Die erste spontane Reaktion kommt von Chris McSorley: «One of the saddest days I've had since 2001».
Der Kanadier, der im Wesen und Wirken Arno Del Curto am nächsten kommt, hat recht und wieder auch nicht. Natürlich ist es hockeytechnisch ein trauriger Tag, wenn Del Curto sein Amt niederlegt. Nun ist McSorley der «Dinosaurier» der Liga. Er arbeitet seit 2001 in Genf und es passt, dass ausgerechnet er am Freitag der nächste Meisterschafts-Gegner der Davoser ist.
Aber es gibt auch eine andere Sichtweise. Arno Del Curto verlässt die grosse Bühne als grösster Schweizer Trainer aller Zeiten im Stil des grössten aller Zeiten. Als Sieger. Nach einem 5:1 im Hallenstadion gegen die mächtigen ZSC Lions. Nach einem Triumph über den Titelverteidiger. Ein würdiger Abgang. Und noch etwas: Dieser Abgang entspricht dem Charakter des charismatischen Feuerkopfes. Von einem Tag auf den anderen. Ohne Vorankündigung. In einem Augenblick, den er selber bestimmt. Ohne grosses Theater. Ein lange angekündigter Abschied mit dem heute üblichen Medien- und sonstigen Zirkus wäre ihm zutiefst in der Seele zuwider gewesen.
Arno Del Curto geht freiwillig. Ob nun unfreiwillig freiwillig oder freiwillig ist völlig unerheblich. Seine Verdienste um unser Hockey und den HC Davos sind so gross, dass er nur selber gehen kann. Eine Entlassung, eine Amtsenthebung von Arno Del Curto wäre eine Stillosigkeit sondergleichen gewesen. Die grösste in der Geschichte unseres Hockeys. HCD-Präsident Gaudenz Domenig ist ein Mann mit Stil.
Arno Del Curto hat den HCD im Sommer 1996 übernommen. Im Sommer 1996! Da sassen Ruth Dreifuss, Moritz Leuenberger, Jean-Pascal Delamuraz, Kaspar Villiger, Arnold Koller, Flavio Cotti und Adolf Ogi im Bundesrat. Die NLA-Trainer hiessen damals Riccardo Fuhrer (La Chaux-de-Fonds), Alexander Jakuschew (Ambri), Bryan Lefley (SC Bern), Kjell Larsson (Fribourg-Gottéron), Wayne Fleming (Kloten), Mats Waltin (Lugano), Pekka Rautakallio (Rapperswil-Jona), Jim Koleff (Zug) und Alpo Suhonen (ZSC).
Ralph Krueger kannte hierzulande noch niemand. Er war Cheftrainer eines Operettenklubs (Feldkirch) in einer Operettenliga (Alpenliga). Und Chris McSorley Cheftrainer in einer Farmteamliga in Las Vegas und wusste nicht einmal recht, wo auf dem Globus die Schweiz und Genf zu finden sind.
Item, wenn ein Trainer geht (oder gegangen wird), dann ist es eigentlich Chronistenpflicht, zu erklären, warum er gescheitert ist. Und meistens geht es bei einer Analyse des Misserfolges nicht ohne Häme. Und nicht ohne Besserwisserei.
Natürlich ist es in letzter Konsequenz ein Scheitern. Und wenn es eine Analyse braucht, dann können wir die in einem Satz machen: Er hatte nicht mehr die Spieler mit dem Talent und der Persönlichkeit, um «sein» Hockey zu spielen.
Aber wer mehr als 20 Jahre ein Team mit so viel Erfolg geführt, gecoacht, trainiert und betreut hat, wer so viel Erfolg hatte, wer ein Trendsetter in seinem Sport war, scheitert nicht. Er ist über Erfolg und Misserfolg erhaben.
Eher ist es so, dass Arno Del Curto nun in Pension geht. Mit hoch erhobenem Haupt. Als grosser Sieger über die ZSC Lions. Als «ewiger» Trainer. Als einer, der nicht nur so viele gegnerische Mannschaften besiegt hat.
Er hat auch die Zeit besiegt.
I take full credit for this unique photo, probably the only one depicting awful dresser Arno Del Curto wearing a tie. Prior to 2009 Victoria Cup game vs @NHLBlackhawks I told Arno that he can't coach vs an NHL team without a tie. I lent him mine. Photo: @MatthewManor #HHoF pic.twitter.com/TFmLrrKIJT
— Szymon Szemberg (@Sz1909_Szemberg) 27. November 2018