Der oft totgesagte Schweizer Klubfussball hat mal wieder ein kräftiges Lebenszeichen von sich gegeben. Schon mit dem Abpfiff war klar: Dieser 2:1-Sieg von YB gegen Manchester United ist eine Sternstunde. Ist er gar der grösste Erfolg eines Schweizer Teams in der Europacup-Geschichte?
* was bedeutet, dass etwa Wettingens 0:0 gegen Diego Maradonas Napoli nicht in dieser Liste ist, weil es kein Sieg war.
2017/18, Champions League, Gruppenphase, 2. Runde
Im ersten Heimspiel der Gruppenphase gelingt dem FC Basel sein höchster Sieg in der Champions League. In Erinnerung bleibt besonders der Treffer von Dimitri Oberlin nach einem Sprint über den gesamten Platz.
In der gleichen Kampagne gelingt Basel auch ein 1:0-Sieg gegen Manchester United, dank einem Tor von Michael Lang in der 89. Minute.
1998/99, UEFA-Cup, 2. Runde, Rückspiel (Telegramm)
Dank einer starken Leistung im Auswärtsspiel (1:1) behält der FCZ die Chance aufs Weiterkommen – und die packt er. Von «wunderschönen Kombinationen» und «gelungenem Direktspiel» ist in Berichten die Rede, und dass die Zürcher den schottischen Gegner dominiert hätten. Zur Pause steht es noch 0:0, dann fallen noch sechs Tore. Schade, habe ich kein Video davon gefunden – aber dasjenige des Hinspiels ist auch ein Hingucker, inklusive dem einzigen Europacup-Tor von Urs Fischer – ein Schuss, der wohl eher als Flanke geplant war. Es folgten zwei epische Spiele gegen die AS Roma, in denen der FC Zürich knapp scheiterte.
2013/14, Europa League, Qualifikation, Rückspiel (Telegramm)
Mit einem 1:1 aus dem Hinspiel reist der FC St.Gallen als Aussenseiter zum Rückspiel in Russland. Schon in der ersten Minute trifft Spartak, aber dann legen die Ostschweizer los: Angeführt vom Doppeltorschützen Goran Karanovic folgt die Wende. Der FCSG schafft es in die Gruppenphase der Europa League, wo er zuhause Kuban Krasnodar und Swansea City schlägt.
1985/86, UEFA-Cup, Viertelfinal, Rückspiel (Telegramm)
Nach der 0:3-Niederlage vor 100'000 Zuschauern im Bernabeu glauben nur noch allerkühnste Optimisten an ein Weiterkommen von Xamax. Ausgerechnet Uli Stielike – vor der Saison von Madrid nach Neuenburg gewechselt – bringt den Aussenseiter auf der Maladière aber schon früh in Führung. Die Sensation des Weiterkommens liegt nicht wirklich in der Luft, denn der 2:0-Siegtreffer, eine Direktabnahme von Maurizio Jacobacci nach 40-Meter-Zuspiel, fällt erst in der 91. Minute.
2000/01, UEFA-Cup, 2. Runde, Hinspiel (Telegramm)
Ajax ist einer von nur fünf Klubs, welche Champions League, Cupsieger-Cup und UEFA-Cup gewinnen konnten. Doch an diesem Abend auf der Pontaise ist Lausanne zu stark für die Niederländer: Javier Mazzoni erzielt das Tor zum 1:0-Sieg. Weil die Waadtländer im Rückspiel ein 2:2 erreichen, kegeln sie das grosse Ajax raus.
2018/19, Champions League, Gruppenphase, 6. Runde (Telegramm)
Juve ist vor dem Spiel schon für die K.o.-Phase qualifiziert und YB ist bereits ausgeschieden. Doch die Berner lassen sich nicht hängen und schlagen den Favoriten dank zwei Toren von Guillaume Hoarau. Für Cristiano Ronaldo, den neuen Juve-Superstar, wird es nicht die einzige 1:2-Niederlage im Wankdorf bleiben.
1992/93, Cupsieger-Cup, 2. Runde, Hinspiel (Telegramm)
Europacup-Erfolge und der FC Luzern – wie das zusammenpasst? Nun, es gab tatsächlich nicht nur Peinlichkeiten und diskussionslose Niederlagen. 1992 wurde Luzern zwar Cupsieger, stieg aber auch ab. So trat es als Nationalliga-B-Klub im Europacup an, wo es zunächst Lewski Sofia eliminierte und danach auch Feyenoord das Fürchten lehrte. Nach dem Hinspiel-Sieg durch einen Treffer von Martin Rueda war dann aber der Ofen aus, in Holland gab es eine 1:4-Niederlage.
