Als ich meine Teilnahme am Gigathlon zugesagt habe, ging ich noch davon aus, dass ich einfach Brust schwimmen könnte. Das kann ich relativ gut und auch halbwegs schnell. Selbst die Tatsache, dass ich beim Wettkampf zweimal – also einmal am Samstag und einmal am Sonntag – eine Strecke von drei Kilometern absolvieren muss, hat mich nicht abgeschreckt.
Bis sie sich mehrten – die Leute, die mir sagten: «Du kannst da nicht Brust schwimmen, der Neoprenanzug gibt dir viel zu viel Auftrieb. Du musst kraulen!» Grosse Motivation wich noch grösserer Panik. Denn trotz meiner ganz ordentlichen Brustkondition (3 Kilometer bin ich damals in 1 Stunde 11 Minuten geschwommen), brauchte ich zu diesem Zeitpunkt nach einer 50-Meter-Bahn Kraul ein Sauerstoffzelt.
Ein Rückzieher kam natürlich nicht in Frage – und darum blieb mir keine andere Wahl: «Ich muss mich der Challenge stellen!», dachte ich – und sprang in den nächsten Monaten mindestens zweimal pro Woche ins Wasser.
14 Wochen später ergeben sich folgende Erkenntnisse:
Dieser erste Schritt klingt super banal, ist aber enorm wichtig. Gerade am Anfang wirst du immer wieder denken: «Oh shit, gleich saufe ich ab!» Aber glaub mir: Das wirst du nicht. «In den ersten paar Trainings musst du dich durchbeissen, aber dann kommst du ganz schnell rein», haben mir mehrere erfahrene Schwimmer gesagt. Und sie hatten recht! Der Kampfgeist wird tatsächlich schnell belohnt: Aus einer Bahn werden zwei, dann drei … und schon bald kannst du 300 Meter am Stück kraulen. Das ist zwar noch nicht viel, aber der Anfang ist damit gemacht.
Statt gleich ein komplettes Training im von mir so sehr gehassten Schwimmstil bewältigen zu wollen, hat es mir geholfen, kleine Schritte zu gehen: Nach jeder geschafften Bahn Kraul habe ich mich zur Erholung mit einer Bahn Brust belohnt. Oder vielleicht auch mal zwei. Bist du am Ende des Trainings rund ein Drittel der Gesamtstrecke gekrault, hast du gleich ein erstes Erfolgserlebnis in der Tasche. Und du wirst sehen: Nach zwei bis drei Wochen ist das gar nicht mehr nötig – dann wirst du das Training komplett mit Kraulschwimmen bewältigen können.
Eine gute Technik ist das A und O. Denn wer zum Beispiel falsch atmet, muss sich nicht wundern, wenn er nach einer Bahn völlig hinüber ist. Und obwohl ich als Kind einige Jahre im Schwimmverein war, gibt es gefühlt tausend Dinge, die ich nicht richtig mache: Der Kopf ist zu weit oben, den Armzug ziehe ich nicht bis zum Schluss durch und und und.
Damit ich das alles erfahre, braucht es jemanden, der es mir erklärt. Aus diesem Grund habe ich in den letzten paar Monaten mindestens einmal pro Woche einen Schwimmkurs besucht. Ein weiterer Vorteil: Hier kannst du dich nicht selbst bescheissen – indem du zum Beispiel doch wieder ab und zu aufs Brustschwimmen umsteigst. Unter den Augen eines Trainers herrscht dann eben doch eine andere Disziplin.
Hätte ich mich ganz allein auf den Gigathlon vorbereitet, wäre ich wahrscheinlich regelmässig in die Badi gegangen und hätte einfach versucht, immer wieder so weit wie möglich zu schwimmen – und das so schnell wie möglich. Doch das hätte wohl deutlich weniger gebracht. Viel wichtiger ist es, an der Technik zu feilen: Mit Brett (nur Beinschlag), mit Pullbuoy (nur Armzug), mit Flossen, mit Paddles, mit Tauch- und Sprintübungen – kurz gesagt: Mit allem drum und dran. Die Kondition kommt dabei ganz von allein.
Wenn ich also kein geleitetes Training besucht habe, konnte ich mir mein Programm ausdrucken und mich daran orientieren. Ach ja: Zusätzlich stand noch einmal pro Woche ein Krafttraining in der Agenda.
Wer das nötige Kleingeld hat, kann sich (für circa 140 Franken) einen Test im Schwimmkanal gönnen. Da wird man gleich aus mehreren Perspektiven (vor allem auch von unten und von der Seite) gefilmt und kann sich nachher ganz genau anschauen, wo die Probleme liegen.
Die etwas sparsamere Variante – du lässt dich einfach vom Beckenrand aus filmen – hat mir persönlich aber auch schon was gebracht. Denn wenn du die Fehler, die dir ein Trainer bereits mitgeteilt hat, selbst siehst, kannst du sie deutlich besser korrigieren.
Okay, zugegeben, das hier ist kein absolutes Muss, sondern mehr eine kleine Spielerei. Oder nennen wir es: ein zusätzliches Motivationsmittel. Denn wenn du weisst, dass du gerade zum ersten Mal ein, zwei oder vielleicht sogar drei Kilometer Kraul geschwommen bist, dann ist das was anderes, als wenn du es anschliessend auch noch schwarz auf weiss siehst.
