein Berichterstatter der «New York Times» mit Sensibilität für Hockey (er hat ein Saisonabi bei den Rangers) wird nach Zug entsandt, um eine tadelnde Reportage über die Welthauptstadt des Rohstoffhandels zu schreiben. Inklusive einer kritischen Würdigung der Rolle von Marc Rich und Fredy Egli. Ein Kapitel über den EVZ darf natürlich nicht fehlen. Er surft auf der Suche nach Informationen ein wenig im Internet, ist beim 3:7 gegen die ZSC Lions im Stadion und hat die Ursache der Krise gefunden.
Zug hat ein Goalie-Problem und das umsichtige Management hat dieses Problem bereits gelöst. Unser Gast aus Amerika weiss, dass der kluge Sportchef Reto Kläy für nächste Saison eine neue Nummer 1 für zwei Jahre bis 2026 unter Vertrag genommen hat: Tim Wolf. Mit 32 im besten Alter und ein Mann der ganz grossen Herausforderungen: Aufsteiger und Cupsieger mit Ajoie, Aufsteiger mit Kloten und nun in Ajoie der beste Torhüter der Liga. In der gleichen Goalie-Eliteschule der ZSC Lions ausgebildet wie Leonardo Genoni. Soeben hat er auswärts gegen Gottéron 41 Schüsse pariert und einen sensationellen Sieg (1:0) gestohlen. Gegen den SC Bern stoppte er gar 46 Pucks (95,83 Prozent) und spielte die Heldenrolle bei einer dramatischen 1:3-Niederlage.
Mit Tim Wolf wird nächste Saison in Zug alles wieder gut. Er ist einer, der an Mike Richter mahnt, der die Rangers 1994 zum letzten Stanley Cup gehext hat. Leonardo Genoni (36) wird ihn als loyale Nummer zwei mit seiner Erfahrung noch besser machen. Das perfekte Goalie-Duo. Ja, das mit Abstand beste Goalie-Duo der Liga. Mit klar verteilten Rollen.
Eigentlich wäre es im Herbst gar nicht nötig gewesen, mit Leonardo Genoni um drei Jahre bis 2027 zu verlängern. Reto Kläy könnte das Risiko eingehen, neben Tim Wolf ein günstiges Talent als Nummer zwei zu löhnen. Aber wahrscheinlich plant er schon mit Leonardo Genoni als Goalietrainer. Deshalb hat er für drei Jahre prolongiert.
Zugs Krise ist also bloss eine kurz aufflammende Resultatkrise. Da müssen die Zuger halt mal durch. Trotz acht Niederlagen hintereinander ist der 5. Platz bereits theoretisch sicher, voraussichtlich wird es sogar ein 4. Schlussrang sein. Verletzungsbedingte Ausfälle haben sicherlich auch zu der Niederlagenserie geführt. Alles halb so schlimm. Nächste Saison wird alles vergessen und vergeben sein. Das Torhüterproblem ist ja gelöst.
Wir kennen die Vergangenheit und Leonardo Genoni und die Umstände besser als unser arroganter Lohnschreiber aus New York. Deshalb bleibt uns nur Kopfschütteln und ein harsches Urteil: so ein Unsinn! Hat der Mann getrocknete Pilze geraucht? Typisch amerikanische Oberflächlichkeit. Und darüber hinaus eine ungeheuerliche Respektlosigkeit gegenüber Leonardo Genoni, dem siebenfachen Meister und eidgenössischen WM-Finalhelden von 2018. Amerikanern fehlt sowieso das Geschichtsbewusstsein. Einfach absurd, diese ganze Goalie-Theorie. Es kann nämlich sogar sein, dass Leonardo Genoni beschliesst, auch 2024 Meister zu werden und 2024 Meister wird! Jawoll! Wir verneigen uns so tief wie wir es vermögen vor Zugs Meistergoalie und verwahren uns in aller Form gegen jede unbotmässige Kritik.
Wir sind Gefangene unserer Erfahrung, unseres Wissens und des rostenden Ruhmes der Zuger. Was, wenn an der abstrusen Analyse eines überheblichen Gastschreibers aus Amerika doch etwas dran wäre?
Irgendwas scheint im Aemmitau die Leute zu vernebeln