Es ist das Herzensprojekt von Gianni Infantino: die Klub-Weltmeisterschaft, die im nächsten Sommer erstmals mit 32 Teilnehmern stattfinden soll. Nur scheint kaum jemand die Liebe des FIFA-Präsidenten zu diesem Wettbewerb zu teilen.
Knapp neun Monate vor dem geplanten Turnierstart wurden nämlich weder Medienpartner noch Sponsoren und nicht einmal die Austragungsstätten bekannt gegeben. Vielmehr plagen die Organisatoren noch viele offene Fragen und zahlreiche Probleme.
Am meisten Sorgen bereitet Infantino und Co. das Fehlen eines Fernsehsenders oder Streamingdiensts, der das Turnier übertragen will und bereit ist, die hohen finanziellen Forderungen zu erfüllen. Aus diesem Grund rief der 54-jährige Walliser in der vergangenen Woche eine Krisensitzung ein.
In den unplanmässigen Gesprächen mit Führungskräften der möglichen Medienpartner möchte Infantino diese von seinem Produkt überzeugen. Unterstützung erhält er dabei von PSG-Boss Nasser Al-Khelaifi, welcher der Vereinigung der europäischen Klubs (ECA) vorsitzt.
Dass eine solche Notfallsitzung nötig wurde, liegt auch daran, dass mit Apple TV keine Einigung erzielt werden konnte. Im April berichtete die New York Times von den Verhandlungen, die kurz vor dem Abschluss gestanden seien. Schon damals hiess es, dass die FIFA dafür lediglich ein Viertel der zunächst erhofften knapp 3,4 Milliarden Franken (4 Milliarden Dollar) einnehmen könnte. Auch im Juni schien es auf eine Einigung zwischen dem Weltverband und Apple hinauszulaufen, doch noch immer konnte keine solche erzielt werden.
Apple hätte sich die Übertragungsrechte für die ganze Welt gesichert. Nun sucht die FIFA also händeringend nach Partnern, die zumindest einzelne Regionen abdecken würden. Gemäss The Athletic würden die finanziellen Forderungen der FIFA den Wert des Wettbewerbs in den Augen der Fernsehsender und Streaming-Anbieter jedoch deutlich übersteigen.
Auch die Suche nach Sponsoren gestaltet sich schwierig. Ein Grund dafür ist die bisher fehlende Bestätigung der Austragungsorte – mehr dazu später. Auch in diesem Fall ist zudem davon auszugehen, dass die Sponsoren das öffentliche Interesse an der Klub-WM geringer einschätzen als die FIFA und deshalb nicht so viel bezahlen wollen, wie gefordert wird. Um mehr Interessenten anzulocken, wurde der offizielle Name des Wettbewerbs gar von «Mundial de Clubes FIFA» in das englische «FIFA Club World Cup» geändert.
Die Sponsoren sorgen sich aber auch darum, dass die Spiele möglicherweise bei einem Bezahlanbieter laufen und somit nicht frei zugänglich wären. Dies würde der Attraktivität der Klub-WM für Sponsoren aufgrund der tieferen öffentlichen Präsenz und des kleineren Publikums zusätzlich schaden. Eigentlich plante die FIFA mit weiteren rund 850 Millionen Franken (1 Milliarde Dollar) durch Sponsoren-Einnahmen. Auch dieses Ziel scheint derzeit weit entfernt.
Zumal Sponsoren wie Coca-Cola oder Adidas einen Anspruch auf die Klub-WM erheben, ohne weitere Zahlungen zu tätigen. Sie berufen sich auf bestehende Verträge, nach denen sie offizielle Partner der «Weltmeisterschaft und anderer FIFA-Events» seien. Der Fussballverband argumentiert hingegen, dass die Klub-Weltmeisterschaft aufgrund seiner Tragweite und seines Potenzials unabhängig davon sei und neue Verträge auszuhandeln seien.
The Athletic berichtet, dass einige bestehende Sponsoren zwar bereit seien, ein bisschen mehr zu bezahlen, jedoch nur einen Bruchteil der von der FIFA geplanten Einnahmen. Dabei wäre das Geld so dringend nötig, wurde den Teilnehmern doch eine Antrittsgage von angeblich fast 50 Millionen Franken versprochen. Prämien sind da noch nicht einmal eingerechnet – einige Klubs rechnen wohl mit insgesamt über 80 Millionen Franken.
