Das Thema hat die Schlagzeilen im Frühjahr dominiert. Viel wurde spekuliert, wo Kylian Mbappé ab dieser Saison spielen würde. Real Madrid galt lange als wahrscheinlichstes Ziel des Franzosen, doch im Mai gab PSG überraschend die Vertragsverlängerung von Mbappé bekannt. Sein Jahresgehalt soll 100 Millionen Euro betragen, dazu kommt ein Handgeld von mindestens 200 Millionen Euro.
Das Geld war einer der Gründe, weshalb der 23-Jährige in der französischen Hauptstadt für zwei Jahre verlängerte. Ihm wurden aber angeblich weitere Versprechungen gemacht. Unter anderem sollte ein echter Mittelstürmer verpflichtet werden, damit Mbappé diese Position nicht mehr bekleiden müsse. Ein Versprechen, das nicht gehalten wurde. Deshalb soll Mbappé den Verein gemäss übereinstimmenden Medienberichten nun so schnell wie möglich verlassen wollen. Die nächste Möglichkeit dazu bietet sich im Januar.
Julien Laurens von ESPN bezieht sich auf Quellen, die nahe an der Situation seien und ihm sowie einigen weiteren Medienvertretern davon berichteten. Er schreibt: «Kylian Mbappé fühlt sich vom Klub hintergangen und hat genug.» Er würde lieber mit einem Mittelstürmer spielen, der ihm jene Freiheiten ermöglicht, die Neymar und Lionel Messi hinter Mbappé haben. Im von ihm gewünschten System würde er gemeinsam mit Messi hinter einem Stossstürmer spielen, für den Brasilianer wäre kein Platz mehr im Team, meint Laurens.
Mbappé und Neymar gerieten in der Vergangenheit immer wieder aneinander. Dies sei mit ein Grund, weshalb Mbappé zum Schluss gekommen ist, dass entweder Neymar oder er den Verein verlassen müsste, sagt Laurens im Gespräch mit «CBS Sports». Dort fügt er hinzu: «Er ist sehr unglücklich. Er hat sich entschieden, den Verein verlassen zu wollen. Und wenn sich Mbappé etwas in den Kopf gesetzt hat, ändert er seine Meinung selten.»
Für diese Haltung wird der französische Nationalspieler von Thierry Henry nun scharf kritisiert. «Es gibt eine Regel und die lautet: Wenn der Trainer etwas von dir verlangt, dann tust du das. Solange es dem Team dient.» Würde die Taktik von PSG mit Mbappé als Stürmer keinen Erfolg bringen, dann würde Henry die Aufregung verstehen. «Aber das Team steht über allem.» Er frage sich jedoch, ob die Vereinsführung Mbappé dies klargemacht oder ob sie ihm das Gefühl gegeben habe, dass er wichtiger sei als der Klub. «Für mich sieht es so aus, als hätte er in seinem Leben noch nie ein ‹Nein› gehört.»
Henry verglich Mbappés Situation mit seiner eigenen beim FC Barcelona. «Ich habe bei Barça nicht gern auf den Aussen gespielt. Ich habe es gehasst. Aber ich habe es getan – für das Team.» In den Augen des früheren Weltklasse-Stürmers sei es die wahre Essenz eines grossartigen Spielers, sich an die Anforderungen des Trainers anzupassen. «Er ist der einzige Spieler in diesem Team, der als Neuner spielen kann.» Auch wenn es nicht seine beste Position sei, ermögliche er dadurch Messi und Neymar im Mittelfeld noch besser zu spielen. «Das muss er realisieren.»
Jamie Carragher, Liverpool-Legende und heutiger TV-Experte, pflichtet seinem Kollegen bei: «Wir lieben ihn als Spieler, aber es ist zu viel Ego, zu viel Macht für einen 23-Jährigen.» Jemand müsse ihm auch mal «Nein» sagen, meint der 44-Jährige.
Wenn Laurens Recht behält, ist es dafür aber zu spät. «Es gibt keinen Zweifel daran, dass er gehen will.» Doch die Frage ist, wohin er im Januar gehen könnte. Sein bevorzugtes Ziel sei weiterhin Madrid. Real hätte auch das nötige Budget. Mbappé würde wohl mindestens 200 Millionen Euro an Ablöse kosten. Laurens zweifelt daran, dass die «Königlichen» das tatsächlich bezahlen wollen, nachdem sie ihn vor einigen Monaten noch ablösefrei hätten verpflichten können, bevor sich Mbappé gegen sie und für eine Vertragsverlängerung in Paris entschied.
Auch Liverpool wäre eine Option für ihn, doch sie können sich den Spieler zum jetzigen Zeitpunkt nicht leisten. «Schliesslich ist er der bestbezahlte Fussballer der Welt», sagt der französische Journalist. Klar ist, dass Mbappé zu einem Team will, wo er auf dem Flügel spielen kann. Nach dem Sieg mit der Nationalmannschaft im September gegen Österreich sprach er über die Unterschiede zwischen Frankreich und PSG: «Ich habe andere Aufgaben als im Klub. Hier habe ich viel mehr Freiheiten.»
🗣 "There's only one rule, the boss is asking you to do something, you do it for the good of the team."
— CBS Sports Golazo ⚽️ (@CBSSportsGolazo) October 11, 2022
🗣 "There's too much ego, too much power for a 24-year-old player."
Thierry Henry, @Carra23 & @LaurensJulien discuss Kylian Mbappé and reports that he wants to leave PSG. 👀 pic.twitter.com/2tVzg8fx4z
Mbappé fügte jedoch an: «Ich habe überall, wo ich spiele, Spass.» Die PSG-Führung verneint die Gerüchte. Sportdirektor Luis Campos sagte gegenüber «RMC Sport»: «Ich bin überrascht von den Gerüchten. Ich bin jeden Tag mit Mbappé im Gespräch und er hat mich oder den Präsidenten nie gefragt, ob er im Januar gehen könne.» Trainer Christophe Galtier wollte sich nicht wirklich zum Thema äussern. Er habe noch nicht mit Mbappé darüber gesprochen. «Ich wollte mich aufs Spiel fokussieren. Er hat alles gegeben und gezeigt, dass er ein grossartiger Spieler ist.»
Beim 1:1 gegen Benfica am Dienstagabend erzielte Mbappé den einzigen Treffer der Franzosen. Er ist damit der Rekordtorschütze des Klubs in der Champions League. Er machte also das, was er am besten kann: Fussballspielen und Tore schiessen. Die Frage ist, wie lange er das noch für Paris Saint-Germain tut.