1987/88, Meistercup, 2. Runde, Hinspiel (Telegramm)
Die grosse Xamax-Mannschaft unter Trainer Gilbert Gress ist zuhause auf der Maladière eine Macht. Dank Toren von Robert Lüthi und Beat Sutter gewinnen die Neuenburger vor 21'300 Zuschauern mit 2:1. Im Rückspiel steht es bis zur 88. Minute 0:0, auch weil Goalie Joël Corminboeuf einen Penalty von Lothar Matthäus pariert. Xamax wäre mit diesem Ergebnis weiter. Doch dann treffen Hansi Pflügler und «die Kobra» Jürgen Wegmann, Gress und Co. sind ausgeschieden.
2001/02, UEFA-Cup, 3. Runde, Rückspiel (Telegramm)
Wer weiss, wie die Trainerkarriere von Lucien Favre ohne dieses Spiel weitergegangen wäre. Nach einem 0:0 im Hinspiel in Genf (und nachdem die Genfer Slavia Prag und Real Saragossa aus dem Wettbewerb schossen) trumpft Servette in Berlin gross auf. Eine frühe Rote Karte spielt den Schweizern in die Hände; Hilton, Alex Frei und Goran Obradovic treffen zum 3:0-Sieg. Bei der Hertha hat man fortan stets ein Auge auf Favre und engagiert ihn schliesslich 2007.
2019/20, Europa League, Achtelfinal, Hinspiel (Telegramm)
Eine herausragende Leistung des FC Basel – und keiner darf live dabei sein. Denn im März 2020 beginnt das Coronavirus sich auszuweiten, Zuschauer sind in Frankfurt nicht erlaubt. Die Pandemie ist dann auch der Grund dafür, dass das Rückspiel erst fünf Monate später stattfinden kann – Basel gewinnt auch zuhause mit 1:0.
1977/78, UEFA-Cup, Halbfinal, Hinspiel (Telegramm)
Die Grasshoppers sind nahe dran, sich für den Final zu qualifizieren. Das animierte Hinspiel gewinnen sie dank Toren von Heinz Hermann, Raimondo Ponte und Yves Montandon 3:2. Nur wegen der Auswärtstorregel scheidet GC nach dem 0:1 im Rückspiel auf Korsika aus. «Wir haben gut entgegengehalten, dann aber zehn Minuten vor Schluss das 0:1 kassiert», erinnert sich Ponte im «Blick» viele Jahre später. «Aber ehrlich, ich weiss nicht, ob wir gesund aus dem Stadion gekommen wären, wenn Bastia nicht gewonnen hätte. Sie wollten mit aller Macht in den Final und dementsprechend aufgeheizt und aggressiv war die Stimmung – im und auch ausserhalb des Stadions. Das war unglaublich.»
2011/12, Champions League, Achtelfinal, Hinspiel (Telegramm)
Valentin Stocker sichert sich einen goldenen Eintrag im Geschichtsbuch des FC Basel. Dank seines Treffers in der 86. Minute schlägt der kleine FCB den grossen FCB mit 1:0. Und so fragt man sich: Könnte ein Fussballwunder, das Eliminieren der Münchner, vom Traum zur Realität werden? Nicht ganz. Denn die Bayern-Stars sind angefressen nach der Hinspiel-Niederlage und ballern Basel im Rückspiel gleich mit 7:0 aus der Allianz-Arena.
2009/10, Champions League, Gruppenphase, 2. Runde (Telegramm)
«Ich habe den Trick aus einem finnischen Volkstanz geklaut», behauptet Hannu Tihinen nach dem Spiel. Und der finnische Routinier fragt die Reporter, die ihn vor dem Spiel kritisiert hatten: «Kein schlechtes Tor für einen Senior mit schlechter Technik, oder?» Nein, es ist in der Tat ein fantastischer Treffer, der nicht nur Schweizer Fans in Ekstase versetzt, sondern auch Milans Kult-Reporter Tiziano Crudeli in den Wahnsinn treibt.
1995/96, UEFA-Cup, 1. Runde, Rückspiel (Telegramm)
Für viele Südtessiner ist Mailand das Zentrum der Welt und Milan oder Inter der Lieblingsverein. Das Duell zwischen Lugano und Internazionale ist deshalb so bedeutend wie jenes eines Deutschschweizer Klubs mit Bayern München. Schon das 1:1 im Cornaredo ist ein Erfolg, doch es kommt noch viel besser. Eduardo «Edo» Carrasco erzielt Luganos 1:0 im San Siro und weil es das einzige Tor bleibt, schafft der Underdog tatsächlich die Sensation und wirft den übermächtigen Nachbarn raus.
