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Bob Hartley war ein «harter Hund». Der Kanadier holte 2012 in seiner ersten Saison mit den ZSC Lions den Titel und kehrte dann in die NHL (nach Calgary) zurück. Gut möglich, dass er eine zweite Saison im Amt nicht überstanden hätte. Die Spieler mochten den «Schmirgelpapier-Psychologen» nicht. Aber sie leisteten ein Maximum. Und nur das (und der Titel) zählt.
Bob Hartley mag im Umgang mit den Spielern ein rauer Geselle gewesen sein. Aber er hatte ein Gespür für aussergewöhnliche Spieler. Beim traditionellen Saisonvorbereitungsspiel gegen die GCK Lions fiel ihm einer aus dem Farmteam auf. Luca Cunti. Er entschied sofort: Dieser Spieler gehört ins Team der ZSC Lions. Man riet ihm davon ab. Es handle sich um einen schwierigen Spieler, der sich nirgendwo durchgesetzt habe. Bob Hartley liess sich nicht beirren. Und so begann Luca Cuntis Karriere. 2012 Meister. 2013 gehörte er zu den überragenden Stürmern unseres WM-Finalteams.
Die Kanadier haben einen guten Ausdruck für den Umgang mit schwierigen Spielern: Man müsse «die richtigen Knöpfe drücken». Genau das ist Bob Hartley gelungen. Auch Nationaltrainer Sean Simpson, ebenfalls Kanadier, hatte mit Luca Cunti kein Problem. Aber Hans Wallson, der aktuelle Trainer der ZSC Lions, war im Umgang mit dem sensiblen Schillerfalter hilflos.
Hans Wallson lehrt ein Systemhockey mit strikten Vorgaben. Die Laufwege sind vorgegeben, das taktische Konzept ist für unsere Tempo- und Laufliga eng geschnürt und das Spiel ohne Scheibe hat eine grosse Bedeutung. Manchmal wirken die Spieler ein bisschen wie Schachfiguren – und wenig unterhaltsam. Spieler wie Luca Cunti, die im richtigen Moment aus dem verriegelten System ausbrechen um auf eigene Faust das Eins-gegen-Eins-Duell suchen und eine Spielsituation verändern, haben es bei dieser durchorganisierten Form des Hockeys schwer.
So eisig das Klima unter Bob Hartley auch sein mochte – unter ihm war mehr individueller Freiraum für das urige, lustvolle, kreative Hockey. Luca Cunti ist das prominenteste Opfer des Stilwechsels der ZSC Lions vom «hemdsärmeligen» kanadischen zum akademischen schwedischen Stil.
ZSC-Sportchef Edgar Salis musste sich entscheiden. Für oder gegen seinen Trainer. Für oder gegen Luca Cunti. Sein Entscheid ist logisch und aus der Situation heraus richtig: Der Trainer bleibt, der Spieler, der zum Störfaktor wurde, geht.
Es ist bei den ZSC Lions noch viel zu früh, um das «skandinavische Experiment» bloss wegen der Unzufriedenheit eines Spielers abzubrechen. Die langfristige Strategie muss für den Sportchef wichtiger sein als das aktuelle Befinden eines schwierigen Individualisten. Ab sofort stürmt Luca Cunti für den EHC Kloten. Der Vertrag mit den ZSC Lions ist aufgelöst worden und er hat bis Saisonende einen neuen Kontrakt mit Kloten ausgehandelt. Bereits steht fest, dass er ab nächster Saison für Lugano spielt.
Aber ein aufmerksamer Sportchef muss jetzt auch gewarnt sein. Simon Schenk, der legendäre Baumeister und Architekt der modernen ZSC Lions, pflegte für solche Situationen zu sagen: «Mä mues dr Mähre zum Oug luege». («Man muss dem Pferd zum Auge schauen»). Der alte Emmentaler Ausdruck meint: e
Es gilt, eine Situation sehr aufmerksam zu verfolgen.
Hans Wallson hat in der «Causa Cunti» eine unglückliche, ja klägliche Rolle gespielt. Er hatte nie den Mut zu sagen, dass er nicht mehr auf diesen Spieler setzt. Vielmehr fabulierte er von einer Verletzung und davon, dass Luca Cunti ein Teil der Mannschaft sei. Kein Schelm, wer vermutet, dass das betont autoritäre Auftreten des Schweden vielleicht auch ein wenig Theater ist. Und rückblickend ist die Frage berechtigt, ob die herbstliche Demütigung von Inti Pestoni – er musste die Mannschaft vorübergehend verlassen und Kondition trainieren – nicht auch eine billige Inszenierung des Trainers war.
Die bisherige Bilanz von Hans Wallson ist ernüchternd. In der Champions Hockey League kläglich gescheitert. Im Schweizer Cup ausgeschieden. Und Luca Cunti an den Lokalrivalen verloren.
Am Ende des Tages steht die Wahrheit oben auf der Resultattafel. Wenn Hans Wallson mit den ZSC Lions nicht mindestens das Play-off-Finale erreicht, dann ist er gescheitert. Er hat noch einen Vertrag für nächste Saison und die ZSC Lions pflegen Verträge zu erfüllen. Aber ein Scheitern schon im Halbfinale würde den Schweden zur lahmen Ente machen und seine Autorität arg beschädigen. Ein weiterer Spieler vom Format eines Luca Cunti wird nicht mehr ausgemustert. Der Nächste, der gehen muss, ist der Trainer.
Danke, Luca!
— ZSC Lions (@zsclions) 11. Januar 2017
Cunti wechselt per sofort nach Kloten:https://t.co/2MgYzzXK3Y pic.twitter.com/tFcRtk3eQE
Wird Hans Wallson hingegen Meister, dann werden wir uns verneigen und Edgar Salis zusätzlich für den vorzeitigen Transfer von Luca Cunit rühmen. So einfach, klar und wahr ist es manchmal im Sport.
Auch Luca Cunti steht unter Zugzwang. Der WM-Silberheld bekommt die Möglichkeit, noch diese Saison zu beweisen, dass er beim ZSC-Trainer zu Unrecht in Ungnade gefallen ist. Ein bis unter die Haarspitzen motivierter Luca Cunti kann für den EHC Kloten zum Glücksfall werden – und den Kampf um die letzten Play-off-Plätze entscheiden.
Luca Cunti per sofort zum EHC Kloten: https://t.co/4q9EoJxUfk #ehckloten #willkommen pic.twitter.com/pI2YSenaBj
— EHC Kloten (@EHC_Kloten_1934) 11. Januar 2017
Er wird bereits am Freitag gegen Lausanne sein erstes Spiel für seinen neuen Arbeitgeber bestreiten. Klotens Sportchef Pascal Müller bestätigt: «Luca Cunti ist fit. Er kann ab sofort spielen.» Hingegen steht der Nationalstürmer als Verlierer und «ZSC-Querulant» da, wenn er in Kloten nichts bewirken kann.
Wenn die Hockey-Götter Sinn für gute Unterhaltung haben, dann bescheren sie den ZSC Lions den EHC Kloten als Viertelfinalgegner.