Aber so ein Gerät bietet durchaus noch ein paar mehr Vorteile: Du hast stets deine Zeit im Blick (was beim Training wichtig ist, weil du immer gewisse Teilziele hast, die du erreichen sollst), es zählt deine Bahnen mit und misst die geschwommene Distanz (auch im offenen Wasser), verrät dir, wie hoch dein Puls während des Trainings war, und rechnet deine Durchschnittsgeschwindigkeit aus. Zudem kannst du natürlich beobachten, wie sich all diese Werte im Laufe der Wochen verändern.
Glaube mir: Schwimmen im Becken und schwimmen in einem See (oder gar im Meer) sind zwei ganz verschiedene Paar Schuh. Sollte dein Ziel also – wie bei mir – ein Wettkampf im «offenen» Wasser sein, musst du das vorher unbedingt üben. Denn sonst trifft dich am Tag des Rennens der Schlag.
Keine Angst: Das Schwimmen im See ist nichts Schlimmes, aber eben etwas völlig anderes. Die Orientierung ist viel schwieriger, der (wenn auch nur leichte) Wellengang beeinflusst dich und an die Algen, die dir plötzlich in den Händen – oder besser noch im Gesicht – hängen können, musst du dich auch erst mal gewöhnen.
Bei vielen Wettkämpfen – wie zum Beispiel dem Gigathlon – ist der Neoprenanzug bis zu einer gewissen Wassertemperatur Pflicht. Und auch hier lohnt es sich, den Umgang damit vorher zu üben. Denn einerseits ist es am Anfang etwas ungewohnt, so «angezogen» zu schwimmen, andererseits (und das ist viel wichtiger) birgt der Neoprenanzug einen unschlagbaren Vorteil, von dem man aber nur profitieren kann, wenn man ihn richtig nutzt: nämlich den Auftrieb.
Einige Mitstreiter im Open-Water-Training haben sich, wie ich auch, zu Beginn völlig verkrampft durchs Wasser gekämpft. Richtig gut auf dem Wasser liegt man aber erst, wenn man komplett entspannt ist. Und aus dieser Startposition lässt es sich dann super einfach und zügig durchs Wasser gleiten.
Ach ja: Das mit dem Brustschwimmen stimmt übrigens – es ist im Neoprenanzug zwar machbar, man kommt aber nicht wirklich vom Fleck. Ist also nicht unbedingt empfehlenswert.
Gott, war der schrecklich. Dieser eine Tag, an dem ich schon beim Aufwärmen dachte: «Mist, heute geht gar nichts!». Obwohl das Kraulschwimmen zu diesem Zeitpunkt schon super klappte, fühlte ich mich plötzlich um Wochen zurückgeworfen und musste wieder Brustbahnen einstreuen. Erst wollte ich das Ganze mit einem einfachen «Man hat halt auch mal einen schlechten Tag» abtun. Im nächsten Moment kam aber auch schon Panik auf: «Was, wenn ich am Gigathlon einen solchen Tag erwische?!»
Doch diese Sorge war unbegründet, wie mir Coach Dan Aeschlimann später erklärt hat. Weil ich am Anfang nicht gut ins Training reingekommen bin, habe ich mich anscheinend verkrampft. Und bin diesen Zustand anschliessend nicht mehr losgeworden. Wenn du also einen solchen Tag erwischst, an dem das Schwimmen plötzlich viel schwerer fällt, versuche dich zu entspannen. Beim Trainieren mit dem Neoprenanzug fällt dies besonders leicht: Lege dich einfach auf den Rücken, spüre, wie dich der Neoprenanzug trägt und schwimme dann aus dieser Entspannung heraus weiter.
Wenn ich joggen oder ins Basketballtraining gehe, kann ich davor nichts essen. Durch die Bewegung wird mir sonst ziemlich schnell schlecht, weshalb ich sicher eine Stunde vorher nichts mehr zu mir nehme. Beim Schwimmen ist das anders. Irgendwie scheint da nicht alles so fest durchgeschüttelt zu werden. Und weil so ein Schwimmtraining ganz schön an die Substanz geht, hilft es mir, wenn ich vorher noch etwas Kleines esse (und das selbst dann, wenn das Training schon um 6 Uhr morgens losgeht).
Vermutlich muss jeder für sich herausfinden, was für ihn am besten stimmt, aber ein kleiner Energieschub vor dem Schwimmen ist sicher hilfreich. Am Wettkampftag werde ich – wie vom Coach empfohlen – kurz vor dem Start noch eine halbe Tube Liquid Energy zu mir nehmen. Power to go, sozusagen.
Am Ende bleiben noch ein paar Kleinigkeiten, die darüber entscheiden, wie gut es mit dem Schwimmen klappt, beziehungsweise wie wohl du dich dabei fühlst: Hast du eine Schwimmbrille, die zu deiner Gesichtsform passt? Kommt kein Wasser rein? Beschlägt sie auch nicht? Und hast du ein gutes Badekleid, das auch nach einer Stunde noch gut sitzt und weder rutscht noch zwickt?
Apropos zwicken – für alle Neoprenanzugträger gilt: Vergiss niemals den Body-Glide-Stick! Mit diesem schmierst du dich überall da ein, wo der Anzug nach einiger Zeit zu scheuern beginnt. Empfehlenswert sind zum Beispiel der Nacken und der Hals. Wenn man Hand- und Fussgelenke zusätzlich damit einreibt, kommt man nach dem Schwimmen schneller aus dem Anzug raus. Was für Triathleten wichtig ist, die sich nach dem Schwimmen zügig umziehen müssen.