2020/21, Europa League, Sechzehntelfinal, Hinspiel (Telegramm)
3:0 geführt, das 3:3 kassiert – und in der 89. Minute dank einem Tor von Jordan Siebatcheu doch noch gewonnen. Das Hinspiel hat es in sich und im Rückspiel setzen die Berner gleich nach. Sie schlagen Leverkusen auch auswärts 2:0 und werfen den Bundesliga-Vertreter raus. Es dauert drei Monate, dann präsentiert Leverkusen seinen neuen Trainer: Gerardo Seoane, der Bayer 04 mit den Young Boys besiegt hat.
1958/59, Meistercup, Halbfinal, Hinspiel (Telegramm)
Eine Rekordkulisse: Über 63'000 Fans quetschen sich ins Wankdorf, alle wollen ihre Lieblinge auf dem Weg in den Final unterstützen. Dank Torjäger Eugen «Geni» Meier («Bomben-Meier») schlägt YB den französischen Meister 1:0, ein Resultat, das gemäss Augenzeugen aber hätte höher sein können oder gar müssen. Der Schiedsrichter, heisst es, ist den Bernern gar nicht wohlgesinnt. Der Traum vom Final platzt im Rückspiel in Paris, das 0:3 verloren geht. Ohne die Leistung schmälern zu wollen: Um in den Halbfinal zu kommen, muss YB damals nur zwei Gegner eliminieren (MTK Budapest und Wismut Karl-Marx-Stadt).
2005/06, Champions League, Qualifikation, Rückspiel (Telegramm)
Es ist nichts anderes als ein Fussballwunder, das der kleine FC Thun im Jahr 2005 schreibt. Hinter Basel werden die Berner Oberländer Vizemeister, und in der Qualifikation zur Champions League machen sie einfach dort weiter, wo sie in der Meisterschaft aufgehört haben. Erst werfen sie dank dem mirakulösen Hexer Eldin Jakupovic das favorisierte Dynamo Kiew raus, dann ist Malmö FF fällig. Nach dem 1:0-Hinspiel-Sieg in Schweden wird das Rückspiel in Bern zur Gala. In der Königsklasse folgen gute Auftritte und ein Sieg gegen Sparta Prag, dank dem Thun überwintert und in der Europa League weiterspielen kann.
2014/15, Champions League, Gruppenphase, 2. Runde (Telegramm)
Gerne würden wir natürlich das famose 3:3 des FC Basel gegen den FC Liverpool in diese Liste aufnehmen. Das können wir nicht, weil das legendäre Spiel zwar episch war, aber eben kein Sieg. Deshalb verweisen wir auf unser «Unvergessen»:
Zwölf Jahre später gelingt Basel tatsächlich ein Sieg gegen die berühmten «Reds». Kurz nach der Pause schiesst Marco Streller den goldenen Treffer zum 1:0-Sieg. Weil der FCB dann auch auswärts an der Anfield Road ein 1:1 holt, qualifiziert er sich auf Kosten von Liverpool für die Achtelfinals.
2000/01, UEFA-Cup, 1. Runde, Rückspiel (Telegramm)
Im Exil im Zürcher Hardturm feiert der überraschende Schweizer Meister den vermutlich legendärsten Sieg seiner Klubgeschichte. Nach dem 0:1 an der Stamford Brigde im Hinspiel wird das Rückspiel zur grossen Espen-Show. Flügelflitzer Sascha Müller und Torschützenkönig Charles Amoah erzielen die Treffer zur faustdicken Sensation: Die St.Galler schmeissen einen mit Stars wie Gianfranco Zola, Christian Panucci oder Jimmy Floyd Hasselbaink gespickten Premier-League-Klub raus.
1996/97, Champions League, Gruppenphase, 2. Runde (Telegramm)
Es gibt viele Fussballspiele, die in der Erinnerung auf eine einzige Szene heruntergebrochen werden. Dazu gehört auch dieses, denn es ist die Partie, in der Murat Yakin sein berühmtes Freistosstor aus rund 40 Metern erzielt. Ajax um Regisseur Jari Litmanen ist zu jener Zeit eines der besten Teams der Welt: 1995 gewinnt es die Champions League, 1996 steht es im Final. Aber dann holt Murat Yakin Anlauf …
2013/14, Champions League, Gruppenphase, 1. Runde (Telegramm)
17 Jahre nach seinem Freistossknaller ist Murat Yakin Trainer des FC Basel und feiert erneut einen Erfolg in der Königsklasse. Dank Treffern des aufstrebenden Mohamed Salah und von Marco Streller wird aus einem 0:1 ein 2:1 gemacht. Auch im Heimspiel schlägt der FCB Chelsea, Salah erzielt das Tor zum 1:0-Sieg. Kein Wunder, verpflichten ihn die Londoner anschliessend. Der endgültige Durchbruch zum Weltstar gelingt dem Ägypter aber erst ein Jahr später bei der AS Roma und danach bei Liverpool.
