Für den AFC Sunderland ist das ein echter Coup: Mit Granit Xhaka verpflichtet sich einer der besten Mittelfeldspieler der Bundesliga für drei Jahre beim englischen Aufsteiger. Der 32-jährige Nati-Captain, der von Champions-League-Teilnehmer Leverkusen kommt, ist der spektakulärste Transfer seit langer Zeit für den Klub – vielleicht sogar in seiner ganzen Geschichte. Eine entscheidende Rolle dabei spielte Kyril Louis-Dreyfus.
Der 27-Jährige ist der Mehrheitsbesitzer von Sunderlands Fussballklub. Er habe Xhaka in Telefonaten höchstpersönlich von einem Wechsel überzeugt, sodass dieser schon früh signalisiert habe, lieber zum Abstiegskandidaten in der Premier League als in die Türkei oder nach Saudi-Arabien zu wechseln, schreibt der Blick. Die Unterschrift des erfahrenen Mittelfeldmotors darf der jüngste Klubbesitzer im englischen Oberhaus also auch als persönlichen Erfolg werten.
An solchen mangelt es dem in Zollikon am Zürichsee aufgewachsenen Milliardärssohn – sein Vater ist Robert Louis-Dreyfus – nicht, seit er im Februar 2021 beim englischen Traditionsverein eingestiegen ist. Damals war Sunderland noch ein Drittligist, gebeutelt von schwierigen Jahren, die in der beliebten Netflix-Serie «Sunderland Til' I Die» dokumentiert wurden. Besonders die beiden Abstiege in den Saisons 2016/17 und 17/18 setzten dem leidgeprüften Anhang zu. Dass ein 23-jähriges Greenhorn 41 Prozent der Anteile am Klub übernahm, sorgte nicht unbedingt für Optimismus. Die Wende zu bringen, wurde Louis-Dreyfus von kaum jemandem zugetraut.
Keine anderthalb Jahre später gelang Sunderland nach vier Saisons in der League One aber endlich der Aufstieg in die zweite Liga. Infolgedessen erhöhte Louis-Dreyfus seine Anteile um weitere zehn Prozent und wurde somit zum Mehrheitseigner des AFC Sunderland – mit gerade einmal 24 Jahren. Im Mai 2023 kaufte er dann noch einmal 13 Prozent und war damit nun bei 64 Prozent angelangt, die restlichen 36 Prozent liegen bei Juan Sartori. Der Uruguayer, der einen engen Bezug zur Schweiz hat, unter anderem in Lausanne studierte, stellte den Kontakt zum Klub für seinen jetzigen Geschäftspartner her. Insgesamt habe Louis-Dreyfus für seine Anteile schätzungsweise 20 bis 50 Millionen Pfund (nach aktuellem Kurs rund 21,5 bis 54 Millionen Franken) ausgegeben. Ein Investment, das sich längst ausgezahlt hat.
Durch den Aufstieg in die Premier League im vergangenen Mai nach dem Sieg im Playoff-Final in Wembley dürfte der Wert des Klubs auf einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag angestiegen sein. Alleine durch TV-Erlöse und allfällige «Parachute-Payments» im Falle eines direkten Wiederabstiegs streicht Sunderland rund 200 Millionen Franken ein.
Kyril Louis-Dreyfus, dessen Vermögen auf rund zwei Milliarden Pfund (2,15 Milliarden Franken) geschätzt wird, geht es aber nicht nur um finanzielle Gewinne. Die Verbundenheit zum Fussball ist bei ihm emotional tief verwurzelt, wurde sie ihm doch in die Wiege gelegt. Das Familienvermögen stammt zwar aus dem Agrarkonzern Louis Dreyfus Company, der seit Gründung 1851 im Besitz der Familie ist, doch engagierte sich bereits Vater Robert Louis-Dreyfus im Fussball. So war der französisch-schweizerische Milliardär von 1996 bis zu seinem Tod im Jahr 2009 Besitzer von Olympique Marseille, ausserdem stand er lange an der Spitze von Adidas.
Nachdem Robert Louis-Dreyfus 63-jährig an Leukämie verstorben war, übernahm Ehefrau Margarita die Leitung des Unternehmens. Sie sollte das auf rund sechs Milliarden Euro geschätzte Vermögen verwalten und sichern, damit es irgendwann an die drei Söhne übergehen kann. Margarita Louis-Dreyfus investierte weiter in OM, verkaufte den Klub im Jahr 2016 aber, weil sich dieser als Fass ohne Boden erwies. Lediglich eine Minderheitsbeteiligung von fünf Prozent behielt sie. Ausserdem veräusserte sie die Mehrheit beim belgischen Spitzenklub Standard Lüttich.
Seine Familie wolle nichts mehr mit Fussball zu tun haben, sagte Kyril Louis-Dreyfus damals gegenüber «L'Équipe», es sei ein «faules Geschäft». Er sah dies aber anders und stieg bei Sunderland ein. Zwillingsbruder Maurice ist als Verwaltungsratsmitglied ebenfalls involviert. Während sich dieser aber als möglicher Nachfolger seiner Mutter als Familienvertreter bei der Louis Dreyfus Company positioniert, will Kyril ein Sportimperium aufbauen.
