Patrick Fischer wird nach dem Spiel gegen Kanada gefragt, was die Magie des Schweizer Eishockeys ausmache. Wie es möglich sei, dass ein so kleines Land in fünf Jahren zwei WM-Finals bestreiten kann. Seine kluge Antwort: «Dieser Erfolg gehört auch den vielen freiwilligen Helfern, die wir auf allen Stufen, auch im Nachwuchs haben. Wir sind stolz, wir sind aber auch selbstkritisch und arbeiten hart.»
Der Nationaltrainer wird auch auf das missglückte olympische Turnier und die Kritik an seiner Person angesprochen. Er sagte, es kümmere ihn nicht, was die Medien über ihn schrieben. Man habe das Turnier kritisch analysiert und aus den Fehlern gelernt.»
Und dann ist natürlich der Final gegen Schweden das Thema (heute 20.15 Uhr im watson-Liveticker). Der Nationaltrainer sagt auf die Frage, was das Besondere an der Vorbereitung auf dieses Spiel sei: «Die Spieler haben Respekt, aber keine Angst vor dem Gegner. Sie haben ein gesundes Selbstvertrauen, gehen aufs Eis und wollen spielen. So ist das bei einer jungen Mannschaft, so ist das bei der neuen Spielergeneration.»
Er spricht damit eine erstaunliche Entwicklung an: Die Nationalmannschaft hat sich in den fünf Jahren seit dem letzten WM-Final erneuert. Sie ist nicht mehr mit dem Finalteam von 2013 vergleichbar.
Nur noch fünf Finalisten von 2013 gehören jetzt wieder zum WM-Team. Torhüter Reto Berra (er spielte 2013 im Final nicht, im Tor stand Martin Gerber), die Verteidiger Raphael Diaz und Roman Josi und die Stürmer Nino Niederreiter und Simon Moser. Und Patrick Fischer war als zweiter Assistent von Nationaltrainer Sean Simpson dabei.
2013 gewannen die Schweizer nach dem Startsieg über Schweden bis zum Finale alle neun Spiele und wurden Gruppensieger. Hier in Dänemark ist die Mannschaft nach einem schwierigen Start mit einem Punktverlust gegen Aufsteiger Österreich (3:2 n.V) und Niederlagen gegen Russland, Tschechien und Schweden im Laufe des Turniers zusammengewachsen, erreichte das Viertelfinale lediglich auf dem 4. Rang und spielte erst ab dem Viertelfinale gegen Finnland (3:2) ihr bestes Hockey.
Das Finalteam von 2018 ist jünger, noch dynamischer, kreativer, schneller, mutiger und talentierter. Es ist das beste WM-Team aller Zeiten und hat im Halbfinale gegen Kanada das beste WM-Spiel aller Zeiten zelebriert. 2013 hatten nur Raphael Diaz und Roman Josi in der NHL gespielt. Nino Niederreiter hatte die ganze Saison im Farmteam verbracht.
Jetzt sind mit Roman Josi, Mirco Müller, Sven Andrighetto, Kevin Fiala, Timo Meier und Nino Niederreiter sechs Spiele dabei, die sich in der NHL durchgesetzt haben. Sie verändern die Mentalität in der Kabine. Und ihre Präsenz macht auch die Stars aus der NLA besser – alle drei Tore gegen Kanada haben Stürmer aus unserer Liga erzielt: Tristan Scherwey, Gaëtan Haas und Gregory Hofmann.
Die Schweizer erwecken mehr als 2013 den Eindruck, mit dem Finalgegner auf Augenhöhe zu stehen. Diese Mannschaft ist geprägt von einer neuen Spielergeneration. Von Kevin Fiala, Mirco Müller, Sven Andrighetto, Enzo Corvi, Michael Fora, Gaëtan Haas, Joël Vermin oder Lukas Frick.
2013 war die Finalqualifikation letztlich wie ein Wunder und vor dem «Spiel der Spiele» schien es, als seien die Schweizer fast erschrocken, als ihnen bewusst wurde, wie hoch sie gestiegen waren, welch historischen Erfolg sie bereits mit der Finalteilnahme erreicht hatten.
Die 1:0-Führung (5. Minute) durch Roman Josi hielt nicht lange. Die Schweden glichen schnell aus (9. Min.), führten bald 2:1 (12. Min.), die Entscheidung fiel mit dem 3:1 (48. Min.). Sie waren nicht chancenlos (27:27 Torschüsse). Aber Torhüter Martin Gerber war nicht mehr in Hochform. Sean Simpson setzte den Langnauer ein, weil der Stanley Cup-Sieger von 2006 das Startspiel gegen Schweden 3:2 gewonnen hatte und damals in Schweden (Rögle) spielte. Vielleicht wäre es anders herausgekommen, wenn er Reto Berra eingesetzt hätte, der im Halbfinale (3:0 gegen die USA) das Spiel seines Lebens gespielt und 29 Pucks gestoppt hatte.
Auch das ist jetzt anders: Patrick Fischer stellt heute erneut Leonardo Genoni ins Tor. Den Helden der Siege gegen Finnland (3:2) und Kanada (3:2). Das Selbstvertrauen ist vor dem Finale trotz einer 3:5-Vorrunden-Niederlage gegen die Schweden intakt. Die Schweizer sind auf eine gesunde Art und Weise selbstsicher.
Verteidiger Dean Kukan (24), der als Junior in Schweden gespielt hat (2011 bis 2015) und nun bei Columbus in der NHL unter Vertrag steht, sagt: «Ich glaube, dass nun die Zeit für eine Revanche gekommen ist. Wir haben hier in der Vorrunde gegen die Schweden verloren und wir wissen nun, wie sie spielen. Ich glaube, dass es ein gutes Spiel wird.»
Auch ZSC-Stürmer Reto Schäppi ist zuversichtlich: «Wir haben in der ersten Hälfte der Partie gegen die Schweden kaum den Puck berührt. Sie waren am Anfang unheimlich stark. Nun müssen wir bereit sein und die Partie so beginnen, wie wir sie beendet haben: wir hatten eine starke Schlussphase und so müssen wir jetzt gleich von Anfang an spielen.» Auf die Frage nach der Vorbereitung auf dieses Finale sagt er: «Viel trinken, gut erholen, so rasch wie möglich schlafen. Vor dem Spiel machen wir wahrscheinlich einen gemeinsamen Spaziergang, essen gut und dann gibt es ein Teammeeting bei dem wir uns noch einmal mit dem Spiel der Schweden beschäftigen.»
Nino Niederreiter bringt sozusagen stellvertrendend für alle auf den Punkt: «Wir müssen gleich wie die Feuerwehr loslegen und von Anfang an unser bestes Hockey spielen.» Dem ist nichts mehr beizufügen.