2012/13, Europa League, Viertelfinal, Rückspiel (Telegramm)
Nach vielen Jahren stösst wieder einmal ein Schweizer Team bis in den Halbfinal eines europäischen Wettbewerbs vor. Der FCB und Tottenham trennen sich sowohl im Hin- wie auch im Rückspiel 2:2. Beide Spiele sind hochspannend: In London schiessen Valentin Stocker und Fabian Frei den FCB zu einer temporären 2:0-Führung, in Basel lautet die Torfolge 0:1, 2:1, 2:2. So kommt es zum Penaltyschiessen, wo vier Basler treffen, aber nur zwei Londoner.
1978/79, Meistercup, Achtelfinal, Rückspiel (Telegramm)
Eines vorweg: Achtelfinal klingt besser, als es war: GC musste nur eine Runde überstehen und fegte den FC Valletta mit dem Gesamtskore von 13:3 weg. Das 1:3 im Hinspiel gegen Real Madrid ist dann ebenso erwartungsgemäss. Aber was im Rückspiel folgt, ist eine grosse Show der Hoppers. Claudio Sulser, schon im Bernabeu der Zürcher Torschütze, trifft doppelt. Sein 2:0 in der 88. Minute bedeutet, dass GC tatsächlich das grosse Real Madrid aus dem Wettbewerb wirft. Die Spanier drehen durch, die Rede ist von spuckenden Madrilenen und einer zertrümmerten Glasscheibe in der Kabine. Die Zürcher dürften sie gerne ersetzt haben.
2021/22, Champions League, Gruppenphase, 1. Runde (Telegramm)
Der Gegner kommt mit dem fünffachen Weltfussballer Cristiano Ronaldo, mit den Weltmeistern Paul Pogba und Raphael Varane und mit zahlreichen weiteren Stars nach Bern. CR7 bringt Manchester United nach einem Zauberpass von Bruno Fernandes prompt früh in Führung. War's das schon? Nein. YB kämpft engagiert, bestimmt das Spiel, erst recht nach einem Platzverweis gegen die Engländer. Nach dem Ausgleich durch Nicolas Moumi Ngamaleu sieht es lange nach einem 1:1 aus – bis in der 95. Minute Jordan Siebatcheu in einen haarsträubenden Rückpass von Jesse Lingard läuft und das 2:1-Siegtor für YB erzielt. Ekstase im Wankdorf.
2011/12, Champions League, Gruppenphase, 6. Runde (Telegramm)
Der YB-Sieg gestern oder doch dieser hier? Die Entscheidung fällt zugunsten der Partie des FCB vor zehn Jahren aus, weil es damals eine Art K.o.-Spiel ist, in dem es für beide Teams ums Weiterkommen geht. Im Direktduell entscheidet sich, wer in die Achtelfinals kommt. Der aufstrebende Youngster Xherdan Shaqiri wirbelt und gibt die Assists zu beiden Treffern, welche die «Altmeister» Marco Streller und Alex Frei erzielen. Das Anschlusstor für ManUnited fällt erst in der 89. Minute – Basel wirft den Giganten aus der Champions League. Rot-Blau feiert und der knurrige Erfolgstrainer Sir Alex Ferguson ist bedient.
Thx!
Da es die zweite CL-Gruppenphase war (damals gab es noch keinen Achtelfinal) , gewichte ich persönlich diesen Sieg noch höher, als ein „normales“ Gruppenspiel.
Zieht man aber die Umstände (rote Karte) in die Rangierung mit ein, dann verdient dieser Sieg niemals den 2. Platz, da hat YB höher einzustufende Erfolge gefeiert gegen 11 Mann.
Ein Palmares der Erfolge pro Verein wäre eine nette Ergänzung zu dieser Auflistung und eine zusätzlich mit den Unentschieden welche ebenfalls grosse Erfolge waren. Halt nicht Siege, aber oft mindestens der Leistung ebenbürtig wie ein Sieg.