Ende März 2025 liess er die Bia Sports Group Holdings Ltd in England eintragen. Neben den Anteilen an Sunderland ist dort auch die Beteiligung an der World Supercross Championship – Supercross ist eine Variante von Motocross – eingebracht. Ausserdem gab es Gerüchte über eine Übernahme des brasilianischen Klubs Vasco da Gama. Für die wichtigsten Positionen gewann Louis-Dreyfus erfahrene Leute aus der Sportbranche. Was der 27-Jährige tut, scheint stets Hand und Fuss zu haben.
Auch bei Sunderland verfolgt er eine klare Strategie. «Wir wollen in junge Talente investieren und ihnen unser Vertrauen schenken», erklärte er der Financial Times im Februar 2024. Ältere Spieler bergen hingegen das Risiko eines Wertverlusts. Nun, da Sunderland in der Premier League spielt, kann sich der Klub aber auch einmal eine Investition in die Gegenwart wie Granit Xhaka leisten. Dies zeige, wie sehr der Klub unter Louis-Dreyfus gewachsen sei, schwärmt die Zeitung Sunderland Echo.
Der frühere Geschäftsführer des Klubs Jim Rodwell lobte gegenüber The Athletic zudem: «Es ging ihm immer darum, behutsam etwas aufzubauen und den Klub organisch wachsen zu lassen.» Als Louis-Dreyfus zu Sunderland kam, habe der Klub keine Scouts, keine Datenanalysten und auch keinen Leiter für die Nachwuchsakademie gehabt, wie der Besitzer später berichtete. Das änderte er gemeinsam mit Sportdirektor Kristjaan Speakman aber. Auch die Verpflichtung von Trainer Régis Le Bris zu Beginn der letzten Saison erwies sich als Volltreffer.
Louis-Dreyfus' Verbindung zum Sport hört bei seinem Investment aber nicht auf. So spielt der in der Nähe von Zürich wohnhafte Unternehmer wenn möglich noch immer für die 4.-Liga-Mannschaft des FC Seefeld Zürich. Dort gelte er als angenehmer und kameradschaftlicher Typ, heisst es in Bilanz. Als «sehr diskret, extrem nett und total umgänglich» bezeichnet ihn der Präsident des Klubs beim Tages-Anzeiger und sagt: «Wer nicht weiss, wer er ist, würde es nicht merken.» In der Öffentlichkeit äussert sich Louis-Dreyfus ebenfalls selten, er gilt als zurückhaltend und pressescheu. Skandale sind von ihm nicht bekannt. Seit 2021 ist er mit seiner langjährigen Freundin, der Österreicherin Alexandra Nowikovsky, verheiratet.
Obwohl er wie selbstverständlich in der Welt der Reichen verkehrt, habe er sich eine gehörige Portion Bodenständigkeit bewahrt, heisst es. Damit passt er gut nach Sunderland. Den Klub bezeichnete er vor seiner Übernahme als «besonderes Projekt», da die Menschen mit dem Fussball im Nordosten Englands so verbunden seien. Dass selbst in der dritten Liga im Schnitt über 30'000 Fans ins Stadium of Light kamen, beeindruckte ihn. «So etwas kann man nicht kaufen!»
Viele hätten ihm zudem gesagt, dass die ganze Region von einem starken Sunderland und einem starken Newcastle – dem grossen Rivalen – lebe. «Viele Jahre lang ging es beiden Vereinen nicht gut, und ich denke, das hatte wirklich negative Auswirkungen auf die gesamte Region», sagte er. Durch seine vielen Stadionbesuche versucht Louis-Dreyfus, den Kontakt zu den Fans zu bewahren und sie zu verstehen. Einmal verärgerte er diese aber, weil Sunderland bei einem Cupspiel gegen Newcastle die hintere Wand des Gästesektors in den Farben des Rivalen strich. Kyril Louis-Dreyfus bezeichnete dies später als Fehler und erklärte, die Lektion gelernt zu haben.
Es dürfte ein verzeihlicher Fehler sein, anhand der Erfolgsgeschichte, die der 27-jährige Schweizer in den letzten viereinhalb Jahren mitgeprägt hat. Und die in der Premier League angeführt von Königstransfer Granit Xhaka ihren neuen Höhepunkt finden soll.
#taxtherich
es gibt da ganz andere Beispiele, die das nicht handeln konnten.
an Hand dessen, was ich lese, kann ich nur sagen: gut gemacht !
ich gönne es Sunderland, dass Hr. Dreyfus den Verein besitzt und sie nicht auf einen Investor aus den Gilstaaten angewiesen ist.
Immerhin fährt er den Verein nicht direkt gegen die Wand, Sunderland wäre es zu gönnen.