Kann die FIFA die Zahlungen nicht garantieren, könnte sich die Motivation der Topklubs, in Bestbesetzung anzureisen, in Grenzen halten. Zumal der Stellenwert des Wettbewerbs wohl auch in ihren Augen nicht besonders hoch zu sein scheint und er zwischen zwei ohnehin schon langen und anstrengenden Saisons ausgetragen wird.
Zuletzt wurde auch seitens der Spieler deutliche Kritik geäussert. Trainer Carlo Ancelotti kündigte im Juni zudem an: «Real Madrid wird nicht an der Klub-WM teilnehmen.» Zwar widersprach der Verein dem Italiener sofort und erklärte, dem Turnier «mit Stolz und grösster Begeisterung» entgegenzusehen. Doch ist eine solche Äusserung eines so prominenten Vertreters ein klares Indiz für die vorherrschende Ansicht bei Spielern und Trainern.
Die Spielerorganisationen aus England, Italien und Frankreich haben beim Handelsgericht der EU bereits eine Klage gegen den Wettbewerb eingereicht. Dieser verstosse in ihren Augen gemäss EU-Recht gegen die Rechte der Spieler. Die weltweite Profivereinigung FIFPRO unterstützt den Fall.
Sollten Superstars oder gar ganze Klubs auf die Teilnahme verzichten, wäre das für die FIFA ein Debakel – vor allem in Hinsicht auf die Suche von Sponsoren und Interessenten an den Übertragungsrechten für künftige Austragungen.
Selbst das ist noch unklar. Sicher ist nur, dass in den USA gespielt werden soll. Da aber zeitgleich der Gold Cup – die Nord- und Mittelamerikameisterschaft – im «Land der unbegrenzten Möglichkeiten» stattfindet, ist die FIFA eingeschränkt. Zudem seien die Verhandlungen mit den Besitzern der Stadien, die in den USA anders als in Europa meist Privatpersonen und nicht Klubs oder Städten gehören, schon für die WM 2026 schwierig gewesen. Bei der Klub-WM, bei der das öffentliche Interesse unsicher ist, ist es noch problematischer geworden.
Mittlerweile stehe die FIFA angeblich aber mit verschiedenen Veranstaltern vor einer Einigung. Unter anderem soll in Miami, Philadelphia und Atlanta gespielt werden. So könnten Infantino und Co. demnächst immerhin ein Problem vom Tisch bekommen. Durchatmen dürften die Verantwortlichen deshalb aber noch lange nicht.
Denn auch abgesehen von der Suche nach Medien, Sponsoren und Stadien gibt es noch einige ungeklärte Angelegenheiten. So beginnt während der im Juni und Juli 2025 stattfindenden Klub-WM in vielen Ligen die Transferphase. Die FIFA erklärte bereits, dass Spieler, die während des Turniers wechseln, nicht für beide Klubs antreten dürfen.
Aber wie sieht es mit Spielern aus, deren Vertrag im nächsten Sommer ausläuft? Die berühmtesten Spieler mit am 30. Juni 2025 endenden Verträgen der qualifizierten Teams sind unter anderem Kevin De Bruyne bei Manchester City oder Leroy Sané, Alphonso Davies und Joshua Kimmich bei Bayern München. Dürfen sie nur einen Teil des Turniers spielen, sollte ihr Vertrag nicht verlängert werden? Abgesehen davon, dass ihre Klubs sie wohl nicht mehr nominieren würden, könnte es dennoch zu absurden Umständen kommen.
Ebenso wie durch Klubs, welche den gleichen Besitzern gehören. Die UEFA verbietet Partnervereinen die Teilnahme am gleichen europäischen Wettbewerb, die FIFA hat noch keine Regelung dafür. Und so kommt es dazu, dass im nächsten Sommer zwei mexikanische Vereine (Club Leon und Pachuca) teilnehmen, welche derselben Familie gehören. Für einen sportlichen Wettbewerb eigentlich ein Unding.
Keine neun Monate vor dem geplanten Turnierstart gibt es rund um den «FIFA Club World Cup» also noch viele offene Fragen. Sollten Gianni Infantino und die weiteren Verantwortlichen diese nicht baldmöglichst klären können, droht ihnen das Herzensprojekt des FIFA-Präsidenten gründlich um die Ohren zu fliegen.
Ist eine echte WM alle vier Jahre in einem demokratischen Land mit anständigen Arbeits- und Pressegesetzen denn wirklich zu viel verlangt?
Gebt uns den Fussball zurück!